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Farbstoffe in Lebensmitteln: Sudanrot - Keine Alarmstufe Rot

  • Scharfe Gewürze, Saucen und Öle wurden auf den verbotenen Farbstoff Sudanrot untersucht
  • In keinem der getesteten 43 Produkte war eine Belastung nachweisbar

Früher brachte man exotische Gewürze aus dem Urlaub mit nach Hause. Heute gibt es Chili, Kurkuma & Co prob­lemlos auch bei uns zu kaufen. Und zwar nicht nur im Spezialladen, sondern in ­jedem größeren ­Supermarkt. Fast alle ­Handelsketten haben inzwischen umfangreiche Ethno-Food-Abteilungen. Und auch der Türke ums Eck, der in vielen Gegenden als Nahversorger an die Stelle des guten ­alten Greißlers getreten ist, verfügt meist über eine gut sortierte Gewürzabteilung.

Gewürze: teuer wie Gold

Über Jahrhunderte waren Pfeffer, Muskatnuss und Safran so wertvoll wie Gold. Sie galten in adeligen Kreisen als Statussym­bole und Zeichen für Reichtum. Der Wunsch nach Luxus machte die Gewürzhändler – auch Pfeffersäcke genannt – reich. Sie diktierten die Preise und sorgten dafür, dass ihre Schätze zu astronomischen Summen verkauft wurden.

Geht es um viel Geld, steigt die Versuchung, der Natur ein bisschen nachzuhelfen. Die Geschichte der Gewürze ist daher auch ­eine der Gewürzfälschungen. Bereits früh gab es deshalb in manchen Städten „Gewürzbeschauen“, bei denen das Verfälschen von Safran oder Ingwer mit strengen Strafen geahndet wurde.

Von der Gewürzbeschau zur Lebensmittelkontrolle

Aus den Gewürzbeschauern von damals sind die Lebensmittelkontrolleure von heute geworden. Und sie haben gut zu tun, denn getrickst wird nach wie vor. Nicht ­immer sind die dabei eingesetzten Mittel so harmlos wie das Strecken bzw. Färben von Paprikapulver mit Ziegelstaub während des Zweiten Weltkriegs und kurz danach. Es gibt einen altbekannten Farbstoff, der so unverwüstlich lichtecht ist, dass das schöne Rot von gemahlenen Chilis beispielsweise auch dann nicht verblasst, wenn das Gewürzsäckchen ewig lange im Verkaufsregal vor sich hin gammelt. Die Substanz, die für beständig brillantes Aussehen sorgt, heißt Sudanrot und gehört zur Gruppe der Azofarbstoffe.

Verbotenes Sudanrot

Verbotenes Sudanrot

Anders als Tartrazin, Azorubin oder Brillantschwarz, die Süßwaren und Getränken ein knallbuntes Aussehen verleihen, ist ­Sudanrot zum Färben von Lebensmitteln in der EU verboten. Der Grund: Es kann im Körper in sogenannte Amine aufgespalten werden, von denen einige ziemlich sicher krebserregend sind. Aufgrund ihres Wirkmechanismus lässt sich für sie keine Dosis bestimmen, ab der die krebserregende Wirkung eintritt (Schwellenwert), und ­damit auch keine duldbare tägliche Aufnahme (TDI – tolerable daily intake) fest­legen. Selbst wenn nur gelegentlich Lebensmittel verzehrt werden, die bloß gering mit diesem Farbstoff belastet sind, ist das ­Risiko einer Krebserkrankung nicht auszuschließen.

Beschlagnahmt!

Obwohl Sudanrot also gefährlich ist und daher in Lebensmitteln nichts verloren hat, wurden die Lebensmittelprüfer in den letzten Jahren immer wieder fündig. In Österreich zog das Gesundheitsministerium ­zuletzt 2003 eine Chilisauce und ein Sugo arrabiata aus dem Verkehr. Höchste Zeit, hierzulande angebotene Produkte einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir kauften 43 Erzeugnisse ein, die meisten in Exotik- bzw. Spezialgeschäften, aber auch in Supermärkten, Bioläden und auf dem Wiener Naschmarkt. Die größte Gruppe waren Chilisaucen bzw. Chilipasten, dazu Chili gemahlen, geschrotet oder in Flocken. Außerdem Kurkuma, Paprika, Palmöl und Gewürzmischungen aller Art von Curry über Shichimi bis zu Ras el-Hanout. Im ­Kasten „Scharfe Sachen“ finden Sie, was genau sich hinter den exotischen Bezeichnungen verbirgt.

