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Impfen: Kinder im 1. Lebensjahr - Nutzen und Risiken

Viele gefährliche Infektionskrankheiten haben dank ­Impfungen ihren Schrecken verloren. Das Misstrauen gegenüber Impfungen sitzt bei vielen dennoch tief. Wir analysieren Nutzen und Risiken.

Mit diesem Beitrag beginnen wir eine Serie zum Thema Impfen:

Im ersten Teil unserer Impfserie finden Sie Impfempfehlungen und Steckbriefe zu folgenden Krankheiten:

2 Teilimpfungen:

  • Masern
  • Mumps
  • Röteln

2–3 Teilimpfungen:

  • Rotavirus – Brechdurchfall

2–3 Impfungen + Auffrischung:

  • Pneumokokken

6-fach-Impfung:

  • Tetanus – Wundstarrkrampf
  • Pertussis – Keuchhusten
  • Poliomyelitis – Kinderlähmung
  • Hepatitis B
  • Diphtherie – Krupp
  • Haemophilus influenzae Typ B

Die Impfung zählt zu den wichtigsten Errungen­schaften der Medizin. Infektionskrankheiten, die noch vor nicht allzu langer Zeit häufig den Tod bedeuteten, etwa ­Pocken, Diphtherie oder Wundstarrkrampf (Tetanus), spielen bei uns dank der "künstlichen" ­Immunisierung keine Rolle mehr.

Dennoch stehen viele Menschen einer Impfung misstrauisch gegenüber und es gibt ­Eltern, die ihre Kinder aus Furcht vor Impfschäden und im Glauben, dass die Kinderkrankheit ungefährlich sei, nicht impfen ­lassen. Krankheiten, die man bereits im Griff zu haben glaubte, verbreiten sich plötzlich wieder: Im Jahr 2015 ist es etwa zu einem starken Anstieg der Masernfälle gekommen.

Nebenwirkungen: Fakten und Vermutungen

Fakt ist: Impfstoffe können, wie jedes andere wirksame Medikament auch, Nebenwirkungen haben. Begleiterscheinungen können etwa Fieber, Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle, Müdigkeit oder Übelkeit sein. Extrem selten kann es zu Fieberkrämpfen, Nervenstörungen oder einer Über­reaktionen des Immunsystems bis hin zum allergischen Schock kommen. Dagegen sind Berichte, wonach Allergien, Autismus, Epilepsie, Multiple Sklerose oder der plötzliche Kindstod durch das Impfen verursacht ­werden können, nicht belegt.

Bei Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem (z.B. nach einer Organtransplanta­tion, bei einer HIV-Infektion, einer Chemotherapie etc.) oder bei Personen mit Allergien gegen bestimmte Inhaltstoffe können Impfungen manchmal gar nicht, erst später oder nur unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen verabreicht werden.

Urlaub oder Alltag

Auch wenn die Vorteile von Impfungen ­deren Nachteile bei Weitem überwiegen, bedeutet das noch nicht, dass man alle angebotenen Impfungen tatsächlich durchführen lassen muss. Es kommt auch auf die individuellen Umstände an.

Immunisierungen gegen Tropenkrankheiten wie Gelbfieber etwa machen natürlich nur dann Sinn, wenn man Gegenden bereist, in denen das Virus vorkommt. Wer in der Stadt lebt und kaum ins Grüne fährt, kann Nutzen und Risiko einer Zeckenimpfung abwägen. Anders ist die Sachlage bei gefährlichen ­Erregern, mit denen man im Leben mit hoher Wahrscheinlichkeit konfrontiert ist.

Masern: die Frage ist nur, wann?

Zum Beispiel wird man, wenn man nicht ­gegen Masern geimpft oder immun ist (die Erkrankung also durchgemacht hat), bei der derzeitigen epidemiologischen Situation mit Sicherheit an Masern erkranken; es ist nur die Frage, wann. Die Erkrankung ist keineswegs harmlos. Neben Fieber, Schnupfen und einer Halsentzündung sowie dem typischen Ausschlag kann es z.B. auch zu einer Lungenentzündung und Gehirnentzündung kommen.

