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Eine Hand manipuliert das Denken, eine zweite verhindert dies
Sehr viele Online-Anbieter manipulieren uns. Wir beschreiben diese Dark Patterns Bild: Yuriy2012/Shutterstock

Dark Patterns: So manipulieren Websites und Apps

KLICK MICH! Tarnen und täuschen, verwirren und verstecken - digitale Drängler manipulieren uns online und beschneiden unsere Entscheidungsfreiheit.

Onlineplattformen dürfen nicht, so heißt es im Digital Service Act der EU, die freie Entscheidung der Kund:innen behindern. Sie tun es trotzdem. Sie tun es immer wieder und sie werden immer gefinkelter. Eine Studie (2022) zeigt: 97 Prozent der beliebtesten Apps und Websites ­nutzen böse Designtricks. ­Online hat man demnach oft schlechte Karten. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nützt hier nicht viel. Das EU-­Digitalpaket fördert eher Innovation und Unternehmen. Ausnahmen in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) schwächen Konsumentenrechte.

Miese Tricks

Wenn uns im Internet ausgeklügelte Designs zu unerwünschten Handlungen verleiten, dann nennt man solche Tricks „Dark Patterns“. Diese „dunklen Muster“ in Apps, auf Websites, in ­E-Mails, auf Eingabemasken und so weiter bringen uns dazu, etwas zu tun, das wir nicht vorhatten. Hier schnell etwas ­kaufen, da eine Buchung, dort eine ­Zustimmung.

Klick mich, klick mich schnell!

Dark Patterns beeinträchtigen unsere Privatsphäre, durchlöchern den Verbraucherschutz und schädigen den fairen Wettbewerb. Auf der Website deceptive.design finden Sie eine Liste der übelsten Tricks, eine Liste der Täter (ja, Amazon, Samsung, Adobe, Facebook sind dabei) – und der Millionenstrafen, die zum Beispiel Epic Games und Konsorten zu zahlen hatten. ­Folgende Dark Patterns sind am weitesten verbreitet:

    Information verstecken

    Auffäl­lige Schaltflächen wie „Weiter“ oder „Akzeptieren“ springen ins Auge und führen rasch zum Geschäftsabschluss, bevor wir wichtige Informationen wahrnehmen können. Betreiber verbergen absichtlich wichtige Details. Häufig kommen vor:

    • zu kleine Schrift
    • schlecht sichtbare Farben und Kontraste
    • Entscheidendes ist in langen Geschäftsbedingungen versteckt.
    • Alternativen liegen außerhalb des angezeigten Browserbildes (scrollen nötig).
    • Wichtige Informationen erscheinen erst nach mehreren Klicks:
      Extra-Gebühren
      Versandkosten
      Zuschläge für Mindestmengen
      Steuern
      ... und so weiter tauchen erst im allerletzten Schritt auf.

    Vergleiche verhindern

    Die Website bzw. die App erschwert es, Produkte zu vergleichen, weil Merkmale und Preise auf komplexe Weise kombiniert werden oder weil wesentliche Informationen schwer zu finden sind.

    In eine Richtung stupsen

    „Nudging“ bedeutet sanft schubsen – hin zu mehr Verbrauch und höheren Ausgaben. Von Sludging („sludge“ steht für Schlamm) ist die Rede, wenn Betreiber Hinder­nisse in den Weg legen, die zu höheren Ausgaben verleiten:

    • Die nachteilige oder teurere Option ist einfach zu haben und stärker ­hervorgehoben (z. B. grüne Schaltfläche), die vorteilhafte Option ist farblos oder rot.
    • Günstigere Alternativen erfordern viele Klicks, mehr Navigation, Leseaufwand oder Nachdenken.
    • Die günstigere Alternative sieht kompliziert und unbequem aus.

    Falsche Hierarchie

    Größe und ­Plat­zierung von Schaltflächen, Menü­punkten und Layout-Elementen: Irreführende Hierarchien manipulieren die Entscheidung. Eine bestimmte Auswahl wird gezielt gefördert, indem man sie hervorhebt oder Alternativen unattraktiv gestaltet.

    Vorauswahl

    Voreingestellte Standardoptionen erwecken den Eindruck, dass die Vorauswahl vorteilhaft sei oder es keine andere Möglichkeit gebe, um im (Bestell-)Vorgang weiterzukommen. Oft eingesetzt bei der Eingabe persönlicher Daten und Zustimmung zu nachteiliger Datenverwendung.

    Voller Warenkorb

    Durch den schnellen Bezahlvorgang übersieht man aus Unachtsamkeit möglicher­weise Artikel oder kostenpflichtige ­Zusatzdienste, die der Shop-Betreiber in den Warenkorb gelegt hat. Die Opt-out-Funktion (verweigern, ablehnen) wird leicht übersehen.

    Schwieriges Storno

    Anmelden ist einfach, abmelden oder kündigen sehr schwierig. Kündigungs-Button oder -Link sind unscheinbar oder schwer zu finden. Oder noch schlimmer: Man muss anrufen.

    Ermüdung und Verwirrung

    Nutzer:innen suchen wichtige Infos, wollen Standardeinstellungen ablehnen oder Einstellungen ändern. Müssen sie sich dabei wie in einer Rätselrallye durch verschachtelte Menüs und mühsame Navigation kämpfen, dann geben sie schneller auf. Klarna praktizierte das und wurde deshalb verurteilt. Auch sehr verbreitet, um die Zustimmung zu Cookies zu bekommen, damit Betreiber Daten an Firmen verkaufen können.

