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Haltbarkeit von Milch - Wochenlang frisch

  • Geruch und Geschmack weitgehend in Ordnung
  • Fast jede fünfte mit Hygienemangel
  • Viele Produkte sind falsch bezeichnet

Blümchen, Kühe, Wiesen

Weiße Päckchen mit blauer Schrift, Blümchen, Kühe: Hält man im Lebensmittelhandel Ausschau nach Milch, findet man eine Unzahl an hübsch verpackten Produkten. Die Bandbreite reicht da von der Vollmilch über Kinder-Frischmilch, Halbfettmilch, Bio-Vollmilch bis zur länger haltbaren Frühstücksmilch. Die Österreicher konsumieren immerhin 80 Liter pro Kopf und Jahr.

51 Produkte untersucht

Ob der Inhalt der Packungen aber tatsächlich immer so köstlich und so lange frisch ist wie angegeben, haben wir bei 51 verschiedenen Milchsorten untersucht. Beruhigendes gleich vorweg: Neben ein paar Ausreißern ist die Hälfte der Produkte als „sehr gut“ oder „gut“ zu bezeichnen. Unter die Lupe nahmen unsere Tester 34 klassische Vollmilch-Sorten und 17 „neuartige“ Produkte. Darunter auch solche, die nach dem ESL-Verfahren zur Haltbarmachung behandelt wurden. ESL bedeutet Extended Shelf Life, also ein verlängertes Regalleben. Das Verfahren kommt aus den USA, wo ESL-Milch ein Renner ist.

Problematische Keimzahl

Alle Proben waren erfreulicherweise frei von Krankheitserregern. Die Keimzahl war jedoch fallweise zu hoch. Es gibt dafür zwar keine Grenz- und Schwellenwerte (die gelten lediglich für Rohmilch direkt vom bäuerlichen Betrieb). Doch auch in der Molkereimilch wachsen Keime, besonders auf dem Transport in den Handel und im Geschäftsregal, wenn nicht auf ausreichende Kühlung geachtet wird. Bei neun Produkten war die mikrobiologische Probe hygienisch nicht einwandfrei, die Milch also nicht mehr so frisch, wie es auf der Verpackung versprochen wird (zwei von Mibell – die Vollmilch und die frische fettarme Milch, Bio+ Frische Vollmilch, die neue Vollmilch Südburgenland, Clever Frische Vollmilch, zwei aus dem Hause NÖM – die Vollmilch und die frische Vollmilch, Almliesls Frische Vollmilch und Milk fit Frische Milch + Alpha-8-Komplex).

Zusätze wie Inulin, Weißdorn und Calcium

Weniger zufrieden waren die Tester auch mit Geruch und Geschmack der Milk fit Frische Milch + Alpha-8-Komplex. So klangvoll der Name, so reich auch die Palette an Zusätzen: Inulin, Weißdornextrakt und Calcium. Das Produkt fiel nicht nur geschmacklich bei den Testern durch – einige stuften es gar als verdorben ein. Das wundert nicht, denn die Keimzahl war am Ende der Mindesthaltbarkeit sehr hoch. Darüber hinaus wird das Produkt als „lactosefrei“ beworben. Die Untersuchung ergab jedoch einen Lactosewert von 0,29 Prozent sowie einen Galactosegehalt von 2,48 Prozent. Das ist schlimm für jene, die Lactose (Milchzucker) nicht vertragen, denn schon geringe Mengen davon können bei ihnen zu Verdauungsproblemen führen.

Bei der Täglich Waldviertel Frischmilch muss man aufgrund der chemischen Reaktion vermuten, dass das Produkt hocherhitzt wurde und dass es sich nicht – wie auf der Packung angegeben – um pasteurisierte Milch handelt.

Verwässert oder entrahmt

Auch bei der Angabe des Fettgehalts haben wir Abweichungen festgestellt. Bei Ja! Natürlich Halbfett Milch wurde ein Anteil von 1,45 Prozent Fett analysiert – angeführt sind jedoch 1,6 Prozent. Bei der Stainzer Fettarmen Milch verspricht die Packung 1,5 Prozent, vorhanden waren jedoch nur 1,35. Diese Unterschiede sind laut Lebensmittel-Codex zu groß, um als Bagatellen durchzugehen. Als teilentrahmte oder fettarme Milch darf nur jene bezeichnet werden, bei der der Fettgehalt zwischen 1,5 und 1,8 Prozent liegt.

