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Post: Hausbriefkästen - Freibrief für Langfinger

, aktualisiert am

Aus den neuen Hausbrieffachanlagen können Poststücke entwendet werden. die Post hält die Kästen dennoch für sicher.

Bei uns im Haus wurden die neuen Brief­kästen montiert“, schrieb uns eine Konsumentin. „Die sind für alle, die hineingreifen wollen, kein Problem.“ Ein anderer Leser machte die Probe aufs Exempel: „Aus meinem Brieffach konnte ich ohne Probleme und Hilfsmittel ­große Teile meiner Post nur mit der Hand über den Einwurfschlitz entnehmen.“

Mehrere Postfirmen

Nötig wurde die Umstellung der Hausbrieffachanlagen durch die Post­liberalisierung: Auch alternative Anbieter müssen Postsendungen zustellen können. Die bekannten goldmetallfarbenen Kästen konnte aber nur ein Postler aufsperren. ­Daher müssen sie ausgetauscht werden.

Laut Postgesetz ist die Post für den Austausch verantwortlich. Für die neuen Brieffach­anlagen schreibt das Gesetz unter anderem vor, dass sie so beschaffen sein müssen, „dass ­jedenfalls die Abgabe von Postsendungen, ausgenommen Pakete, über einen ausreichend großen Einwurfschlitz ohne Schwierigkeiten gewährleistet ist und die Sendungen vor dem Zugriff Dritter geschützt sind“. Dafür gibt es auch eine eigene Norm.

Beschwerden über neue Postfächer

Offenbar lässt sich diese Bestimmung aber unterschiedlich interpretieren. Jedenfalls ­haben uns mehrere Beschwerden erreicht, dass die neuen Fächer nicht entnahmesicher sind. Mit dieser Kritik haben wir die Post konfrontiert. Und die antwortete uns: „Natürlich erfüllen die von der Post bzw. ihrer ­Tochtergesellschaft PS Postservicegesellschaft m.b.H. montierten Hausbrieffach­anlagen, die von der Firma Renz hergestellt werden, die Vorgaben des Gesetzes und entsprechen den Normen auch hinsichtlich des Eingriffschutzes und der Sicherheit (ÖNORM EN 13724 und dem § 34 Abs. 2 Postmarkt­gesetz).

Dies wurde auch von der Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle der Stadt Wien geprüft und bestätigt. Die von der PS Postservicegesellschaft m.b.H. zur Montage gelangenden Hausbrieffächer verfügen auf Grund der Tatsache, dass der ­Anstellwinkel sogar 20 Grad beträgt, über einen noch weiter erhöhten und geeigne­teren Eingriffsschutz als die von der MA 39 geprüften Hausbrieffächer.“

Die Klappe ist kein Hindernis: So leicht lassen sich Poststücke aus den angeblich entnahmesicheren Postkästen herausnehmen.

Bild: Hausbrieffach, Bild: Kubu  Bild: Hausbrieffach, Bild: Kubu  Bild: Brieffach; Bild: Kubu 

Betroffene befürchten unbefugten Zugriff

Ist die Norm schuld?

Das entsprechende Gutachten dokumentiert unter anderem folgende Prüfungen: Kraftaufwand beim Öffnen der Klappe, ­Widerstand gegen Korrosion, Widerstand gegen Eindringen von Wasser, Sicherheitsvorrichtung (Entnahmesicherung) sowie Prüfung des Widerstandes gegen mecha­nische ­Gewalt. Der Prüfbericht sagt aber nichts darüber aus, ob auch ein Versuch unternommen wurde, ob und wie sich Poststücke entnehmen lassen, wenn man mit der Hand in den Schlitz greift.

Machbar dürfte das jedenfalls sein. Unser Leser hat die Möglichkeit der Entnahme ja mit Fotos dokumentiert. Auch die übrigen Beschwerden, die uns erreicht haben, legen dies nahe. Dennoch entsprechen die Kästen laut Post der Norm. Aber vielleicht ist eine solche „händische“ Prüfung (nämlich durch Herausnehmen) ja bei der Normunter­suchung nicht vorgeschrieben.

Verständliche Befürchtungen

Die Befürchtungen der Betroffenen sind verständlich: Lausbubenstreichen und Racheakten böser Nachbarn sind Tür und Tor ge­öffnet. Noch heikler wird die Sache bei RSa-Schreiben. Da drohen Fristversäumnis und Schlimmeres, wenn der bekannte „gelbe Zettel“ verschwunden ist. Denn laut Zustellgesetz gilt ein Poststück auch dann als zu­gestellt, wenn die Verständigung entfernt wurde.

Nachrüsten möglich

Nachrüsten mit einer "Kralle" verhindert
unbefugte Eingriffe.

