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Lebensversicherung als Vorsorge - Hände weg!

Die klassische Lebensversicherung hat ausgedient. Selbst bei hohen Garantiezinsen ist ein Erhalt der Kaufkraft nicht möglich. Für Anleger gilt mehr denn je: Hände weg!

Vor zwei Jahren, als wir das letzte Mal über Lebensversicherungen berichteten, machte sich nach langer Zeit wieder einmal vorsichtiger Optimismus breit. Nach vielen schlechten Nachrichten für Versicherte, die feststellen mussten, dass sich ihr Kapital nicht nur nicht vermehrt hatte, sondern sogar geschrumpft war, zeichnete sich insbesondere bei fondsgebundenen Polizzen eine gewisse Trendwende ab. 

Neue Ideen?

Immer mehr Versicherer entwickelten kostenschlanke, ungezillmerte Angebote (bei gezillmerten Tarifen werden sämtliche Abschlusskosten, allen voran die Provision, sofort zu Beginn der Laufzeit fällig; Anm.), die als Alternative zum direkten Investment in Aktien in Betracht kamen (siehe KONSUMENT 5/2017). Das gab Anlass zur Hoffnung, dass auch bei den klassischen Er- und Ablebensprodukten sowie den Rentenversicherungen bald einiges an Verbesserungen und neuen Ideen nachkommen würde.

Rückläufige Abschlüsse

Potenzial dafür wäre reichlich vorhanden: Starre, undurchschaubare Vertragsstrukturen, magere Garantiezinsen und so gut wie überhaupt keine Gewinnbeteiligungen mehr, die den schlanken Zins etwas aufgefettet hätten; dazu als eigentliches Problem Gebühren und Provisionen, die fast 20 Prozent des investierten Kapitals auffressen – das hat immer mehr Anleger bewogen, sich vom ehemaligen Fixstern unter den sicheren Ansparprodukten abzuwenden.

Von fast acht Millionen zu ihren besten Zeiten gingen die Bestände klassischer Lebensversicherungen auf etwas mehr als sieben Millionen (Stand 2017) zurück.

Unser Beispielfall

Dass das Produkt „klassische Lebensversicherung“ als überschaubare und sichere Anlageform nicht hält, was die provisionsgetriebenen Verkäufer versprechen, hat allerdings nicht nur mit dem aktuell niedrigen Zinsniveau zu tun, wie der Fall von Frau S. illustriert.

Frau S. schloss 2003 eine Erlebensversicherung mit einer Laufzeit von 15 Jahren ab. Im Lauf der Jahre zahlte sie 17.989,56 Euro ein. Nach Ablauf der Polizze teilte ihr der Versicherer mit, wie hoch der Auszahlungsbetrag sein würde, sollte sie eine Kapitalabfindung wünschen. 

Die Zinsen sind es nicht

Frau S. fiel aus allen Wolken: Gerade einmal 17.757 Euro sollte sie erhalten – trotz der langen Laufzeit also sogar um 200 Euro weniger als eingezahlt!? Frau S. ging von einem Irrtum aus, hatte sie doch einen Vertrag mit einem Garantiezins von drei Prozent abgeschlossen. Eine Analyse der Kosten macht jedoch deutlich, dass ein Ertrag ein Ding der Unmöglichkeit ist, selbst bei einem hohen Zinsniveau.

Rechnet man unter anderem Abschlusskosten, Versicherungssteuer, Verwaltungskosten und Unterjährigkeitszuschlag zusammen, zeigt sich, dass die Kosten den Garantiezins komplett auffressen (siehe „Welche Kosten anfallen“).

0 % Nettorendite

​In blanken Zahlen ausgedrückt heißt das: Die Gesamtkosten inklusive Steuern betrugen bei der Polizze von Frau S. rund 3.400 Euro, also fast 20 Prozent des eingezahlten Betrags. Kein Wunder, dass aus dem Garantieprozentsatz von drei Prozent eine Nettorendite von null Prozent wurde.

Ein Einzelfall ist das nicht, wie langjährige Leser wissen. Und ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass es auch in den „goldenen“ Jahren mit gutem Zinsniveau nicht möglich war, dem Kaufkraftverlust mit Lebensversicherungen ein Schnippchen zu schlagen.

Das Fazit: Mehr Kosten als Nutzen

Bauchladen an Kosten 

Denn immer wenn die Zinsen hoch waren, war auch die Inflation hoch. Auf der Endabrechnung beeindruckten zwar große Beträge, die die Versicherten vermeintlich über die Polizze angespart hatten und nun ausgezahlt erhielten; in der Gegenrechnung mit dem Kaufkraftverlust hätten die Beträge aber deutlich weniger Leuchtkraft gehabt.