Masern können sogar tödlich enden, wie das Beispiel eines Kindes in Berlin Anfang 2015 zeigte. Eine seltene, aber besonders bei Säuglingen und Kleinkindern gefürchtete Spätfolge von Masern ist die "subakut sklerosierende Panenzephalitis", bei der sich Masern­viren im Gehirn einnisten. Diese Erkrankung verläuft nach Jahren immer tödlich.

Herdenimmunität, Impfskepsis

Herdenimmunität

Dass Masern überhaupt noch eine Bedrohung darstellen, ist eigentlich unverständlich und unnötig. Der erste Impfstoff gegen die Kinderkrankheit wurde bereits in den 1960er-Jahren zugelassen. Je höher der Anteil der geimpften Personen in der Bevölkerung, desto niedriger ist das Ansteckungs­risiko. Man gilt als immun, wenn man zwei Masernimpfungen erhalten oder Masern durchgemacht hat. Geimpfte Personen sind nicht nur gegen Masern gefeit, sie können die Viren auch nicht mehr übertragen.

Je mehr Menschen geimpft sind, desto weniger kann sich der Erreger folglich ausbreiten. Ab einer gewissen Durchimpfungsrate geht das Infektionsrisiko gegen null, die Medizin spricht dann von einer Herdenimmunität. Für die hochansteckenden Masern müssten 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Bei Krankheiten wie Mumps und Röteln sind ­bereits 80 bis 85 Prozent ausreichend.

Keine Herdenimmunität möglich ist dagegen bei Krankheiten wie Tetanus. Die Krankheitserreger werden nämlich nicht von Mensch zu Mensch übertragen, sondern über die Umwelt. Hier bietet die Impfung ledig­lich einen zeitlich befristeten Schutz und sie muss regelmäßig aufgefrischt werden.

Zunehmende Impfskepsis

Die WHO hatte die Ausrottung der Masern für 2015 als Ziel ausgegeben, und lange Zeit schien man auch hierzulande auf einem ­guten Weg zu sein. Immer mehr Kinder wurden gegen Masern geimpft, immer weniger Fälle traten auf. 2012 wurden nur mehr 35 Fälle von Masern registriert. Seither steigt die Zahl jedoch. Alleine von Jänner bis Mitte August 2015 wurden 305 Fälle aktenkundig.

Ursache ist, dass es immer wieder Eltern gibt, die sich weigern, ihre Kinder impfen zu lassen. Sie gefährden dadurch nicht nur die Gesundheit ihrer eigenen Kinder, sondern auch die Gesundheit von Personen, für die eine Impfung aus den zuvor genannten Gründen nicht in Frage kommt.

Österreichischer Impfplan

Bei der Auswahl der besprochenen Kinderimpfungen richten wir uns nach dem österreichischen Impfplan. Dieser wird vom Bundesministerium für Gesundheit sowie von Experten des Nationalen Impfgremiums erarbeitet und jährlich aktualisiert. Impfungen gegen die nachfolgend genannten Erkrankungen werden im Rahmen des kostenfreien Impfkonzepts für Kinder gratis zur Verfügung gestellt. Es gibt weitere Impfungen, die empfohlen sind, jedoch nicht im kostenfreien Impfkonzept zur Verfügung gestellt werden.

Masern, Mumps, Röteln

Masern

Der Mensch ist der einzige Wirt. Mit einer Durchimpfungsrate von 95 Prozent mit 2 Teil­impfungen könnten die Masern ausgerottet werden. Masern sind eine hochansteckende, virale Infektionskrankheit. Die Übertragung erfolgt direkt oder über Tröpfchen. Die Inkubationszeit beträgt 8 bis 12 Tage. Erste Anzeichen sind Fieber, Schnupfen, Bindehautentzündung und Kehlkopfentzündung. ­Danach kommt es zu einem Ausschlag, der den ganzen Körper betreffen kann, und zu hohem Fieber. Eine Maserninfektion führt zu einer Schwächung des Immunsystems, dadurch kann es zu einer Superinfektion mit Bakterien kommen. In den Industrienationen tritt dies bei etwa 20 Prozent der Erkrankten ein.

