KONSUMENT: Der Titel Ihres Buches ist „Kauf mich! Auf der Suche nach dem guten Konsum“. Was war der Auslöser, dass Sie sich auf die Suche gemacht haben?
Ich war sechs Jahre lang Konsumentensprecherin bei Greenpeace und hatte das Gefühl, dass ich irgendwann in fast jedes Journalistenmikro in Österreich reingeredet hatte, was nachhaltiger Konsum ist. Dass wir regional, saisonal und biologisch kaufen sollen, keine Fast Fashion und was die tollen Alternativen sind. Trotzdem habe ich immer noch jede Wette gewonnen, wenn auf der Mariahilfer Straße ein Geschäft zugesperrt hat, dass ein Fetzenladen reinkommt. Da habe ich mich gefragt, wieso das so ist.
Die andere Initialzündung: Bei Greenpeace hatte ich eine Dame am Telefon, die mir erzählt hat, dass sie ihre ganze Küche plastikfrei gemacht hat. Sie wollte von mir wissen, ob sie die Produkte mit Glas oder Stahl ersetzen soll. Und ich habe mir gedacht: Wirklich ökologisch hast du gerade nicht gehandelt, weil du funktionale Dinge weggeworfen hast. Auch der Konsum von „nachhaltigen“ Produkten ist immer noch der Konsum neuer Produkte. Das ist eigentlich nur die andere Seite des Konsumismus – da soll uns genau so viel verkauft werden.
Was ist dann der gute Konsum?
Weniger Konsum. Wir konsumieren schlicht und einfach zu viel. Die Zauberfrage ist immer: Brauche ich es wirklich? Dann ist es ganz wichtig, sich selbst zu reflektieren, warum man konsumieren möchte und dabei ehrlich zu sich zu sein. Mein Jahr hat etwas anstrengend angefangen, viele Streits und Diskussionen. Ich habe ganz viel zu Hause, mit dem ich mich beschäftigen und ablenken kann, viele ungelesene Bücher, Möglichkeiten für meine Do-it-yourself-Hobbys, einen Heimtrainer und auch das Netflix-Abo. Und trotzdem bin ich dagesessen und habe mir gedacht: Ich mag mir was kaufen, ich brauch irgendwas Neues.
Da war mir klar: Ich will nur was kaufen, weil ich die guten Gefühle haben möchte, weil ich mich einfach besser, zufriedener fühlen will. Da muss man ganz ehrlich mit sich sein. Ich wollte definitiv nichts kaufen, weil mir zu Hause so fad ist – ich habe einen Pandemieerlebnispark aus meiner Wohnung gemacht, Bücher, Fitnessgeräte, Wolle zum Stricken, alles da.
Laut Konsumpyramide steht etwas Neues zu kaufen ganz oben an der Spitze …
Ja genau, die letzte Instanz. Das finde ich einen sehr pragmatischen und annehmbaren Rat für guten Konsum. Wir können uns abschminken, dass wir in dieser Welt alles richtig konsumieren – das wird nie passieren. Weil – und die Theorie hat eine Freundin aufgestellt – würde auf diesem Planeten von jetzt auf gleich alles ökologisch absolut korrekt laufen, würde er wirtschaftlich und sozial auf der Stelle krachen gehen. Das macht mich natürlich sehr nachdenklich, weil man sich das Heile-Welt-Denken abschminken kann. Es ist immer ein komplexes Abwägen, das natürlich nicht rasend optimistisch macht.
Nunu Kaller im KONSUMENT-Interview
Nachfolgende Themen werden u. a. angesprochen:
- Welche Verantwortung haben Konsument:innen? Welche die Konzerne?
- Wo sollen wir anfangen, um "gut" zu konsumieren?
- Was wäre vonseiten der Politik notwendig?
- Welche Rolle spielt Greenwashing beim guten Konsum?
- Was ist schlecht am Minimalismus?
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