Bei der Post-Aufsichtsbehörde RTR ist das Problem bereits bekannt. Weil die Kästen der Norm entsprechen, sind der Aufsicht jedoch die Hände gebunden. Einen Tipp hat man für Betroffene aber: den Schlitz mit einer „Kralle“ nachrüsten, die das Hineingreifen verhindert. Dieses Zubehör zur Selbstmontage ist im Handel für ein paar Euro erhältlich.

Stellungnahme der Post AG

Zur Entnahmesicherheit der Hausbriefkästen und dem Nachrüsten mit Postentnahmesicherungen gab die Post AG folgende Stellungnahme ab:

Die Vorgangsweise der Österreichische Post AG (in der Folge Post) und der PS Postservicegesellschaft m.b.H. (PSG), eines Konzernunternehmens der Post,  entspricht den Vorgaben des Postmarktgesetzes (PMG) und der ÖNORM EN 13724.

Die Post hat die PSG mit der Organisation und dem Austausch der nicht dem PMG entsprechenden Hausbrieffachanlagen (HBFA) und Landabgabekästen (LAK) beauftragt. Nach § 34 PMG ist in Gebäuden mit mehr als vier Abgabestellen, die sich in mehr als zwei Geschossen befinden, durch die Gebäudeeigentümerin oder den Gebäudeeigentümer jeder Empfängerin und jedem Empfänger einen Hausbriefkasten zur Verfügung zu stellen. Dies hat in Form einer HBFA zu erfolgen, die jedenfalls die Abgabe von Postsendungen, ausgenommen Paket­sendungen, durch Zusteller von Postdiensten ohne Schwierigkeiten ermöglicht und die Postsendungen durch einen geeigneten Eingriffsschutz vor dem Zugriff Dritter schützt. Hausbrieffachanlagen ohne Einwurfschlitz sind durch die von der Post beauftragte PSG bis zum 31.12.2012 auszutauschen.

Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 34 Abs 2 PMG (GP XXIV RV 319 AB 459) ist zu entnehmen, dass die Ausgestaltung von Hausbriefkästen und HBFA nicht im Detail festgelegt ist, sich aber „zweckmäßigerweise an den Vorgaben der ÖNORM EN 13724 orientieren“ wird. Die von der Post bestellten und von der PSG montierten HBFA gehen sogar über den in der ÖNORM EN 13724 vorgesehenen Eingriffsschutz hinaus. Auf der Homepage der PSG ist der Prüfbericht der MA 39 vom 15.06.2011 abrufbar. Aus diesem Bericht geht hervor, dass die geprüfte HBFA der ÖNORM EN 13724 und dem PMG entspricht.

Dazu dürfen wir besonders hervorheben, dass der Anstellwinkel bei der geprüften HBFA 1 bis 6 ° betragen hat, der ÖNORM entspricht und die von der Post bestellten HBFA sogar einen Anstellwinkel von 20 ° aufweisen. Daher bieten die von der PSG montierten HBFA einen besseren und geeigneteren Eingriffsschutz als die von der MA 39 geprüften HBFA. Die gesetzlichen Vorgaben des § 34 Abs 2 PMG werden daher selbstverständlich eingehalten.

Insofern Sie daher mit Ihrem Artikel den Eindruck erwecken, dass die Gesetzes- und Normkonformität nur von der Post „behauptet“ wird, erlauben wir uns hervorzuheben, dass auch die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) bestätigt, dass die Post die rechtlichen Vorgaben auf Punkt und Beistrich einhält. Wir dürfen auch noch darauf hinweisen, dass die von der Post/PSG im Zuge der HBFA-Umrüstung verwendeten Modelle hinsichtlich des Eingriffsschutzes jenen normgerechten Briefkästen verschiedener Hersteller entsprechen, die in Österreich seit vielen Jahren und zu hunderttausenden in Verwendung stehen (HBFA bei neu errichteten Gebäuden und in den Jahren 2005/2006 ausgetauschte HBFA).

Dass die Post keine „HBFA-Tresore“ anschaffen kann, die über die gesetzlichen Vorgaben hinaus gehen und die die ohnedies immens hohen Kosten noch erheblich steigern würden, ergibt sich aus aktienrechtlichen Verpflichtungen und aus der Verantwortung gegenüber den Stakeholdern.

Zum Nachrüsten mit der Kralle dürfen wir darauf hinweisen, dass die Post oder PSG keine Empfehlung für dieses Nachrüsten gegeben hat. Wenn diese Kralle angebracht werden soll, ist aus unserer Sicht auf eine ordnungsgemäße und professionelle Montage besonderer Wert zu legen.