Einen wesentlichen Hinweis auf die Qualität der Milch liefert der Gefrierpunkt. Eine gesetzliche Regelung gibt es nicht. Laut den AMA-Gütesiegel-Vorschriften sollte er unter minus 0,517 Grad Celsius liegen. Ist er jedoch näher zu 0 Grad Celsius, kann das ein Hinweis auf Verwässerung sein. Bei der Natur Aktiv Bio Vollmilch, der Bio vom Berg Bio Milch, zwei aus dem Zillertal (Leichtmilch und Frischmilch), der NÖM Vollmilch, der Waldviertler Bio Frischmilch, der Almsana Leichtmilch und der Mibell Vollmilch liegt der Gefrierpunkt näher bei 0 Grad Celsius. Das legt den Verdacht nahe, dass hier die Milch gewässert wurde.

Nur ein Drittel erreichte das Spitzenfeld

Mangelnde Sorgfalt auf dem Weg vom Stall zum Verbraucher schlägt sich im Geschmack der Milch nieder. Nur ein knappes Drittel der getesteten Produkte konnte bei unserer Verkostung das Spitzenfeld erreichen, darunter viele Bio-Produkte. Die Testpersonen sollten außerdem vermerken, ob sie eine Milch für fettarm hielten. Stark fettreduzierte Milch wurde großteils erkannt, auch Vollmilch schmeckten viele schon beim ersten Schluck. Lediglich Halbfett-Produkte konnten unsere Test-Milchtrinker täuschen, denn nur die Hälfte von ihnen kam drauf, was im Packerl war.

Fett sorgt für Geschmack

Wer kalorienbewusst lebt, sollte zu teilentrahmter Milch greifen – ihr Fettgehalt liegt zwischen 1,5 und 1,8 Prozent. Damit spart man bei einem halben Liter rund 10 Gramm Fett. Zum Vergleich: Die Tageszufuhr an Fett sollte bei Frauen rund 60 Gramm nicht überschreiten.

Die Tester gaben auch noch an, ob sie bei der Milch einen Kochgeschmack feststellten. Bei 5 von 8 Vertretern der hocherhitzten Produkte war das der Fall. Doch die längere Haltbarkeit ist ihr großes Plus, und wer es schätzt, einen Milchvorrat im Haus zu haben, den wird der Beigeschmack sicherlich nicht stören.

Milch und Gentechnik

  • Das Etikett „frei von Gentechnik“ dürfen Lebensmittel führen, bei deren Erzeugung keine Gentechnik im Spiel war. Das würde zwar auch für Bio-Produkte gelten, doch der Einsatz von Gentechnik ist im Bio-Landbau ohnehin verboten. Werbung mit dem Hinweis auf Gentechnikfreiheit sollte also unterlassen werden, handelt es sich doch um etwas Selbstverständliches.
  • Ausnahme Tiroler Vollmilch . Sie wird auf konventionellem Weg erzeugt. Um das Zeichen führen zu dürfen, muss der Hersteller viele Auflagen auf sich nehmen. Unter anderem muss er im Zuge einer so genannten Warenstromkontrolle belegen, dass das Tierfutter aus gentechnikfreier Landwirtschaft stammt.

Wie hocherhitzte oder ESL-Milch hergestellt wird

Milch wird auf 75 bis 80 Grad vorerhitzt, dann mittels Dampfinjektion auf 127 Grad erhitzt. Danach erfolgt eine Entspannungskühlung, bei der die zugeführte Wassermenge wieder entzogen wird. Im Anschluss wird die Milch homogenisiert und mittels Eiswasser auf 4 Grad abgekühlt. ESL-Milch ist 12 bis 21 Tage lagerbar.

Verwirrende Vielfalt

Milch wird erhitzt, um sie keimfrei und haltbar zu machen.

ABC der Haltbarkeit . Normale (pasteurisierte) Milch hält nur bis zu sechs Tage. Vielerorts ist H-Milch – oder die ultrahocherhitzte, wie sie mit vollem Namen heißt – auf dem Vormarsch, weil sie ungekühlt bis zu drei Monate haltbar bleibt; ihr Nährstoffgehalt ist etwas geringer. Stören kann ein leichter Kochgeschmack, vor allem, wenn man sie kalt trinkt. Als Alternative bietet sich die neue hocherhitzte (ESL-)Variante an. Diese Milch bleibt gut gekühlt zirka drei Wochen haltbar, sie ist etwas teurer als Vollmilch. In Österreich hat sie in kürzester Zeit bereits fünf Prozent des Marktes erobert. Man erkennt sie im Kühlregal nur an der langen Ablauffrist beziehungsweise entsprechenden Hinweisen im Kleingedruckten.

