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Sparbuchzinsen - Vergebliches Feilschen

Täglich fällige Sparbücher werden von den Banken nur mehr mit niedrigsten Zinsen vergeben. Lieber will man dem Sparer eine Anlagekarte anbieten.
Brachte das gute alte Sparbuch bis vor drei Jahren noch bei kürzeren Veranlagungen mit gutem Zinssatz mitunter mehr als Wertpapiere mit hoher Spesenbelastung, so wird der Kunde heute eines Besseren belehrt. Es scheint, als ob sich die heimischen Kreditinstitute abgesprochen hätten, denn sie rühren allesamt die Werbetrommel für das „Sparen mit Karte und Code“: Unter dem Motto „Mobilität, Flexibilität und Bequemlichkeit“ (Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien) werden die Sparer animiert, das kleine Scheckkartenformat dem bewährten Sparbuch vorzuziehen. Davon profitiert in erster Linie die Bank, denn durch die Selbstbedienung an den Geldausgabeautomaten entstehen für die Kunden in den Filialen kürzere Wartezeiten – was die Schalterkräfte in der Bank entlastet und den bargeldlosen Zahlungsverkehr forciert. Weiters verweisen die Kreditinstitute allesamt auf die attraktiven Zinsen der Anlagekarten, die sich zwischen einem und drei Prozent bewegen. Bei täglich fälligen Sparbüchern betrug der Zinssatz zum Zeitpunkt der Recherchen 0,5 bis ein Prozent, Tendenz leicht steigend. Spesen fallen beim Sparbuch keine an, bei der Sparcard schon, und diese können „laufend angepasst werden“.

Vertrauliche Gespräche

Eine „Konsument“-Mitarbeiterin machte die Probe aufs Exempel: In Wiener Filialen der größten Institute wollte sie ein täglich fälliges Sparbuch eröffnen. Sie hatte es nicht leicht…

Erfahrung Nummer eins: Solche doch als „vertraulich“ einzustufenden Gespräche werden in den allermeisten Fällen direkt am Schalter geführt. Hinter einem steht eine Schlange wartender Kunden, und auch die sollen noch rasch beraten werden. Meist wird der Sparer also heutzutage mit einem Prospekt abgefertigt. „Lesen Sie sich das durch, und kommen Sie dann wieder. Mehr kann ich Ihnen auch nicht dazu sagen“, war der einhellige Tenor in den meisten Banken.

So bei unseren Recherchen etwa geschehen in der Creditanstalt nächst der Staatsoper. Unsere „Kundin“ will ein täglich fälliges Sparbuch mit einem Betrag in Höhe von 50.000 Schilling eröffnen. „Im Köcher“ hat sie aber insgesamt 150.000 Schilling, sozusagen als Lockmittel. Die Bank ist eindeutig zu klein, um ein ungestörtes Beratungsgespräch zu führen. Der für das Privatkundengeschäft zuständige Bankbeamte nimmt sich genau zwei Minuten Zeit, händigt einen Prospekt aus, empfiehlt eine CA-Erfolgscard und „Auf Wiedersehen“. Zu einer „Verhandlungssituation“ kam es hier ebenso wenig wie in sechs anderen (von insgesamt zehn besuchten) Instituten.

Möchten Sie nicht eine Karte?

Auch in einer Filiale der Bank Austria im 4. Wiener Gemeindebezirk ist es nicht viel anders. „Mehr Bank – mehr Chancen“ steht auf dem ausgefolgten Prospekt. Eine „Chance“ hat unsere Versuchsperson nicht; auch hier wird eine Anlagekarte, die „Bank Austria PlusCard“, vorgeschlagen, die Wünsche der Kundin werden nicht angehört.

Bei einer Zweigstelle der BAWAG im 5. Bezirk bietet die Schalterkraft immerhin 0,75 Prozent für ein täglich fälliges Sparbuch an. Aber noch besser sei das Euro-Sparbuch, auf fünf Jahre gebunden: Da erhält der brave Sparer dann 4,5 Prozent. Dem Wunsch der Sparerin entspricht dieses Angebot jedoch nicht. Man möge sich doch „binden“, lautet die Empfehlung.