Häufigste Komplikationen sind Durch­fälle. Mittelohrentzündungen und Lungenentzündungen. 1 bis 2 von 1.000 Infizierten erkranken an einer Entzündung des Gehirns, die in einem Viertel aller Fälle tödlich verläuft. Ein Drittel leidet unter bleibenden Schäden. Eine seltene Spätfolge ist eine tödlich endende Gehirnentzündung (subakut sklerosierende Panenzephalitis/SSPE). Eine Infektion mit Masern bedingt eine lebens­lange Immunität.

Die letzte große Masernepidemie trat in Österreich in den 1990er-Jahren auf, danach erkrankten mindestens 16 Kinder an SSPE.

Impfempfehlung: Es sind 2 Impfungen im ­Zuge der Masern-Mumps-Röteln-Impfung ab dem vollendeten 10. Lebensmonat im ­Abstand von mindestens 4 Wochen empfohlen. Danach vermutlich lebenslanger Schutz.

Mumps

Mumps ist eine hochansteckende Viruserkrankung, die meist durch Tröpfchen übertragen wird. Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 4 Wochen zeigt sich meistens eine beidseitige Schwellung der Ohrspeicheldrüsen. Bei 5 bis 10 Prozent aller Infizierten kommt es zu einer Hirnhautentzündung oder einer Entzündung des Gehirns, die z.B. Taubheit zur Folge haben kann. Auch Nebenhoden, Brustdrüsen und Bauchspeicheldrüse können betroffen sein. Bei männlichen Erkrankten kann der Erreger eine schmerzhafte Schwellung und Entzündung der Hoden auslösen, die zur Unfruchtbarkeit führen kann. Bei Mädchen und Frauen kann eine Eierstockentzündung auftreten. An Mumps Erkrankte sind lebenslang immun.

Impfempfehlung: Es sind 2 Impfungen im ­Zuge der Masern-Mumps-Röteln-Impfung ab dem vollendeten 10. Lebensmonat im Abstand von mindestens 4 Wochen empfohlen. Eine hohe Durchimpfungsrate ermöglicht die Ausrottung von Mumps. Sehr lange Schutzdauer, vermutlich lebenslang.

Röteln

Rötelnviren sind sehr ansteckend und ­kommen weltweit vor. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Der Mensch ist die einzige Infektionsquelle. Die Inkubationszeit beträgt 12 bis 14 Tage, wobei es in etwa der Hälfte aller Fälle zu keinen Krankheits­zeichen kommt. Die Erkrankung beginnt zunächst unspezifisch und ähnelt einer starken Verkühlung. Danach treten meist Lymphknotenschwellungen im Nacken und hinter dem Ohr auf. Der Ausschlag beginnt hinter den Ohren und greift auf ­Gesicht, Hals und Rücken über. Eine sehr seltene Komplikation stellt eine Entzündung des ­Gehirns dar, wobei die Häufigkeit und Schwere dieser Komplikation mit dem Alter zunimmt. Bei Erwachsenen, besonders bei jungen Frauen, kann gelegentlich eine Entzündung der Knie- und Fingergelenke auftreten. Gefährlich sind Röteln für schwangere Frauen. Die Viren können auf das ungeborene Kind übertragen werden und den Embryo schwer schädigen. Eine Ansteckung mit ­Röteln bewirkt eine lebenslange Immunität.

Impfempfehlung: Es sind 2 Impfungen im ­Zuge der Masern-Mumps-Röteln-Impfung ab dem vollendeten 10. Lebensmonat im Abstand von mindestens 4 Wochen empfohlen. Eine hohe Durchimpfungsrate ermöglicht die Ausrottung der Erkrankung. Sehr lange Schutzdauer, vermutlich lebenslang.

Impfstoffe: Als Impfstoffe sind Priorix und MMR-Vax-Pro zugelassen. Derzeit kommt im kostenfreien Impfkonzept MMR-Vax-Pro zur Anwendung.

