Halskettenanhänger und Ohrringe für Kinder haben häufig einen hohen Bleigehalt. Doch in der EU gibt es dafür keine Regelung. Eine KONSUMENT-Stichprobe brachte alarmierende Ergebnisse.
Kinderschmuck – das sind Artikel wie Kettenanhänger oder Ohrringe, die Tiere, Herzen oder Blumen darstellen, sie werden in Läden vertrieben, die allerlei billigen Schnickschnack anbieten, ebenso in Modeschmuckgeschäften, sie werden aber auch in Filialen bekannter Handelsketten als Mitnahmeartikel angeboten. Sie kosten fast immer nur ein paar Euro und sprechen auf Grund ihrer Aufmachung vor allem Kinder an.
56 Prozent enthalten Blei
KONSUMENT hat eine Stichprobe solcher Produkte untersucht und dabei Alarmierendes festgestellt: Von 25 untersuchten Proben waren 14 mit Blei belastet, das sind 56 Prozent. Einige waren sogar zur Gänze aus Blei, nur mit einer dünnen Schicht eines anderen Metalls überzogen. Die Kennzeichnung ist durchwegs sehr mangelhaft, in der Regel werden weder Material noch Herkunft deklariert. Den Vogel hat dabei ein Herz abgeschossen, das bis auf die lackierte Oberfläche aus Blei bestand: Das stand nicht auf der Verpackung, dafür der in diesem Zusammenhang wohl bedeutungslos gewordene Hinweis „nickelfrei“.
Mutmaßlicher Grund für den hohen Bleigehalt in Billigschmuck – der Preis dieser Artikel schwankte zwischen 1 und 8 Euro: Blei ist weich und lässt sich somit leicht formen.
In Knochen abgelagert
Blei hat aber auch Eigenschaften, die besonders für Kinder negative Folgen haben können. Geringe Bleimengen können zunächst zu Erbrechen, Magenkrämpfen und Verdauungsbeschwerden führen.
Für Kinder können die Folgen wesentlich dramatischer sein. Einmal aufgenommen wird das Schwermetall vor allem in den Knochen abgelagert, wie das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung festgestellt hat, und bleibt dort praktisch ein Leben lang – die Halbwertszeit beträgt rund 30 Jahre, im Vergleich dazu würde die Halbwertszeit im Blut nur 35 Tage betragen. Bei Erkrankungen kann das abgelagerte Gift freigesetzt werden. Und der Körper eines Kindes nimmt Blei in stärkerem Maß auf als der eines Erwachsenen. Die Resorption von Blei aus dem Darm ist beispielsweise um den Faktor 5 höher als bei Erwachsenen.
Bleivergiftungen können zu einem verminderten Intelligenz-Quotienten oder Verhaltensstörungen führen, sie können die Nieren schädigen. Blei steht aber auch im Verdacht, Krebs zu erzeugen, in hohen Dosen ist es jedenfalls tödlich.
Tödliche Folgen
Als ein Vierjähriger in den USA ein kleines Blei-Medaillon verschluckt hat, wurde er wegen starken Erbrechens ins Krankenhaus eingeliefert, am vierten Tag nach der Einnahme starb das Kind trotz ärztlicher Intensivbehandlung. Die USA haben die Lehren aus diesem Vorfall aus dem Jahr 2006 gezogen. Im Eilverfahren wurden Höchstwerte für den Bleigehalt in Kinderschmuck erlassen und mehr als 100 Millionen verdächtige Billigartikel aus dem Verkehr gezogen.
Keine Grenzwerte in Europa
In Europa ist nichts passiert. Obwohl in einem Entwurf der neuen Spielzeug-Richtlinie noch vorgesehen war, diese sollte auch für Kinderschmuck anwendbar sein. Damit hätten auch Höchstwerte für Schmermetalle gegolten. Doch beschlossen wurde letztlich, Kinderschmuck nach wie vor nicht als Spielzeug zu behandeln – und das bedeutet: Solche Artikel können auch in Zukunft aus reinem Blei gefertigt sein. Artikel, mit denen Kinder gerne spielen, sie in den Mund nehmen, womit die Gefahr des Verschluckens sehr groß ist. Wir haben jedenfalls den Sachverhalt und das Untersuchungsergebnis an den Produktsicherheitsbeirat weitergeleitet.
Finger weg von billigem Schmuck
Der Konsument hat kaum eine Chance festzustellen, ob Schmuckartikel Blei enthalten. Einziger Hinweis: Blei ist viel schwerer als andere Metalle, zumindest Produkte mit hohem Bleianteil könnte man enttarnen, wenn man sie in die Hand nimmt und ihr Gewicht mit dem ähnlicher Produkte vergleicht. Aber wer tut das schon in einem Ramschladen, wenn alle Produkte in Blisterpackungen verhüllt sind? So bleibt also der dringende Rat, von billigen, nicht gekennzeichneten Schmuckartikeln die Finger zu lassen.