Die P.S.K. am Georg-Coch- Platz liegt im Herzen von Wien. Hier will man uns auch nur 0,5 Prozent bieten. Die Dame am Schalter offeriert auch noch eine dreimonatige Bindung mit zwei Prozent, obwohl sich herausstellt, dass in einem aufliegenden P.S.K.-Prospekt dieselbe Bindung sogar 2,25 Prozent wert ist. Der Kundeneinwand „Aber hier steht doch 2,25 Prozent…“ wird quittiert mit: „Na ja, Sie wollten ja sowieso nur ein täglich fälliges Sparbuch.“

Nächste Station ist die Niederösterreichische Landes-Hypothekenbank in der Wipplingerstraße: Dort ist zwar für den Sparer sehr viel Platz, das Bankinstitut sehr weitläufig. Man kann bei der Beraterin sogar Platz nehmen, doch leider: 0,5 Prozent sind ihr letztes Wort.

Weiter zur Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien auf die Wiedner Hauptstraße: auch hier nur 0,5 Prozent. Die Anlagecard würde 2,5 Prozent ermöglichen. Mehr ist angeblich nicht drin.

Ein 500.000-Schilling-Depot

Noch ein Erlebnis: Bei einer der nobelsten Bankadressen in Wien, der SKWB Schoellerbank in der Renngasse, erklärt man, dass nach einem Depot von 500.000 Schilling locker 3,25 Prozent „drinnen wären“. Doch leider: Unsere Kundin hatte von anderen Summen gesprochen…

Weiter zur Volksbank im 4. Bezirk. Und hier passiert Bemerkenswertes: Der Schalterbeamte bedauert, er könne nur ein Prozent geben und nicht mehr. Er hätte jedoch schon von Kunden gehört, dass „man bei der Oberbank handeln könne“. Unsere Sparerin staunt: Ist das Kundenservice? Da macht doch tatsächlich eine Bank für die andere Werbung. Der Tipp ist gut gemeint, wie ein umgehender Besuch bei der Oberbank zeigt. Dort ist man perplex über die Aussage des Kollegen von der Konkurrenz. Geboten werden bei einer sechsmonatigen Bindung statt 1,8 Prozent 3,5 Prozent, und das auch nur bei 150.000 Schilling Einlage. Für „täglich fällig“ lautet das Angebot auf lediglich 0,75 Prozent.

Letzte Station: Die Erste Bank am Graben schließlich bietet zwar nur 0,5 Prozent beim täglich fälligen Sparbuch an, versichert jedoch, dass „sich sicher noch etwas machen ließe“, sollten wirklich 150.000 Schilling auf das Sparbuch gelegt werden. Doch Fehlanzeige: Bei einem weiteren Besuch in dieser Filiale erfahren wir von der Privatkundenbetreuerin, es sei doch nichts zu machen. Aber da gäbe es doch die „ProfitCard“, und auf die gibt es zwei Prozent anstelle von einem. Eine Empfehlung, die unserer Mitarbeiterin nun schon sehr bekannt vorkommt…

Für Geld, das jederzeit verfügbar sein sollte, bieten sich Sparbücher ohne Bindungs- und Kündigungsfrist an – früher auch als „Eckzins-Sparbuch“ bezeichnet. Der Kunde kann rasch auf sein Geld zugreifen, erhält dafür aber nur eine niedrigere Verzinsung. Bei höheren Einlagen geben die Banken etwas höhere Zinsen; Sie müssen aber verhandeln. Kleinere Institute locken immer wieder mit deutlich höheren Angeboten. Wer diese kennt, verbessert seine Verhandlungsposition normalerweise auch bei den großen Banken. Der Zinssatz von täglich fälligen Sparbüchern kann sich ändern, ohne dass Sie davon erfahren. Zinssatzerhöhungen werden nicht „automatisch“ weitergegeben.

Tipp: Informieren Sie sich regelmäßig über die aktuellen Konditionen Ihres Sparbuchs und über Konkurrenzangebote – nur mit diesem Wissen sichern Sie sich auf Dauer gute Zinsen.

Wer weniger Wert auf Service und persönliche Ansprache legt, kann als Alternative zum klassischen Sparbuch auf eine Spar-Card zurückgreifen. Das sind Sparbücher in Form einer Kreditkarte. Sie sind für täglich fälliges Geld gedacht und sollen vorwiegend an den Automaten in den Selbstbedienungsfoyers der Banken eingesetzt werden. Für die Banken bedeutet das Einsparungen beim Personal und für die Kunden etwas höhere Sparzinsen.

Sie erfüllen dieselbe Funktion wie ein Sparbuch. Ein- und Auszahlungen sind mit Cards auch am Kassenschalter der jeweiligen Bank möglich, dafür fallen aber unter Umständen Gebühren an, die den Zinsgewinn deutlich verringern können.

Tipp: Geeignet sind sie dann, wenn Sie täglich fälliges Geld mittels Dauerauftrag vom Gehalts- oder Pensionskonto ansparen und wirklich fast ausschließlich vom Sparautomaten beheben wollen.

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