Priorix: Beschriebene Nebenwirkungen: ­Infektionen der oberen Atemwege, Hautausschlag (Impfmasern), Reaktionen an der Injektionsstelle, Fieber. Extrem selten kann es zu einer Gehirnentzündung (Enzephalitis) kommen. Schutzrate 93 bis 100 Prozent.

MMR-Vax-Pro: Beschriebene Neben­wirkungen: Hautausschlag (Impfmasern), Reaktionen an der Injektionsstelle, Fieber. Extrem selten kann es zu einer Gehirnentzündung (Enzephalitis) kommen. Schutzrate 72 bis 99 Prozent.

Rotavirus – Brechdurchfall

Vor Verfügbarkeit der Impfung waren Rotaviren die häufigste Ursache für Brechdurchfall bei Säuglingen und Kleinkindern in Österreich. Die hochansteckenden Viren werden meist über eine Schmierinfektion mittels Hand-zu-Mund-Kontakt übertragen. Das Virus kann auch längere Zeit außerhalb des Körpers überleben, deshalb ist beispielsweise auch eine Übertragung über Lebensmittel möglich. Die Inkubationszeit beträgt bis zu 72 Stunden. Symptome sind Erbrechen und Durchfall, oft begleitet von Fieber und eventuell Ohrenschmerzen. Wird der hohe Flüssigkeits- und Elektrolytverlust nicht ausgeglichen, besteht Lebensgefahr.

Impfempfehlung: Aufgrund der Schwere des Krankheitsverlaufs bei Säuglingen und dem hohen Ansteckungsrisiko wird eine Impfung ab der vollendeten 6. Lebenswoche für alle Säuglinge empfohlen. Der Impfschutz hält mehrere Jahre an.

Impfstoffe: Als Impfstoffe sind die Lebend­impfstoffe Rotarix und Rotateq zugelassen. Derzeit kommt im kostenfreien Impfkonzept Rotateq zur Anwendung.

Rotarix: Schluckimpfung, 2 Dosen im Abstand von 4 Wochen. Impfung sollte im Alter von 24 Wochen abgeschlossen sein. Anwendung auch bei Frühgeborenen möglich.

Nebenwirkungen: Durchfall, Reizbarkeit.

Schutzrate: > 70 Prozent vor Rota-Durch­fällen, > 90 Prozent vor schweren Brechdurchfällen

Rotateq: Schluckimpfung, 3 Dosen im Abstand von 4 Wochen. Erste Dosis zwischen 7. und 12. Lebenswoche. Impfung sollte im ­Alter von 34 Wochen abgeschlossen sein. Bei Frühgeburt nicht vor der 6. Woche verab­reichen und Atmung überwachen.

Nebenwirkungen: Fieber, Durchfall, Erbrechen, Atemwegsinfektionen, Ausschlag. Bei unreifen Frühgeborenen kann es zu Atemstillstand und Invagination (Darmein­stülpung) kommen.

Schutzrate: > 70 Prozent vor Rota-Durch­fällen und > 90 Prozent vor schweren Brechdurchfällen

Pneumokokken

Auch gesunde Personen können Träger von Pneumokokken sein. Beim gesunden Menschen hat das Immunsystem die haupt­säch­lich die Schleimhaut des Nasen-Rachen-­Raumes besiedelnden Bakterien im Griff. Gefähr­lich ist eine Infektion für Säuglinge und Kleinkinder. Hier können die Erreger Lungen- und Mittelohrentzündung, Blutvergiftung oder Hirnhautentzündung (Meningitis) auslösen. Von 57 österreichischen ­Kindern, die zwischen 2001 und 2008 eine Pneumokokkenmeningitis entwickelten, starben 5, bei 16 anderen traten neurologische Spätschäden auf.

