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Pflegeregress: Familie zahlt - Daheim oder ins Heim

Eine Patientin in der Steiermark benötigt aufwendige medizinische Pflege, die ihre finanziellen Möglichkeiten bei Weitem übersteigt. Da in der Steiermark ein Pflegeregress gilt, müssen die nicht gedeckten Kosten teilweise, wie gesetzlich festgelegt, von nahen Angehörigen übernommen werden.

DER FALL: Wundbehandlung einer Patientin

Eine Patientin wird von ihrem Pflegeplatz in ein Krankenhaus eingeliefert. Bei der Untersuchung werden 23 bis zu 12 Zentimeter große Wunden festgestellt. Die behandelnden Ärzte führen die Symptome auf eine Erkrankung zurück. Ein Pflegemissstand liegt nicht vor: Die Wunden waren am Pflegeplatz von einer freiberuflichen diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester fachlich gut versorgt worden.

Pflegeplätze und Pflegeeinrichtungen

Pflegeplätze werden in der Steiermark zusätzlich zu den stationären Pflegeeinrichtungen angeboten. Dort werden im Rahmen eines Haushaltsverbandes maximal sechs Personen gepflegt und betreut. Diese Pflegeplätze sind deutlich kostengünstiger als eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung.

Zustand verschlechtert sich ...

Pflegeleistungen, die in den Anwendungsbereich des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes fallen, dürfen jedoch nur dann vorgenommen werden, wenn der Pflegeplatz auch über entsprechend qualifiziertes Personal verfügt. Im vorliegenden Fall war dies aber nicht gegeben. Die pflegende Krankenschwester war lediglich dazu befugt, einen Verbandwechsel vorzunehmen.

... eine Rund-um-die-Uhr-Pflege wird notwendig

Aufgrund der Verschlechterung ihres Allgemeinzustandes benötigt die Patientin zudem eine Rund-um-die-Uhr-Fachpflege. Sie kann deshalb nicht mehr an den Pflegeplatz zurückkehren, sondern muss in einer stationären Pflegeeinrichtung untergebracht werden. Die Kosten sind erheblich höher und überschreiten das Einkommen der Patientin deutlich.

Pflegeheim: 4100€/Monat

Steiermark hat Angehörigen-Pflegeregress

Da die Steiermark das einzige österreichische Bundesland ist, in dem ein „Angehörigen-Pflegeregress“ gilt, sind die Kinder zu Zuzahlungen verpflichtet. Diese können sich jedoch zunächst nicht über die Aufteilung der Kosten einigen. Daraufhin wendet sich eine Sozialarbeiterin des Krankenhauses mit der Bitte um Unterstützung an die steirische Patientenanwaltschaft.

DIE INTERVENTION: Aufklärung der Familie

Die Patientenanwaltschaft weist die Familie darauf hin, dass pflegebedürftige Menschen grundsätzlich die Pflege und Betreuung erhalten müssen, die sie benötigen. Finanzielle Eigeninteressen dürfen demnach nie vor gesundheitliche Interessen Schutzbedürftiger gestellt werden. Das Krankenhaus selbst ist gemäß dem steiermärkischen Krankenanstaltengesetz verpflichtet, den nach dem Sitz der Krankenanstalt zuständigen Träger der Sozialhilfe rechtzeitig von einer bevorstehenden Spitalsentlassung zu informieren, wenn eine in Anstaltspflege befindliche Person nicht sich selbst überlassen werden kann und ihre Übernahme durch Angehörige oder ihr nahestehende Personen nicht sichergestellt ist.

DAS ERGEBNIS: Einigung und Verlegung der Patientin 

Die Familie einigt sich und trägt die zusätzlichen Kosten, die Patientin wird in ein stationäres Pflegeheim verlegt.

DAS FAZIT: Kosten der Pflege sind zu hoch

Für die Patientenanwaltschaft Steiermark offenbart der vorliegende Fall die Nachteile des sogenannten Angehörigen-Pflegeregresses. Für Normalverdiener ist es nämlich kaum möglich, Pflegeheimkosten von mehr als 4.100 Euro monatlich aus dem eigenen Einkommen (Pension, Pflegegeld sowie eventuell vorhandenem, sofort verwertbarem Vermögen wie Sparguthaben) zu begleichen. Dies führt dazu, dass Angehörige (unterhaltspflichtige Kinder, Eltern und geschiedene Ehegatten, eingetragene Partner nach Auflösung der Partnerschaft sowie Erben des Heimbewohners bis zur Höhe des Nachlasses und vertraglich Verpflichtete) für die Mehrkosten haftbar gemacht werden.

Forderung nach einer Solidargemeinschaft

Die Patientenanwaltschaft fordert, dass das Risiko der Pflegebedürftigkeit nicht länger auf Einzelpersonen und ihre Familie abgewälzt, sondern von der Solidargemeinschaft auf Bundesebene im Sinne eines sozialen Ausgleichs getragen wird. Der Angehörigen-Pflegeregress setzt zudem die Patienten psychisch unter Druck, da sie gezwungen sind, die notwendige stationäre Pflege zulasten ihrer Kinder beziehungsweise naher Angehöriger in Anspruch zu nehmen.

Unsere Kooperation mit der Patientenanwaltschaft

In unserer Rubrik "Patientenanwaltschaft" berichten wir über Fälle, mit denen österreichische Patientenanwältinnen und -anwälte konfrontiert werden.

Die Patienten- und Pflegeombudsschaft des Landes Steiermark setzt sich dafür ein, dass das Risiko der Pflegebedürftigkeit nicht länger auf Einzelpersonen und ihre Familie abgewälzt, sondern von der Solidargemeinschaft auf Bundesebene im Sinne eines sozialen Ausgleichs getragen wird.

 

PatientInnen- und Pflegeombudsschaft
des Landes Steiermark
Abteilung 8 Wissenschaft und Gesundheit
Fachabteilung Gesundheit und Pflegemanagement
Haus der Gesundheit,
Friedrichgasse 9, 
8010 Graz,
Tel. 0316 877-3350, Fax 0316 877-4823
E-Mail: ppo@stmk.gv.at
www.gesundheit.steiermark.at

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Aus dem Inhalt

  • Krankenkasse und freie Arztwahl
  • Welche Behandlung steht mir zu?
  • Das Recht auf Selbstbestimmung
  • Behandlungsfehler und Haftung des Arztes
  • Psychiatrie und Heimunterbringung
  • Gesundheitsakte, Krankengeschichte, Datenschutz

196 Seiten, 14,90 € + Versand

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