Post AG
10.9.2012

Leserreaktionen

Gesetzeskonform

Die Vorgangsweise der Österreichische Post AG und der PS Postservicegesellschaft m.b.H. (PSG), eines Konzernunternehmens der Post, entspricht den Vorgaben des Postmarktgesetzes (PMG) und der ÖNORM EN 13724. Die Post hat die PSG mit der Organisation und dem Austausch der nicht dem PMG entsprechenden Hausbrieffachanlagen (HBFA) und Landabgabekästen (LAK) beauftragt.

Laut Erläuterungen zum PMG ist die Ausgestaltung von Hausbriefkästen und HBFA nicht im Detail festgelegt, soll sich aber „zweckmäßigerweise an den Vorgaben der ÖNORM EN 13724 orientieren“. Die von der Post bestellten und von der PSG montierten HBFA gehen sogar über den in der ÖNORM EN 13724 vorgesehenen Eingriffsschutz hinaus. Auf der Homepage der PSG (unter www.hbfa-tausch.at/empfaenger-von-briefsendungen.php) ist der Prüfbericht der MA 39 vom 15.06.2011 abrufbar. Aus diesem Bericht geht hervor, dass die geprüfte HBFA der ÖNORM EN 13724 und dem PMG entspricht.

Dazu dürfen wir besonders hervorheben, dass der Anstellwinkel bei der geprüften HBFA 1 bis 6 Grad betragen hat, der ÖNORM entspricht und die von der Post bestellten HBFA sogar einen Anstellwinkel von 20 Grad aufweisen. Daher bieten die von der PSG montierten HBFA einen besseren und geeigneteren Eingriffsschutz als die von der MA 39 geprüften HBFA. Die gesetzlichen Vorgaben des § 34 Abs 2 PMG werden daher selbstverständlich eingehalten. Dass die Post keine „HBFA-Tresore“ anschaffen kann, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen und die ohnedies immens hohen Kosten noch erheblich steigern würden, ergibt sich aus aktienrechtlichen Verpflichtungen und aus der Verantwortung gegenüber den Stakeholdern.

Zum Nachrüsten mit der Kralle dürfen wir darauf hinweisen, dass die Post oder PSG keine Empfehlung für dieses Nachrüsten gegeben hat. Wenn diese Kralle angebracht werden soll, ist aus unserer Sicht auf eine ordnungsgemäße und professionelle Montage besonderer Wert zu legen.

Österreichische Post AG
Wien
(aus KONSUMENT 11/2012)

Nachteil der „Kralle“

Wir hatten so eine „Kralle“, unsere Postsendungen waren seitdem immer verbogen und zerknittert. Ich habe daraufhin einmal unsere Zustellerin der Post angesprochen, warum sie denn seit neuestem immer „stopft“. Dann hat sie mir gezeigt, dass bei einzelnen, dünneren Sendungen (z.B. Brief mit Erlagschein als Inhalt) der Widerstand der Kunststoffzähne zu den von mir beanstandeten Zerknitterungen führt.

Martin Malleschitz
Wien
(aus KONSUMENT 11/2012)

Skandalös

Gegenüber dem VKI wurde bestätigt, dass die Postfächer den Normen hinsichtlich des Eingriffschutzes entsprechen. Mir gegenüber gab die Post zu, dass die Fächer lediglich „einen Zugang ohne Hilfsmittel und ohne Gewaltanwendung erschweren“ – sprich: die Poststücke liegen nicht frei zugänglich auf und sind vor Nässe geschützt. Diesen Zustand finde ich unter Bezug auf das Briefgeheimnis etwas dürftig. Und dass dies von der ÖNORM bewilligt wurde, finde ich skandalös.

User "besserwisser"
(aus KONSUMENT 11/2012)

Bezugsquelle

Bitte, wo ist diese „Kralle“ erhältlich ?

User "schinscha"
(aus KONSUMENT 10/2012)

Vertrieben werden „Krallen“ beispielsweise von der Firma EVVA www.evva.at. Erhältlich sind sie im Eisenwarenfachhandel und bei Schlossern.

Die Redkation

Kein Schutz

Die sogenannte Kralle löst sich leider durch das einfache Einschieben der Briefsendungen nach kürzester Zeit wieder ab. Deswegen ist diese mit Klebeband montierbare Postentnahmesicherung kein brauchbarer Schutz!

User "reisesepp"
(aus KONSUMENT 10/2012)

Bis zu Redaktionsschluss konnten wir von Post AG und Postschlichtungsstelle keine Stellungnahme zu Beschwerden über die „Kralle“ erhalten. Wenn sie nicht kleben bleibt, muss man sie wohl zusätzlich mit teurem Spezialkleber befestigen.

Die Redaktion

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