Impfempfehlung: Die Impfung wird im 3., 5. und 12. Lebensmonat empfohlen. Bei ­Kindern mit Wachstumsstörungen, neurologischen Erkrankungen, angeborenen oder erworbenen Immundefekten, Funktionsstörungen der Milz sowie chronischen Erkrankungen ist ein Impfschutz besonders wichtig, da diese Kinder ein erhöhtes Krankheitsrisiko haben bzw. ein hohes Risiko für einen ­schweren Krankheitsverlauf. Die Dauer des Impfschutzes beträgt mehrere Jahre, sodass man mindestens während der heiklen Phase als Säugling und Kleinkind geschützt ist.

Impfstoffe: Als Impfstoffe sind Prevenar13 und Synflorix zugelassen. Derzeit kommt im kostenfreien Impfkonzept Synflorix zur ­Anwendung.

Prevenar 13: 2 bis 3 Impfungen und eine Auffrischung, wobei die Erstinjektion ab einem Alter von 6 Wochen erfolgen kann. Dieser Impfstoff deckt die häufigsten 13 Serotypen von Pneumokokken in dieser Alters­gruppe ab.

Beschriebene Nebenwirkungen: Reaktionen an der Impfstelle, Fieber, Reizbarkeit, Appetit­losigkeit, vermehrter oder verminderter Schlaf.

Synflorix: 2 bis 3 Impfungen und ­eine Auf­frischung, wobei die Erstinjektion ab einem Alter von 6 Wochen erfolgen kann. Dieser Impfstoff deckt mindestens die häufigsten 10 Serotypen von Pneumokokken in dieser Altersgruppe ab.

Beschriebene Nebenwirkungen: Reaktionen an der Impfstelle, Fieber, Reizbarkeit, Appetit­losigkeit, Schläfrigkeit.

Schutzrate: Die Schutzrate der beiden Impfstoffe ist abhängig von der jeweiligen epidemiologischen Situation und kann nicht ­genau angegeben werden.

Tetanus, Diphtherie, Hepatitis B, Keuchhusten, Kinderlähmung, Haemophilus influenzae Typ B

Diphtherie – Krupp

Meldepflichtige bakterielle Erkrankung. Symptome: lokale Infektion (Nase, Rachen, Kehlkopf mit weißlichen Belägen) mit Halsschmerzen und Schluckbeschwerden. In schweren Fällen kommt es zu Herzmuskelentzündung, Lähmung verschiedener Hirnnerven, Schlucklähmung, Lungenentzündung oder Nierenversagen. Nicht selten wird die Erkrankung von Bauch- und Gliederschmerzen begleitet. 5 bis 20 Prozent der Erkrankten sterben.

Impfempfehlung: Die Impfung wird im Zuge der 6-fach-Impfung im 3., 5. und 12. Lebensmonat empfohlen. Eine Impfung wird zum Individualschutz empfohlen. Die Impfung muss regelmäßig, entsprechend den Empfehlungen, aufgefrischt werden.

Haemophilus influenzae Typ B

Haemophilus influenzae Typ B war vor Einführung der Impfung der häufigste Erreger der eitrigen Meningitis bei Kindern unter fünf Jahren in Österreich. Das Bakterium kann auch Entzündungen in Kehldeckel, Mittel­ohr, Lungen, Gelenken, Knochenmark, Herzbeutel oder tieferen Hautschichten auslösen. Die Erreger werden durch Tröpfcheninfektion übertragen. Man kann selbst mit dem Bakterium besiedelt sein, ohne Krankheitssymptome aufzuweisen, und so zu einer Weiterverbreitung beitragen.

Impfempfehlung: Die Impfung wird im Zuge der 6-fach-Impfung im 3., 5. und 12. Lebensmonat empfohlen. Mit der Einführung der Impfung in Österreich ist die Krankheit nahezu verschwunden (davor war eines von 420 Kindern betroffen). Da eine Ansteckung durch gesunde Keimträger erfolgen kann, ist die Impfung weiter wichtig. Der Impfschutz hält 3 bis 5 Jahre an, bei älteren Kindern ist das Risiko für Haemophilus-­Erkrankungen gering.

