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VKI klagt AWD: die ersten 125 Geschädigten - System AWD am Prüfstand der Gerichte

Eine erste Sammelklage für 125 Geschädigte hat der Verein für Konsumenteninformation (VKI) am 30. Juni 2009 eingebracht. Gesamtstreitwert dieser ersten Sammelklage: rund zwei Millionen Euro.

Systematische Falschberatung

„Wir haben dem AWD Monate lang Zeit gegeben für eine außergerichtliche Lösung, wir haben selbst Vorschläge dafür gemacht, weil wir wollen, dass die Geschädigten rasch zu ihrem Recht kommen", sagte Dr. Peter Kolba, Leiter der Rechtsabteilung des VKI. „Der AWD hat aber nur Scheinverhandlungen geführt und auf Zeit gespielt. Jetzt entscheiden die Gerichte."

Der Vorwurf an den AWD: Systematische Falschberatung beim Vertrieb von Aktien der Immofinanz und der Immoeast. Diese Immobilienaktien wurden konservativen SparerInnen systematisch als „sicher", „so sicher wie ein Sparbuch", sogar als „mündelsicher" verkauft. Die Folge: Tausende haben durch diese falsche Beratung falsche Produkte gekauft, dafür viel Geld gezahlt und nach den Kursverlusten ab Frühjahr 2007 teilweise ihre gesamten Ersparnisse verloren.

„Die Sparer wollten ihr Vermögen absolut sicher anlegen", sagt Dr. Kolba, „diese Immobilienaktien wurden den Leuten von den AWD BeraterInnen regelrecht aufgeschwatzt. In den meisten Fällen waren diese BeraterInnen ja KollegInnen oder gute Bekannte."

Rund 40 Millionen Euro Gesamtschaden

Der VKI, der im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gemeinsam mit dem deutschen Prozessfinanzierer FORIS klagt, verlangt vom AWD einen Verjährungsverzicht für alle rund 2.500 Fälle. Sollte der AWD das ablehnen, kündigen FORIS und der VKI weitere Sammelklagen an.

Bis Ende Februar haben sich beim VKI 6.500 Personen gemeldet, die sich durch AWD BeraterInnen geschädigt fühlen. Geschätzter Gesamtschaden: rund 60 Millionen Euro. Bis Ende März haben sich rund 2.500 Personen gemeldet, die sich an der Sammelklagen-Aktion des VKI beteiligen. Ihr Gesamtschaden: rund 40 Millionen Euro. Kolba: „Und für diesen Schaden machen wir den AWD haftbar."

Konkrete Vorwürfe

Der VKI erhebt nach genauer Prüfung tausender Beschwerden, fünf konkrete Vorwürfe gegen den AWD:

  1. Inländisch:AWD-BeraterInnen haben die Immofinanz-Aktien als „inländischen Investmentfonds" angepriesen.
  2. Mündelsicher:AWD-BeraterInnen haben die Immofinanz-Aktien als „mündelsicher" bezeichnet, und das ohne eine entsprechende Streuung des Vermögens oder ein sachgerechtes Management des Portfolios.
  3. Provisionen:AWD-ManagerInnen haben ihre BeraterInnen angetrieben, Immofinanz-Aktien bevorzugt zu verkaufen. Hohe Abschlussprovisionen und auch Bestandsprovisionen waren zusätzliche Motivation.
  4. Strukturvertrieb:Der AWD ist ein „Strukturvertrieb". Dieser baut darauf auf, dass sich immer neue (oft auch völlig branchenfremde) BeraterInnen finden, die als BeraterInnen losziehen. Dabei werden in erster Linie zuerst die eigenen Verwandten und Bekannten „abgegrast" und beworben. Ziel: Der Verkauf von Produkten bzw. die Anwerbung neuer BeraterInnen.
  5. Gesprächsnotiz:Nach außen legt das „System AWD" Wert auf Korrektheit. So werden die BeraterInnen offiziell dazu angehalten, alle KundInnen eine sogenannte Gesprächsnotiz unterzeichnen zu lassen. In dieser finden sich im Kleindruck Risikohinweise und Bestätigungen des Kunden, korrekt belehrt worden zu sein. Die Wirklichkeit sah anders aus: Tausende KundInnen geben an, dass der Berater diese Gesprächsnotiz selbst ausgefüllt habe, keineswegs auf die darin enthaltenen Risikohinweise aufmerksam machte und die Unterschrift des Kunden als „Formalität" abtat.

Außergerichtliche Lösung angeboten

Der VKI hat dem AWD mehrfach angeboten, den Streit außergerichtlich zu lösen. Der AWD hat jedoch nur gebetsmühlenartig wiederholt, jeden Einzelfall prüfen zu wollen. Dort wo er dazu die Chance hatte, hat der AWD jedoch in aller Regel Beratungsfehler bestritten und Entschädigungen abgelehnt. Nur in Ausnahmefällen gab es – als Sozialleistung motivierte – Angebote. Daher hat der VKI jetzt geklagt.

Verjährungsverzicht abgeben

Der VKI nimmt den AWD aber beim Wort ("Wir werden jeden Fall prüfen…") und fordert den AWD auf, für alle rund 2.500 Fälle bis zur rechtskräftigen Entscheidung der ersten Sammelklage jedenfalls einen Verjährungsverzicht abzugeben. Der Vorteil: Die Streitfragen können exemplarisch gerichtlich geklärt werden, die Gerichte werden aber nicht mit tausenden Fällen überlastet. "Lehnt der AWD dies ab, dann wird klar, dass er nur darauf setzt, sich in die Verjährung der Ansprüche zu flüchten", sagt Prof. Dr. Ulrich Tödtmann, Vorstand der FORIS AG und kündigt an, "in diesem Fall werden wir dem VKI weitere Sammelklagen finanzieren."

Weitere Infos finden Sie in den Downloads und unter www.verbraucherrecht.at  ebenso wie Beispiele einzelner AWD-Geschädigter, Beweise für die erhobenen Vorwürfe, eine Chronologie der Ereignisse und Informationen darüber, wie eine Sammelklage nach österreichischem Recht funktioniert.

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