    Erzwungene Handlung

    Wenn User:innen etwa einen Kostenvoranschlag oder eine Auskunft wünschen, erhalten sie diese nur, wenn sie nachteiligen Anweisungen (Registrierung, Zustimmung) folgen. So geben sie persönliche Informationen preis, die sie sonst nicht hergeben würden. Oft ist die Leistung auch ohne den aufgedrängten Schritt oder die unnötige ­Anmeldung erhältlich. Beim Datensammeln vermitteln Anbieter oft, dass ihr Angebot nur dann gut funktioniert, wenn alle Cookies akzeptiert werden. Das ist falsch. Laut DSGVO darf die Website keinen Unterschied bei der Anzeige machen, egal ob man zustimmt oder ablehnt.

    Erzwungene Fortsetzung

    Websitebetreiber bzw. Anbieter von Apps bieten kostenlose Testversionen an und verlangen im Gegenzug vorab die Kreditkartennummer. Endet der Probezeitraum, startet automatisch ein kostenpflichtiges Abo. Oft in Kombination mit anderen Dark Patterns, welche die Aufmerksamkeit von einer fristgerechten Kündigung ablenken. Die automatische Abo-Verlängerung ist nach deutschem Recht möglich, nach österreichischem Recht nur nach erneuter schriftlicher Verständigung, dass die Verlängerung bevorsteht.

    Fangfragen und Beschämung

    „Möchten Sie zum halben Preis auch die Deluxe-Version des Produkts kaufen?“ Im Bestellvorgang stellen Anbieter eine Frage, die zu weiteren Käufen oder einer höherpreisigen Variante verleitet. Meist in Kombina­tion mit dem Vorgaukeln angeblicher Ersparnisse.

    „Nein, ich möchte kein Geld sparen“ oder „Willst du wirklich auf all diese Vorteile verzichten?“ Betreiber verwenden verwirrend-manipulative Ausdrücke, verunsichern, damit die Kund:innen ihnen die Stange halten.

    Sozialer Druck, Spiel mit Gefühlen

    „92 Prozent unserer Kunden bleiben bei uns.“ – Bei Unsicherheit ahmen wir gerne Handlungen anderer nach. Das wird im Onlineshopping durch echte oder unechte Testimonials und Erfah­rungsberichte ausgenutzt. Die ­anderen wollen es, die anderen machen es auch. Mach mit! Negatives Feedback wird nicht angezeigt.

    Verdrehte Bestätigung

    Lässt User:innen auf etwas klicken, das sie gar nicht wollen, indem Anbieter die vorherige oder gewohnte Reihenfolge von Zustimmung und Ablehnung vertauschen.

    Drohung, Druck und Drama

    Sprechblasen zeigen manipulierende Aufforderungen
    Drohung, Druck und Drama: Dark Patterns manipulieren uns so, dass wir Dinge tun, die wir sonst nicht tun würden Bild: overtheseas-und-summer-studio/Vki/Ender

    • "Preise könnten steigen, also bestätigen Sie Ihre Buchung noch heute!"
    • "Nur mehr 1 Zimmer auf unserer Seite verfügbar!"
    • "Normalerweise nicht verfügbar – Sie haben Glück!"
    • "Sparen Sie bis zu 40%"
    • "11 Personen sehen sich gerade diese Übernachtungsmöglichkeit an"
    • "SCHNELL, DIE PREISE STEIGEN BALD! WIR KÖNNEN DIESEN TARIF NOCH FÜR 10 WEITERE MINUTEN HALTEN."
    • „Nur zwei auf Lager“

    Klicken ohne Denken

    Mit der abnehmenden Stückzahl eines angeblich ­begehrten Gutes erzeugen Anbieter Stress. Bekannt von vielen Reiseportalen, wo behauptet wird, Zimmer oder Flug ­wären bald nicht mehr verfügbar. Oft kombiniert mit Hinweisen, dass jemand aus Ort XY dasselbe Produkt gebucht habe. Die Methode erhöht den Druck für eine raschere Buchung ohne Nachdenken.

    Gewinnspiele

    Anbieter versprechen Gewinne, damit Verbraucher:innen ihre E-Mail-Adresse angeben – etwa beim Vergleich von Angeboten, zum Beispiel für Auto- oder Kfz-Versicherungen. Es folgen Werbe- und andere E-Mails des Anbieters. Solche Angebote können Verbraucher:innen dazu bewegen, sich etwa für eine bestimmte Versicherungsgesellschaft zu entscheiden, auch wenn deren Leistung nicht die beste ist.

    Verschleierte Preise, künstliche Währung

    Virtuelle Zwischenwährungen in Videospielen und auf Dating-Plattformen (Points, Coins, Shards ) vernebeln die echten Kosten.

    Getarnte Werbung

    Werbung muss als Werbung erkennbar sein. Getarnte Werbeanzeigen sehen wie ein normaler Teil der Seite aus und werden eher angeklickt.

    Daten abpressen

    Beim sogenannten Privacy Zuckering geht es um das Absaugen persönlicher Daten, die weiterverkauft werden. Die Informationen über die Datenweitergabe sind in schwer handhabbaren Nutzungsbedingungen versteckt und in der Regel unverständlich. Die Zustimmung ist nahezu zwingend, Teile der Bedingungen abzulehnen ist unmöglich, möchte man den Dienst nutzen.

    Was tun?

    • Lesen: Details beachten, nicht ablenken lassen, nicht die erstbeste Möglichkeit annehmen.
    • Bremsen: Besonders bei stressigen Elementen Zeit lassen und keine schnelle Entscheidung treffen.
    • Kontrollieren: Warenkorb und (vor-)markierte Optionen vor dem Bezahlen noch einmal prüfen.

    Links

    EU Flagge, darunter steht "Mitfinanziert durch die Europäische Union"
    Bild: ECC-net

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