
Wie grün ist Fernwärme?
Wird in der Fernwärmebranche ehrlich kommuniziert? Wir haben den Greenwashing-Check gemacht.
Was uns stutzig gemacht hat
Fernwärme wird nur zu gern mit grünen Attributen beworben. Wenn der zur Wärmegewinnung verwendete Brennstoff nachwachsend ist, also z. B. Hackschnitzel verfeuert werden, dann würde dieses Öko-Branding noch zulässig sein.
Kommen fossile Brennstoffe zur Anwendung, schaut die Sache freilich anders aus.
Wir haben den Check gemacht und uns bei großen Fernwärmeanbietern in Österreich umgeschaut. Ausgangspunkt war der Hinweis eines Konsumenten, wonach die Salzburg AG damit werbe, dass Fernwärme eine umweltfreundliche Heizform sei.
„De facto“, so der Konsument, „besteht die Energie aus 70 Prozent fossilen Quellen“.
Der Check
(Stand 14.08.2025)
Die Beobachtung des Konsumenten ist korrekt. Wer in einer Internet-Suchmaschine die Schlagwörter „Salzburg AG + Fernwärme“ eingibt, bekommt als Top-Ergebnis die „Umweltfreundliche Heizform“ prominent im Link-Titel präsentiert.
Was daran umweltfreundlich sein soll, bleibt aber nebulös. Auf der Homepage der Salzburg-AG ist vielmehr zu lesen: „Als Energieträger unserer Fernwärmekraftwerke werden Abwärme, Biomasse und Erdgas verwendet. […] Um den CO2-neutralen Anteil der Fernwärmeaufbringung von 30 % auf 40 % zu erhöhen, errichten wir eine weitere Biomasse-Anlage.“
Aktuell ist die Salzburger Fernwärme also weit weg von „umweltfreundlich“.
Wie sieht die Bewerbung bei anderen Anbietern aus?
Wir haben einen Branchenvergleich gemacht und exemplarisch die Internetauftritte von Wien Energie und Energie Graz gescreent.
In der Bundeshauptstadt wird Fernwärme als „umweltschonend“ beworben – obwohl laut Wien-Energie-Homepage lediglich 17,36 Prozent der Wärme aus erneuerbaren Energiequellen stammen (2024).
Das Wort „Gas“, de facto die Primärenergiequelle bei der Fernwärmeaufbringung in Wien, sucht man als Info vergeblich. Bis 2040 wolle man die Fernwärme „vollständig klimaneutral“ erzeugen. Ein hehres Ziel, das aber die aktuelle Öko-Bewerbung nicht rechtfertigt.
Ähnlich das Bild in Graz. Dort wird Fernwärme mit „Verträglichkeit für Umwelt & Klima“ angepriesen, und das, obwohl 2024 nur 19,5 Prozent erneuerbare Energiequellen bei der Wärmeaufbringung verwendet werden. Immerhin: Der zentral eingesetzte Brennstoff Gas wird auf der Homepage erwähnt.
Was sagt die Branche dazu?
Wir haben die Fernwärmebetreiber um Stellungnahme gebeten.
Salzburg AG und Energie Graz haben die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zu erklären, nicht wahrgenommen.
Einzig Wien Energie hat geantwortet und insbesondere die Effizienz großer, moderner Erzeugungsanlagen im Vergleich zu gängigen Gasetagenheizungen hervorgehoben – was im Greenwashing-Spektrum der Strategie „Geringeres Übel“ zugeordnet werden kann.
Die Stellungnahme im Wortlaut finden Sie als PDF-Download anbei.
Fazit: Hält das grüne Versprechen?
Im Grunde ist es ungeheuerlich, dass ein Produkt, welches zum Großteil auf der Verbrennung fossiler Energie basiert, als umweltfreundlich/-schonend/-verträglich vermarktet wird. Etwaige Effizienzvergleiche mit Gasetagenheizungen oder Ölkesseln hinken. Denn weniger nicht-nachhaltig ist noch lange nicht umweltfreundlich.
Im Fall der drei gecheckten Fernwärmebetreiber hält das grüne Versprechen also nicht: Greenwashing!
Fernwärme kann auch „grün“ sein, klar. Die Salzburg AG z. B. betreibt in ihrem Versorgungsgebiet auch kleine, lokale Fernwärmenetze, die zu 100 Prozent auf dem Einsatz von Erneuerbaren beruhen. Ferner ist Fernwärme auch eine wichtige Säule bei der Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor, gerade im städtischen Bereich. Insofern ist z. B. das gesteckte Ziel der Wien Energie, ihr Fernwärmenetz bis 2040 klimaneutral zu betreiben, sehr begrüßenswert.
Fernwärme unter ein grünes Deckmäntelchen zu hüllen und mit Slogans wie umweltfreundlich zu vermarkten, schießt bei den genannten Fernwärmebetreibern jedenfalls weit übers Ziel hinaus. Und ist auch nicht notwendig, da sich die ökologischen Vorteile von Fernwärme trotz fossiler Komponente auch anders herausstreichen lassen würden. Voraussetzung dafür wäre die Bereitschaft, transparent und ehrlich zu kommunizieren.
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