Hepatitis B

Das hochinfektiöse Virus wird vorrangig über Blut und Sexualkontakte übertragen und kann auch während der Schwangerschaft/Geburt auf das Kind übertragen ­werden. Hepatitis-B-Infektionen verlaufen anfangs oft asymptomatisch und gerade bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern ist das Risiko einer chronischen Infektion mit dem Hepatitis B Virus sehr hoch. Im Erwachsenenalter entwickelt sich nach einer Inkubationszeit von bis zu sechs Monaten bei einem Drittel der Infizierten eine akute Hepatitis mit Gelbsucht (Ikterus).

Erste Symptome sind Appetitlosigkeit, Abneigung gegen bestimmte Lebensmittel, Übelkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie leichtes Fieber. Während einer zweiten Krankheitsphase kommt es zur typischen gelben Verfärbung von Haut, Schleimhäuten und Augen. ­Weitere Symptome sind auffallend heller Stuhl und dunkler Urin. Die akute Hepatitis B kann auch lebensbedrohlich sein.

Von einer chronischen Hepatitis spricht man, wenn sechs Monate nach einer akuten Entzündung das Hepatitis-B-Virus immer noch nicht aus dem Körper eliminiert werden konnte. Chronische Hepatitis B ist einer der häufigsten Gründe für Leberzirrhose und Leberkrebs und für 60 bis 80 Prozent der primären Leberkarzinome verantwortlich. In Österreich ­leben etwa 42.000 chronisch kranke oder das Virus tragende Personen.

Impfempfehlung: Die Impfung wird im Zuge der 6-fach-Impfung im 3., 5. und 12. Lebensmonat empfohlen, eine Auffrischungs­impfung soll im Schulalter erfolgen.

Pertussis – Keuchhusten

Keuchhusten ist eine hochansteckende und anzeigepflichtige bakterielle Infektionskrankheit. Die Krankheit durchläuft meist drei Stadien. Zunächst treten Schnupfen, uncharakteristischer Husten und mäßiges ­Fieber auf. Dies kann sich über ein bis zwei Wochen hinziehen und man ist hoch­infektiös. Im zweiten Stadium kommt es zu heftigen Hustenanfällen bis zum Rot- oder Blau­werden des Kindes, oft begleitet von Erbrechen und ziehendem Einatmungs­geräusch (Dauer mehrere Wochen). Im ­letzten Stadium werden die Anfälle seltener, können aber noch wochen- bis monatelang auftreten. Vor allem im Säuglingsalter besteht die Gefahr von Atemstillständen. Weitere Komplikationen der Erkrankung sind Lungenentzündungen, Krampfanfälle und Gehirnentzündungen. Bei Erwachsenen äußert sich Keuch­husten oft als wochenlang andauernder, hartnäckiger Husten mit unangenehmen nächtlichen Hustenattacken. Weltweit wird eine Zunahme der Keuchhustenfälle beobachtet. In Österreich wurden im Jahr 2013 580 Fälle von Keuchhusten gemeldet. Der Erreger ist schwer nachweisbar, die Dunkelziffer daher deutlich höher.

Impfempfehlung: Die Impfung wird im Zuge der 6-fach-Impfung im 3., 5. und 12. Lebensmonat empfohlen. Keuchhusten ist in Österreich nicht ausgerottet und stellt ­besonders für junge Säuglinge eine ernst zu nehmende Bedrohung dar. Die Impfung soll regelmäßig entsprechend der Empfehlungen aufgefrischt werden.

Poliomyelitis – Kinderlähmung

Das Polio-Virus ist hochansteckend. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral. Ein Großteil der Infektionen verläuft ohne dass sich ­Symptome zeigen. Wenn die Krankheit ausbricht, sind völlig unterschiedliche Verläufe möglich.

1) Leichtes Fieber mit ein bis zwei Tage andauernden Kopf- und Halsschmerzen und eventuell leichtem Durchfall.

2) Gehirn- bzw. Gehirnhautentzündung mit Fieber, Hals und Rachenentzündung, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, aber ohne Lähmungserscheinungen.