Nicht nur Chili

Bevor wir die einzelnen Produkte im Labor auf Sudanrot untersuchen ließen, warfen wir noch einen kritischen Blick auf die ­Zutatenlisten. Und stellten erstaunt fest: Keine einzige unserer eingekauften Chili­saucen bzw. -pasten kommt ohne Zusatzstoffe wie Konservierungsmittel, Säureregulatoren oder Verdickungsmittel aus. Fünf setzen zudem auf Geschmacksverstärker.

Mit Farbstoff nachgeholfen

Mit Farbstoff nachgeholfen

Als wir für unseren Test auf Einkaufstour gingen, wählten wir hauptsächlich Produkte aus, bei denen keine Farbstoffe deklariert waren. Das Bekenntnis zu Farbe aus der Retorte fanden wir daher nur auf einem Produkt, der Tandoori Masala Gewürz­mischung von TRS. Sie enthält E 124 und E 102. Diese Buchstaben-Zahlen-Kombinationen stehen als Kürzel für die Farb­stoffe Tartrazin und Cochenillerot A. Beide sind Azofarben, im Gegensatz zu Sudanrot aber in Lebensmitteln erlaubt. Unserer Meinung nach sind sie in einer Gewürzmischung schlicht unnötig.

Kinder: Hyperaktivität begünstigend?

Die Substanzen stehen außerdem im Verdacht, Hyperaktivität bei Kindern zu begünstigen. Auch wenn eine Gewürzmischung allein noch keinen Zappelphilipp macht: Der Nachwuchs bekommt über abenteuerlich gefärbte Süßigkeiten und Getränke genug synthetische Farbstoffe ab. Da sind solche Mischungen, die durch die Änderung unserer Essgewohnheiten immer öfter auch auf Kindertellern landen, unnötig.

Entwarnung

Und was ist mit Sudanrot? Feine Sache, dass wir hier uneingeschränkt Entwarnung geben können. Bei keinem der von uns ­untersuchten Produkte war dieser Farbstoff nachweisbar. Wenn das keine heiße Nachricht ist!

 

 

So haben wir getestet

Die Proben wurden im September 2009 eingekauft und mittels HPLC (Hochdruckflüssigkeits-Chromatografie) und SPD-Detektor auf das Vorhandensein von Sudanrot untersucht.

Tabelle: Gewürze

Tabelle: Saucen und Pasten

Tabelle: Palmöl

Tabelle: Sonstige

Zusammenfassung

  • Heikel. Sudanrot ist ein synthetischer Farbstoff, der die Gesundheit schädigen kann. Er darf in der EU nicht zum Schönen von Lebensmitteln eingesetzt werden.
  • Sauber. In den von uns untersuchten Gewürzen, Gewürzmischungen, Palmölen und Chilisaucen war kein Sudanrot nachweisbar.
  • Erstaunlich. Nicht einmal exotische Würzsaucen kommen ohne Geschmacksverstärker aus, und sie enthalten dazu jede Menge Zusatzstoffe.

Scharfe Sachen

Aci Pul Biber. Kommt aus der Türkei und ist gemahlener Chili, am ­besten ohne Körner, dunkelrot-orange und stark nach Paprika duftend. Das typische Gewürz, das den Kebap so schön scharf macht.

Ají Para Seco. Gewürzmischung aus Lateinamerika mit viel Chili.

Cayenne-Pfeffer. Heißt zwar Pfeffer, ist aber keiner. Hier handelt es sich um reife, getrocknete und gemahlene Chilischoten. Schmeckt je nach Herkunft unterschiedlich, von süß bis scharf.

