Hinausgezögerte Operation
Treten nach Operationen Komplikationen auf, ist in bestimmten Fällen eine Entschädigung aus dem Härtefonds möglich. Verzögert man als Patient:in den Eingriff, kann sich das jedoch nachteilig auswirken.
Der Fall
Eine slowenische Staatsbürgerin zieht sich beim Skifahren in Kärnten einen komplizierten Schienbeinbruch zu. Der Bruch wird in einem Kärntner Krankenhaus operativ mit einem Unterschenkelmarknagel versorgt. Danach kehrt die Patientin nach Slowenien zurück. Dort treten Schmerzen auf, dann rötet sich der Bereich um die Operationswunde und es tritt Sekret aus. In einem slowenischen Krankenhaus wird schließlich eine Fistel-Operation durchgeführt. Die histologische Untersuchung ergibt einen Hinweis auf eine bakterielle Infektion.
Fünf Monate nach dem Sturz wendet sich die Patientin wieder an das Kärntner Krankenhaus. Dort wird ihr eine stationäre Aufnahme zum Ausbau des Unterschenkelmarknagels empfohlen. Die Patientin lehnt dies zunächst ab und lässt den Eingriff erst vier Monate später in Kärnten vornehmen. Im Anschluss wird eine erfolgreiche Antibiotikabehandlung durchgeführt und 14 Tage später ein neuer Unterschenkelmarknagel eingebracht. Nach der OP wird festgestellt, dass der neue Marknagel um 180 Grad verdreht eingebaut wurde. Zur Korrektur ist eine dritte Operation notwendig.
Hat die Patientin Anspruch auf Entschädigung?
Die Patientin wendet sich an die Patientenanwaltschaft Kärnten. Dazu legt sie die Behandlungsdokumentationen aus Slowenien vor. Nach Einholung der kompletten Behandlungsdokumentationen aus dem Kärntner Krankenhaus und Beiziehung eines versierten Facharztes für Unfallchirurgie macht die Patientenanwaltschaft Schadenersatzansprüche gegenüber dem Kärntner Krankenhaus geltend.
Warum wird nur zum Teil Schadenersatz geleistet?
Die nach der ersten Operation eingetretene Infektion wird als eine eingriffstypische Komplikation eingeschätzt, d. h. ein Risiko, das auch dann eintreten kann, wenn bei der OP die gebotene ärztliche Sorgfalt eingehalten wurde. In solchen Fällen gibt es bei schweren Verläufen die Möglichkeit einer Entschädigung aus dem Härtefonds.
Da die Patientin die vom Krankenhaus empfohlene Revisionsoperation jedoch um vier Monate hinausgezögert hat, ist der eingetretene Nachteil der Sphäre der Patientin zuzurechnen. Eine Entschädigung steht ihr deshalb nur für die infolge der Fehlpositionierung des Unterschenkelmarknagels erforderliche Revisionsoperation zu.
Unsere Kooperation mit der Patientenanwaltschaft
Hier berichten wir über Fälle, mit denen sich österreichische Patientenanwältinnen und -anwälte befassen.
Kärnten
Patientenanwaltschaft Kärnten
Völkermarkter Ring 31,
9020 Klagenfurt
Tel. 050 536 57102
Fax 050 536 57100
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