Je länger man im Geschäft ist, desto mehr kauft man ein. Supermärkte haben verschiedene Taktiken, um den Stress zu senken.
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Im Einkaufswagen liegen Nudeln und Sugo, Dosenravioli und Chili con Carne. Etwas fehlt noch. Im Wagen nebenan stapeln sich mehrere Packungen Klopapier. Da will man auch zugreifen, aber das Regal ist leer. Was tun? Kurz vor dem Lockdown war in den Supermärkten eine besondere Art des Jagens und Sammelns im Gange – die auch ausartete: Bei einem Diskonter in Krems-Stein musste die Polizei zwischen zwei Kunden vermitteln, die sich heftig um den Hygieneartikel stritten. Und das, obwohl nie von einer Schließung der Lebensmittelgeschäfte die Rede gewesen war.
Sparen und einigeln
Der bedrohliche Lockdown aktivierte bei vielen von uns ein Verhalten aus längst vergangenen Zeiten. "Die Menschen hatten Angst. In der Evolution hat man gelernt, Ressourcen zu sparen und sich einzuigeln“, analysiert der deutsche Hirnforscher Hans-Georg Häusel. Warum Klopapier? Da spielen der Herden- und der Jagdtrieb zusammen: "Klopapier steht für Reinlichkeit und Kontrolle. Wenn wir sehen, dass andere das in Massen kaufen, wollen wir nicht, dass man uns etwas wegschnappt", so Häusel. Leere Regale verstärkten den Trieb.
Einkauf ohne Vernunft
Eines wurde in diesen chaotischen Tagen klar: Wir sind beim Einkaufen weit weniger rational als gedacht. 70 bis 80 Prozent unserer Entscheidungen fallen unterbewusst, bei den übrigen 20 bis 30 Prozent sind wir auch nicht so frei, wie wir glauben, schreibt Häusel in seinem Buch „Kauf mich! Wie wir zum Kaufen verführt werden“. Das hat System: Denken kostet den Menschen viel Energie. Das Gehirn macht nur zwei Prozent der Körpermasse aus, beim Denken werden aber 20 Prozent der gesamten Körperenergie verbraucht. „In der Evolution sind jene Lebewesen am erfolgreichsten, die am meisten Energie sparen“, so Häusel weiter. Beim Einkaufen setzt unser Hirn also auf den Energiesparmodus, was sich gerade in Supermärkten bemerkbar macht.
Bunte Farben gegen Stress
Wer kennt das nicht: Nach einem langen Arbeitstag macht der Gedanke an enge Supermarktgänge und lange Schlangen vor den Kassen wenig Lust aufs Einkaufen. Betritt man das Geschäft, wartet neben dem Eingang die Obst- und Gemüseabteilung. Viele Supermärkte geben dieser Abteilung eine Marktoptik. Warum gleich am Eingang? Häusel erklärt den speziellen Grund: Frisches Obst und Gemüse aktiviert das Genusszentrum in unserem Gehirn. Das dadurch ausgeschüttete Glückshormon Dopamin verdrängt Stresshormone. „Unser Gehirn hält sehr lange an diesem ersten Eindruck fest. Das wichtigste Kriterium für den Kauf ist die Frische, nicht der Preis.“
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