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Getränkeverpackung - Mehr Druck, weniger Dreck

„Pfand oder Einweg?“ fragten wir unsere Leser in Ausgabe 9/2000. Die überwältigende Beteiligung an unserer Aktion zeigt: Die Wegwerfmisere muss gestoppt werden.

Das Echo auf unseren Aufruf war enorm: Über 5000 beantwortete Fragebögen trafen bis Ende September bei uns ein, Hunderte später eingelangte konnten wir aus Zeitgründen gar nicht mehr auswerten. Die hohe Beteiligung zeigt: Umweltprobleme bewegen die österreichischen Konsumenten, und Wegwerf-Getränkeverpackungen sind offensichtlich ein Reizthema.

Wie immer baten wir auch diesmal Experten, Interessen- und Wirtschaftsvertreter an einen Tisch, um die Ergebnisse zu diskutieren. Auch bei ihnen war das Interesse groß.

Umweltbewusst

Erstaunlich: 91 Prozent der Antwortenden machen sich beim Getränkekauf grundsätzlich Gedanken über die Verpackungsart. Und sie verhalten sich – zumindest wenn es möglich ist – durchaus umweltbewusst: 60 Prozent kaufen Mineralwasser üblicherweise in Pfand-Glasflaschen, 15 Prozent in Pfand-Kunststoffflaschen und 14 Prozent in Wegwerf-Kunststoffflaschen. Fruchtsäfte und alkoholfreie Getränke werden von 38 Prozent in Wegwerf-Kartonverpackungen gekauft, von 15 Prozent in Pfand-Kunststoffflaschen und von 14 Prozent in Pfand-Glasflaschen. Milch und Milchgetränke von 78 Prozent in Wegwerf-Kartonverpackungen und von sechs Prozent in Pfand-Glasflaschen, Bier von 82 Prozent in Pfand-Glasflaschen und nur von drei Prozent in Dosen. Diese Angaben sagen nichts über die verkauften Mengen aus, sondern beziehen sich auf das grundsätzliche Einkaufsverhalten.

Die Frage nach vermeintlichen oder tatsächlichen Vorteilen der verschiedenen Getränkeverpackungen am Beispiel Mineralwasser: Von den Mineralwasserkäufern sieht man zu 56 Prozent den Vorteil der Wegwerf-Kunststoffflaschen in ihrem „geringeren Gewicht“, zu 41 Prozent in der Möglichkeit, sie „in den dafür vorgesehenen Containern zu entsorgen“, zu 31 Prozent darin, dass man „kein Pfand“ zahlen muss und damit die Rückgabe wegfällt, und zu 26 Prozent darin, dass sie großteils preisgünstiger sind.

Hingegen sieht man als Vorteile von Glas-Pfandflaschen zu 80 Prozent „die Vermeidung von Verpackungsabfällen“, zu 77 Prozent „weniger Umweltbelastung“, zu 55 Prozent „besseren Geschmack“ und zu 24 Prozent einen höheren Hygienestandard.

Bei Pfand-Kunststoffflaschen sehen die Mineralwasserkäufer ähnliche Umweltvorteile wie bei Glas (62 Prozent Vermeidung von Verpackungsabfällen, 50 Prozent weniger umweltbelastend) und Bequemlichkeitsüberlegungen wie bei Wegwerf-Kunststoffflaschen.

Bereit

59 Prozent der Antwortenden unternimmt bereits etwas gegen die steigende Zahl von Wegwerf-Getränkeverpackungen und kauft Getränke in erster Linie in Mehrwegverpackungen, bei 30 Prozent besteht die Bereitschaft in verstärktem Maß, nur bei 10 Prozent hält sich diese in Grenzen oder ist gar nicht vorhanden. Die Konsumenten wollen sich also keineswegs aus der Pflicht stehlen. Dies verdeutlicht auch die Antwort auf die Frage nach der Schuld an der Wegwerfmisere: Jeweils 60 Prozent meinen, der Getränkehersteller und der Konsument sind schuld daran, 58 Prozent geben dem Gesetzgeber die Schuld, ebenfalls 58 Prozent dem Handel und 53 Prozent den Verpackungsproduzenten.

Der mittlerweile auch für Umwelt zuständige Minister Wilhelm Molterer macht sich ebenfalls Gedanken über den wachsenden Unmut in der Bevölkerung bezüglich der Wegwerfmisere. Doch er setzt lediglich auf den guten Willen: Mit einer „freiwilligen Selbstverpflichtung“ von Industrie und Handel sollen bestehende Mehrwegsysteme erhalten und Recycling und Verbrennung intensiviert werden. Und da klar ist, dass die seinerzeit festgelegten Zielquoten der Verpackungsverordnung nicht erreicht werden können, wurde durch eine Novelle anstelle der 80- bis 96-prozentigen Quoten generell nur mehr ein Anteil von 80 Prozent festgelegt. Auch das ein zahnloses Unterfangen, bei Nichterreichung dieser Quoten gibt es keine Sanktionen.