Das von uns über die Jahre immer wieder aufgezeigte Kostenproblem spielte also schon immer eine gewichtige Rolle – und spielt sie nun mehr denn je: Der Sparanteil liegt unverändert bei lediglich 80 bis 85 Prozent. Das heißt, von 100 eingezahlten Euro werden im Durchschnitt nur 80 bis 85 Euro dazu verwendet, das Kapital zu vermehren. Damit ist klar, dass die garantierten Werte unter der eingezahlten Summe liegen müssen. 

Das Fazit 

Für Anleger gilt somit: Hände weg von klassischen Erlebens-, Er- und Ablebenssowie Rentenversicherungen, und seien die Argumente des Verkäufers noch so überzeugend. Wir werden uns in KONSUMENT eingehend mit dem Thema Vorsorge beschäftigen und Alternativen zur klassischen Lebensversicherung vorstellen

Abschlusskosten, Verwaltungskosten, Stückkosten

In unserem Beispielfall stehen einem Garantiezins von 3 % folgende Kosten gegenüber:

  • Abschlusskosten: 5,5 % der Prämiensumme
  • Prämienabhängige Verwaltungskosten: 3 % der Prämie
  • Prämiensummenabhängige Verwaltungskosten: 0,1 % der Prämiensumme pro Jahr
  • Stückkosten: 18 Euro pro Jahr (die Stückkosten sind Bestandteil der Prämie und zählen zu den Verwaltungskosten) Unterjährigkeitszuschlag für die monatliche Zahlungsweise: 5 % der Jahresprämie; Versicherungssteuer: 4 % der Jahresprämie

Nicht blenden lassen: Begriffe

Diese Begriffe sollte man vor einem Vermittlungsgespräch kennen und richtig einordnen können.

Garantiezinsen 

Hört sich gut an, weil die Bezeichnung den Eindruck erweckt, diese Zinsen würde man tatsächlich erhalten. Das stimmt auch – aber nur auf den sogenannten Sparanteil, also auf die Einzahlung abzüglich Kosten, Steuern und eventuellen Risikoanteil. In der Praxis haben viele Anbieter den Rechnungszins ohnehin auf null gestellt; andere werben mit einem Garantiezins von 0,5 Prozent. In jedem Fall bleibt nach Abzug aller Kosten die Kaufkraft nicht erhalten.

Gewinnbeteiligung 

Viele Angebote enthalten Hochrechnungen mit einer Gewinnbeteiligung von 3,5 Prozent. Diese Werte sind aber beim aktuellen, gegen null tendierenden Zinsniveau nicht zu realisieren. Der Handlungsspielraum in der Veranlagung ist somit extrem eingeschränkt, da einerseits die Vorschriften streng sind, andererseits die Garantie oberste Prämisse der Versicherungsunternehmen ist. Wer etwas mehr Rendite haben will und das damit einhergehende Risiko nicht scheut, sollte eher auf fondsgebundene Lebensversicherungen zurückgreifen.

Urteil gegen Uniqa-Versicherung: unzulässige Garantievereinbarung

Eine Erfolgsmeldung aus unserer Rechtsabteilung: Wir klagten im Auftrag des Sozialministeriums die Uniqa-Versicherung wegen einer Klausel in den Vertragsbedingungen zur fondsgebundenen Lebensversicherung. Konkret bezog sich die Klausel auf die Kapitalgarantie. Sie legte fest, dass bei einer Auszahlung nicht näher bezifferte Kosten abgezogen werden sollten.

Uniqa-Versicherung: Klausel unzulässig

Das Handelsgericht Wien erklärte diese Klausel jetzt für intransparent und somit für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Nach unserer Rechtsauffassung muss ein Versicherer in einem solchen Fall die Prämien ohne jeden Kostenabzug zurückzahlen.

Das führt potenziell zu einer deutlich höheren Garantieleistung. Betroffene, die derartige Klauseln in ihren Verträgen haben und bei denen eine Abrechnung im Garantiefall erfolgte, sollten sich mittels Musterbrief an ihr Versicherungsunternehmen wenden. Das Urteil im Volltext und einen Musterbrief zur Forderung einer höheren Versicherungsleistung finden Sie auf www.verbraucherrecht.at.

VKI-Tipps

  • Kaufkraftverlust. Klassische Lebensversicherungen sind nicht in der Lage, den inflationsbedingten Kaufkraftverlust zu kompensieren. Wer jetzt neu abschließt, finanziert im Wesentlichen nur das Geschäft des Vermittlers und Versicherers.
  • Kosten. Selbst bei sehr hoch veranschlagten Garantiezinsen von drei Prozent geht die Rechnung nicht auf: Von 100 Euro werden höchstens 85 Euro tatsächlich veranlagt, was zu einer Nettorendite von null Prozent führt.
  • Lippenbekenntnisse. Auch von der angekündigten höheren Flexibilität und einem bedarfsorientierteren Verkauf kann nach wie vor keine Rede sein. Daher Hände weg von Erlebens-, Er- und Ablebens- sowie Rentenversicherungen!

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