Die Fettstufen . Milch „mit natürlichem Fettgehalt“ hat ebenso wie „standardisierte“ Vollmilch einen Fettgehalt von mindestens 3,5%. Darüber hinaus gibt es im EU-Raum Vollmilch Extra mit einem Fettgehalt von 4,5%. Teilentrahmte/fettarme Milch : enthält zwischen 1,5 und 1,8% Fett. Entrahmte Milch/Magermilch : höchstens 0,5% Fett.

Die Frischesten . Kinderfrischmilch ist die frischeste Sorte schlechthin. Zwischen Melken und Erhitzung dürfen nur 24 Stunden liegen; sie darf nur an dem Tag, der aufgestempelt ist, als Kinderfrischmilch im Regal stehen. Ab dem folgenden Tag gilt sie als normale Vollmilch. Ihr natürlicher Fettgehalt liegt bei mindestens 3,6%. „Frischmilch“ oder „frische“ Milch muss spätes-tens 48 Stunden nach dem Melken pasteurisiert worden sein. Als „frisch“ gilt sie bis zum 5. Tag nach der Pasteurisierung.

„Light-“ oder „Leicht“-Milch enthält weniger Fett und Kohlenhydrate, insgesamt um ein Drittel weniger Kalorien als Vollmilch.

Kompetent mit Konsument

  • Neue Sorte hält länger . Allerdings muss die hocherhitzte im Gegensatz zur H-Milch auch ungeöffnet in den Kühlschrank.
  • Offene Milch rasch aufbrauchen . Ganz gleich, welche Sorte – angebrochene Packungen sollten innerhalb weniger Tage verbraucht werden.
  • Kühltasche für den Einkauf . Verwenden Sie vor allem in der warmen Jahreszeit Kühltasche oder -sackerl. Speziell im Auto kann es zu heiß werden.
  • Für die Figur . Greifen Sie zu teilentrahmter Milch. Die Fettersparnis beträgt bei einem halben Liter rund 10 Gramm.

So haben wir getestet

Untersucht wurden 51 Proben Milch aus verschiedenen Regionen, davon 34 Mal klassische Vollmilch und 17 „neue“ Produkte.

  • Kennzeichnung der angegebenen Milchart . Pasteurisierte Milch ist phosphatasenegativ und peroxidasepositiv, als „hocherhitzt“ oder ähnlich gekennzeichnete Milch ist phosphatasenegativ und peroxidasenegativ. Durch die Bestimmung der Phosphatase- und der Peroxidase-Aktivität wurde überprüft, ob es sich um pasteurisierte oder hocherhitzte Milch handelt.
  • Nährwerte . Der Fettgehalt wurde nach 2 Methoden (AMA-Methode, Gerber-Verfahren) bestimmt und auf Abweichungen zum gekennzeichneten Fettgehalt geprüft; ebenfalls wurde auf Abweichungen vom gekennzeichnten Wert beim Eiweiß (AMA-Methode) geprüft, und der Lactosegehalt der Milch wurde mittels der AMA-Methode analysiert.
  • Physikalische Untersuchungen . Mittels der Bestimmung des Gefrierpunktes wird untersucht, ob der Milch Fremdwasser zugesetzt wurde. Konsummilch muss einen Gefrierpunkt haben, der sich an den mittleren Gefrierpunkt annähert, der für Rohmilch im Ursprungsgebiet der gesammelten Milch festgestellt wurde. Die durchschnittlichen Erfahrungswerte für den Gefrierpunkt von pasteurisierter Milch liegen unter – 0,517 °C. Liegt der Gefrierpunkt näher bei 0 °C, ist das ein Hinweis auf Fremdwasserzusatz. Weiters wurde bei der Milch der pH-Wert und der Säuregrad bestimmt.
  • Mikrobiologie . Die Gesamtkeimzahl sowie die coliformen Keime wurden mittels Koloniezählverfahren bestimmt, sie geben einen Hinweis auf Hygienemängel. Ein Hemmstoffe-Test auf Antibiotika wurde durchgeführt, und es wurde untersucht, ob die beiden Krankheitserreger Salmonellen oder Listeria monocytogenes in der Milch enthalten sind.
  • Verkostung . Von 25 Laien-Testern wurden Aussehen, Geruch und Geschmack nach dem Schulnotenprinzip bewertet.

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