Harissa. Aus Tunesien stammende scharfe Gewürzpaste aus frischen ­Chilischoten, Kreuzkümmel, Koriandersamen, Knoblauch und Olivenöl. In Tunesien Würzmittel für fast alle Gerichte.

Kurkuma. Auch Gelbwurz genannt. Wird anstelle von Safran verwendet; wichtiger Bestandteil von Curry. Schmeckt frisch nach Ingwer, aber nur leicht scharf. Getrocknet als Pulver aromatisch und angenehm würzig.

Ras el-Hanout. Ursprünglich marokkanische Gewürzmischung aus bis zu 25 verschiedenen Zutaten wie Muskatnuss, Zimt, Anis, Kurkuma, Ingwer, Nelken, Piment, Kardamom. Schmeckt gleichzeitig süß, scharf und bitter.

Sambal Oelek. Dickflüssige, aus Indonesien stammende Würzsauce aus rohen roten Chilischoten, Salz und Essig. Oelek (auch Ulek) bezeichnet den Stößel, mit dem die Zutaten im Mörser zerkleinert werden.

Shichimi. Gebräuchliche japanische Gewürzmischung aus sieben Zutaten. Besteht hauptsächlich aus grob gemahlenen roten Chilischoten, Manda­rinenschale, Sesam-, Mohn- und Hanfsamen. Dazu kommen noch Nori (Meeresalge) und eine Pfefferart.

Sriracha. Scharfe Chilisauce. Klassiker der thailändischen Küche aus Chili, Knoblauch und Gewürzen.

Sumach. Getrocknete und grob gemahlene Früchte des Sumachbaumes. Beliebtes, sauer und ziemlich herb schmeckendes türkisches bzw. iranisches Tischgewürz. Achtung: Der bei uns beliebte Essigbaum ist zwar auch ein Sumach, aber ein Ziergehölz. Daher Finger weg von seinen Früchten.
 

Chilli-Gewürze (Foto: Schreiner)  

Anbieter

Kotányi GmbH,
Postfach 66,
A-2120 Wolkersdorf,
02245 53 00,
www.kotanyi.com

Attia Handels-Holding GmbH,
Nussdorferstraße 36,
A-1090 Wien,
01 958 21 96,
www.attia.at

TRS Wholesale Co.Ltd. Southall,
Strasse,
GB-UB2 4A Middlesex,
+44 20 88 43 54 00,
www.trs.co.uk

Lili Spezialitäten,
Naschmarkt Stand 560,
A-1040 Wien,
www.lilimarkt.at

M. Grkinic,
Naschmarkt 324-325,
A-1040 Wien,
01 586 02 81

Productos Nativo S.L.,
C/San isidoro de Sevilla, Nr. 3,
E-28005 Madrid,
+34 90 288 48 42,
www.productosnativo.com

Maresi,
Postfach 111,
A-1131 Wien,
01 531 89-0,
www.shan-shi.com

Sonnentor GmbH,
Sprögnitz 10,
A-3910 Zwettl,
02875 72 56,
www.sonnentor.com

DOGAN und Acer GmbH,
Naschmarkt 358,
A-1040 Wien,
01 586 01 61

Wiberg,
A.-Schemel-Straße 9,
A-5020 Salzburg,
0662 63 82-0,
www.wiberg.eu

Bambuskorb,
Naschmarkt 437,
A-1060 Wien,
01 585 36 17,
www.bambuskorb.com

Araxi GmbH,
Naschmarkt Stand 441-443,
A-1040 Wien,
01 585 28 89

Oasen,
Naschmarkt Stand 501,
A-1040 Wien,
01 581 25 80

B.E. International Foods,
26 Crown Road, Enfield,
GB-DNI ID Middlesex,
+44 208 345 81 00,
www.westmill.co.uk

JFC Deutschland GmbH,
Theodorstraße 293,
D-40472 Düsseldorf,
+49 211 537-41 60,
www.jfc.eu

1001 Gewürze GmbH,
Hegestieg 14,
D-20249 Hamburg,
+49 4080 60 12 71,
www.1001gewuerze.de

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