3) Gehirn- bzw. Gehirnhautentzündung mit Lähmungserscheinungen an Armen und Beinen, Hirnnervenausfälle bis hin zur Atemlähmung. Zudem können Krämpfe, hohes Fieber und Bewusstseinstrübungen auftreten, es kann zum Tod kommen. Sehr häufig sind bleibende Spätschäden.

Impfempfehlung: Die Impfung wird im Zuge der 6-fach-Impfung im 3., 5. und 12. Lebensmonat empfohlen. Die Impfung soll regel­mäßig entsprechend den Empfeh­lungen aufgefrischt werden.

Tetanus – Wundstarrkrampf

Der Erreger (Clostridium tetani) kommt weltweit vor. Die Sporen finden sich im Boden (Erde, Staub), Holz und besonders in der Umgebung von Nutztieren (Ausscheidungen). Die Infektion erfolgt über Wunden; oft sind es kleinste Bagatellverletzungen wie z.B. ein Stich an einem Rosendorn. Nach einer Inkubationszeit von 4 bis 14 Tagen treten unspezifische Symptome auf, danach kommt es zu Krämpfen der Muskulatur. Lähmungen der Atemmuskulatur können zum Tod führen. In Österreich traten in den letzten 5 Jahren jährlich 2 bis 10 Fälle auf, etwa die Hälfte davon mit tödlichem Ausgang.

Impfempfehlung: Die Impfung wird im Zuge der 6-fach-Impfung im 3., 5. und 12. Lebensmonat empfohlen. Eine Impfung ­gegen ­Tetanus ist unbedingt sinnvoll. Der Erreger kommt überall im Boden vor. Die Impfung soll regelmäßig entsprechend den Empfehlungen aufgefrischt werden. Ist die Krankheit noch nicht ausgebrochen, so ist eine rechtzeitige Impfung nach einer Ver­letzung möglich.

Impfstoffe: Im Säuglings- und Kleinkind­alter wird mit einem 6-fach-Impfstoff im 3. 5. und 12. Lebensmonat geimpft. Zugelassen sind die Impfstoffe Infanrix Hexa und ­Hexyon. Derzeit kommt im kostenfreien Impfkonzept Infanrix Hexa zur Anwendung. Hexyon wird auf dem österreichischen Markt derzeit nicht vertrieben.

Beschriebene Nebenwirkungen sind Appetit­verlust, Reizbarkeit, Erregbarkeit, Unruhe, häufiges Schreien, Durchfall, Erbrechen, ­Fieber, Schwellungen an der Injektionsstelle, Mattigkeit, Schmerzen, Rötungen. Sehr selten sind: Paralysen, Neuropathie, Guillain-Barré-Syndrom, Enzephalitis und Meningitis.

Schutzrate: gegen Diphtherie und Tetanus nahe 100 Prozent, gegen die anderen Erkrankungen zwischen 93,5 und 100 Prozent, im Mittel bei 98,8 Prozent.

Aktive und passive Impfung

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einer aktiven und einer passiven Impfung/Immunisierung.

Bei der aktiven Immunisierung werden dem Körper Antigene zugeführt. Antigene sind Proteine, auf welche der Körper eine Immunreaktion bildet. Die Antigene/Erreger sind dabei so modifiziert (z.B. abgetötet), dass sie die Krankheit nicht mehr auslösen können; teilweise werden nur Teile oder inaktivierte Gifte es Erregers verabreicht, abhängig von der Impfung. Das Immunsystem reagiert darauf dennoch wie bei einer normalen Infektion mit der Bildung von Antikörpern.

Kommt es später zu einer Infektion mit dem intakten Erreger, wird dieser erkannt und viel schneller und effektiver bekämpft als beim Erstkontakt. Der Schutz nach einer aktiven Immunisierung ist hoch effektiv und lang anhaltend, das Ausbrechen der Erkrankung wird verhindert.

Bei der passiven Immunisierung werden dem Patienten direkt Antikörper verabreicht. Diese werden jedoch im Laufe der Zeit abgebaut, daher ist ein Schutz auch nur über eine bestimmte Zeit gegeben.
 

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