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ÖBB: Online-Fahrplan - Scotty filtert Reisen

Was viele nicht wissen: SCOTTY, das Fahrplan-Auskunftssystem der ÖBB, zeigt nicht immer alle Zugverbindungen an.

SCOTTY kann, was kein anderer ÖBB-Mitarbeiter schafft: Das Fahrplan-Auskunftssystem der Bahn beantwortet in jeder Minute 262 Anfragen von Reiselustigen; das entspricht 11,3 Millionen pro Monat, 136 Millionen im Jahr. SCOTTY ist also beliebt und viel beschäftigt – wovon auch die mittlerweile rund 1,8 Millionen App-Downloads Zeugnis ablegen. Was viele Fans des Siebenjährigen aber wohl nicht wissen: SCOTTY wird von seinen Erzeugern zum Schummeln verführt. Er führt Auslandsreisende in die Irre, indem er vorhandene Zugverbindungen einfach unterschlägt. „Kein Angebot“ heißt es nur allzu oft selbst dort, wo reichlich Verbindungs-Angebot besteht. Schlimmer SCOTTY.

Kurzfristig nach München

Wer es nicht glaubt, kann diese Behauptung jederzeit selbst prüfen. Man muss dazu nur die Website der ÖBB (www.oebb.at) aufrufen und sich mit dem Gedanken an eine Reise ins Ausland tragen. So wie Herr M., den wir als Beispiel heranziehen wollen: Er möchte kurzfristig einen Spezi im benachbarten München besuchen; das ist ganz und gar nicht exotisch, verspricht ein umfangreiches Angebot an Verbindungen und vielleicht sogar die Aussicht auf ein Reise-Schnäppchen.

Im Folgenden unsere Bildergalerie.

Bildergalerie: Scotty liefert unterschiedliche Treffer

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Schritt 1 - Erst einmal sehen, was es so gibt (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.2014)
Schritt 1: Erst einmal sehen, was es so gibt Auf der ÖBB-Startseite wird automatisch das Datum des Seitenaufrufs erfasst und in guter Übersichtlichkeit auch die Wahlmöglichkeit "Reisen ins Ausland" angeboten. Da Herr M. sein Geld nicht zum Zugfenster hinauswerfen möchte, informiert er sich gerne auch über das Angebot "SparSchiene Europa“ und wählt dort die Destination "Deutschland" aus (ohne Abb.). |
Schritt 2 - die erste Enttäuschung (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.14)
Schritt 2: Die erste Enttäuschung … erlebt Herr M. nach Eingabe des Reiseziels beim Blick auf die zur Verfügung stehenden Termine: Obwohl der Kalender heute den 7. 2. zeigt, werden Verbindungen erst ab dem 10. 2. angeboten, was sich auch nicht ändern lässt. Das Wochenende wäre Herrn M. lieber gewesen. Aber was soll’s? Der Spezi an der Isar ist eh schon in Pension und wird sich auch am Montag über einen Blitzbesuch freuen. Ergo klickt Herr M. auf den Button "Verbindung suchen" am Fuße der Seite (ohne Abbildung). |
Schritt 3: die Ernüchterung (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.2014)
Schritt 3: Die Ernüchterung … folgt auf dem Fuße: Hatte Herr M. gehofft, eine reichhaltige Auswahl an Reiseterminen zu finden, präsentiert ihm SCOTTY nur eine einzige: "06:30 Uhr, Wien Westbahnhof – München Hbf". Das Unbehagen ob der frühen Abfahrtszeit relativiert sich jedoch schnell – denn es gibt ohnehin selbst für diesen einzigen Zug "keine Angebote".  War es das mit den Reiseplänen von Herrn M.? Mitnichten. SCOTTY – besser gesagt: Programmierer sowie Gestalter der Website - haben Herrn M.  nur einen Lausbuben-Streich gespielt. Denn als die Gattin des Reiselustigen an den PC schreitet, sieht das Suchergebnis plötzlich ganz anders aus. |
Schritt 4 - die Erleuchtung (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.2014)
Schritt 4: Die Erleuchtung … stellt sich so dar: Statt nur einer Verbindung mit "keinem Angebot" gibt es plötzlich deren drei, sogar innerhalb nur einer Stunde! Und selbst der soeben noch mit "keine Angebote" gekennzeichnete Zug um 06:30 Uhr bietet nun reichlich Platz für Herrn M. Es kommt aber noch besser: |
Schritt 5 - die Ersparnis (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.2014)
Schritt 5: Die Ersparnis … ist doch noch möglich, obwohl Herr M. ja auf der vermeintlich dafür vorgesehenen SparSchienen-Seite weder eine solche, noch überhaupt eine buchbare Verbindung gefunden hatte. Denn ein weiterer Klick auf der vorigen Page enthüllt, dass Herr M. keineswegs 91,20 Euro für den Zug um 06:30 Uhr hinblättern muss. Dreht er sich am Reisetag noch einmal im Bett um, frühstückt er anschließend gemütlich mit seiner cleveren Gattin und besteigt er erst den Zug um 10:30 Uhr, spart er rund ein Viertel des Fahrpreises! Da stellt sich doch die Frage: Was ist bei diesen beiden SCOTTY-Abfragen passiert? Kommt die geneigte Leserin, der interessierte Leser von alleine darauf? Was hat Frau M. anders gemacht als ihr Göttergatte? |
Schritt 6 - des Rätsels Lösung (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.2014)
Schritt 6: Des Rätsels Lösung … liegt in der Frage, von wo man auf der ÖBB-Seite die Fahrplansuche startet: Herr M. tat dies über den Reiter "Reisen ins Ausland" – was sicherlich mehr als nur nahe liegend ist, aber zu den "irritierenden" Ergebnissen führt. Seine Gattin hingegen startete die Suche direkt auf der ÖBB-Startseite. |
Schritt 1 - Erst einmal sehen, was es so gibt (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.2014)
Schritt 2 - die erste Enttäuschung (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.14)
Schritt 3: die Ernüchterung (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.2014)
Schritt 4 - die Erleuchtung (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.2014)
Schritt 5 - die Ersparnis (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.2014)
Schritt 6 - des Rätsels Lösung (Screenshot: ÖBB-Fahrplan 7.2.2014)