Zahnlos

Die freiwillige Selbstverpflichtung war auch ein zentrales Thema beim Round-Table-Gespräch: VKI-Geschäftsführer Hannes Spitalsky wies darauf hin, dass diese Selbstverpflichtung durchaus brauchbare Ziele aufweist, aber überhaupt keine Angaben, geschweige denn Verpflichtungen bezüglich der Erreichung der Ziele. „Dadurch handelt es sich um ein zahnloses Papier. Dazu kommt noch die Herabsetzung der Quoten, was umweltbewusste Betriebe, die sich frühzeitig auf die Quotenerfüllung eingestellt haben, besonders ärgern muss.“ Willy Lehmann von Römerquelle bestätigt: „Das ist eine problematische Politik, wobei es keineswegs darum geht, das Einweg-System zu eliminieren. Beide Systeme haben ihre Berechtigung.“

Nach einigem Zögern konnte auch Leopold Wurstbauer vom Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie der Aussage zustimmen, dass die freiwillige Selbstverpflichtung mit Umsetzungsmaßnahmen zu ergänzen ist.

Christian Stiglitz von der Altstoff Recycling Austria (ARA) verteidigte die derzeitige Situation: „Wir sollten nicht den Weltuntergang heraufbeschwören. Wir verfügen in Österreich – abgesehen von Deutschland – über das bestfunktionierende Sammel- und Verwertungssystem. Natürlich werden wir es weiter optimieren.“

Lapidare Frage von Wolfgang Steinbauer, Leiter der Wiener Magistratsabteilung MA 48 und unermüdlicher Kämpfer gegen die Müllberge: „Wenn das System so gut funktioniert, weshalb wurden dann die vorgeschriebenen Sammelquoten nicht erreicht?“ Doch da war ARA-Chef Stiglitz leider schon weg.

Wolfgang Steinbauer weiter: „Es ist bedauerlich, dass man mitunter 20 Kilometer durch Wien zu einem Biobauern-Markt fahren muss, um Milch in Glasflaschen kaufen zu können. So kann und muss es nicht weitergehen, wie die Beispiele in Finnland, Schweden und Norwegen verdeutlichen. Dort hat man mittels genereller Pfandsysteme und Lenkungsabgaben die Einweg-Systeme großteils aus den Supermärkten verdrängt.

„Die Leserlobby verdeutlicht, dass sich der Handel bei der Gestaltung seines Warenangebots keineswegs nur nach den Wünschen der Konsumenten richtet, wie er immer wieder betont. Jedenfalls sind die Konsumenten in hohem Maß bereit, etwas gegen die Wegwerfmisere zu tun. Sie fordern aber gleichzeitig wirkungsvolle gesetzliche Maßnahmen. Nutzen wir doch diese Situation,“ schloss Hannes Spitalsky.

Fazit

Die Forderungen der Teilnehmer an der „Konsument“-Leserlobby: Mehr als die Hälfte der Antwortenden sind für die Einführung einer zweckgebundenen Umweltschutzabgabe (Lenkungsabgabe) auf alle Wegwerf-Getränkeverpackungen sowie für ein generelles Pfandsystem (also auch für Einweggebinde). Knapp mehr als zwei Fünftel befürworten ein Verbot von Wegwerf-Getränkeverpackungen. Möglicherweise sorgen aber ohnehin die steigenden Ölpreise für ein rascheres Ende der Ex-und-hopp-Kunststoffgesellschaft.

Meinungen von Experten

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Spitalsky 1
Spitalsky 1 Hannes Spitalsky: VKI "Selbstverpflichtung ohne klare Vorgaben und Sanktionen ist zahnlos." |
Wurstbauer 2
Wurstbauer 2 Leopold Wurstbauer: Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie "Bei der freiwilligen Selbstverpflichtung sind ergänzende Umsetzungsmaßnahmen sinnvoll." |
Stiglitz 3
Stiglitz 3 Christian Stiglitz: Altstoff Recycling Austria (ARA) "Wir haben ein bestfunktionierendes Sammel- und Verwertungssystem..." |
Steinbauer 4
Steinbauer 4 Wolfgang Steinbauer: MA 48 "... und weshalb wurden dann nicht die vorgeschriebenen Sammelquoten erreicht?" |
Spitalsky 1
Wurstbauer 2
Stiglitz 3
Steinbauer 4

Wegwerf-Kunststoffflaschen   Pfand-Glasflaschen

26

Großteils preisgünstig

6

8

Höherer Hygienestandard

24

0

Besserer Geschmack

55

56

Geringeres Gewicht und damit leichterer Transport

0

31

Kein Pfand und kein Zurückgeben der Verpackung

0

0

Weniger umweltbelastend

77

0

Vermeidung von Verpackungsabfällen

80

Angaben in Prozent

Achten Sie beim Kauf darauf, ob das Getränk in Pfand- oder in Wegwerfverpackungen angeboten wird?

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