Was dahinter steckt

Was dahinter steckt

Natürlich hat KONSUMENT die ÖBB mit diesen, gelinde gesagt, Widersprüchlichkeiten konfrontiert. Bei der Pressestelle war man freundlich und bemüht, gleichwohl aber offenbar selbst etwas verwirrt. So führte man im ersten Erklärungsanlauf das Problem auf die Tatsache zurück, dass es sich beim Buchungssystem ja um ein automatisiertes handle. So könne es vorkommen, dass etwa ein SparSchienen-Kontingent im Moment als ausgeschöpft aufscheine (da sich gerade andere Benutzer für eine entsprechende Buchung interessieren), danach aber wieder etwas frei werde, etwa weil sich die Interessenten entschlossen hätten, doch nicht zu buchen. Das klingt plausibel, trifft aber auf unseren Fall nicht zu: KONSUMENT hat absolut zeitgleich die zur Verfügung stehenden Verbindungen via Reiter "Reisen ins Ausland" und direkt von der Startseite weg gecheckt. Das Ergebnis war wie in diesem Beitrag dargestellt.

Keine SparSchiene, keine Angebote?

Zielführender ist schon eine weitere Erklärung: "Bei dem Button SparSchiene ist ein Filter hinterlegt und das System sucht nur nach SparSchiene-Tickets (diese müssen mindestens drei Tage im vorhinein gebucht werden, daher auch die automatische Datumseinstellung). Gibt es für die Verbindung keine SparSchiene mehr, zeigt das System "keine Angebote".

Wie sag ich’s meinen Kunden?

Problem dabei: Der Benutzer erfährt an keiner Stelle, dass er es hier mit einer eingeschränkten Suche zu tun hat! Das ist an keiner Stelle mit auch nur einem Wort erwähnt und auch nicht selbsterklärend. Was hält die ÖBB davon ab, auf der Antwort-Seite zur Suche etwa anzugeben: "Leider kein SparSchienen-Angebot mehr verfügbar, wir können aber anbieten wie folgt …"

Es ist die Befürchtung, dadurch in den Ruf einer trickreichen Verführerin zu geraten. Denn: "Damit wollen wir dem Vorwurf, mit unserem Buchungstool strikt preisorientierte Fahrgäste letztendlich doch zu höherpreisigen Tickets zu verführen, gleich im Vorfeld den Wind aus den Segeln nehmen."

"... rasch mit geringem Aufwand verbessern"

Bleibt zu hoffen, dass sich die ÖBB in ihrem sanften Versprechen an uns nicht selbst doch noch den Wind aus den Segeln nimmt: "Vielleicht kann man wirklich etwas recht rasch mit geringem Aufwand verbessern", verlautete es abschließend von der Pressestelle.

Fahrplansuche nur über die Startseite

Bis dahin gilt: Fahrplansuche nur über die Startseite der ÖBB, nicht über gefilterte Unterseiten. Dann ist "SCOTTY“ wieder ein braver Junge.

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