Zum Inhalt
Mann hält einen Brief mit Sichtfenster Kündigung Großaufnahme
Bild: schillermedien / Shutterstock.com

Jö-Bonus-Club: Schwierige Kündigung - Nö zu Jö

, aktualisiert am

Mit unserer Kritik am neuen Kunden-Programm des Rewe-Konzerns haben wir eine breite Diskussion losgetreten. Die Konsumenten verärgert vor allem, dass die Löschung ihres Accounts erschwert wird.

Ein paar Mausklicks, Name, E-Mail-Adresse, Handynummer, Wohnort, die Zustimmung zu den AGB und man ist dabei. Die Anmeldung zum Jö-Bonus-Club des Rewe-Konzerns dauert im Internet nur ein paar Minuten. Will man aber online wieder kündigen, heißt es: „Nö.“

Schwierige Kündigung

Darüber berichten zahlreiche Leserinnen und Leser. „Auf der Website gibt es keine Möglichkeit, den Account zu löschen“, schreibt ein User auf konsument.at. Auf eine diesbezügliche Anfrage per Mail bekam er eine offenkundig vorgefertigte Antwort mit einem Link zu einem Fragenkatalog – auf dem freilich von einer Möglichkeit zur Kündigung des Accounts keine Rede war. Dazu später mehr.

Kontrollverlust durch Preisgabe persönlicher Daten

Vor einem guten halben Jahr stellte Rewe Österreich die neue Jö-Karte vor: Sie sollte die bestehenden Kundenprogramme von Billa, Merkur, Penny, Bipa, Libro, OMV sowie der Bawag P.S.K. und andere in einer einzigen Vorteilskarte bündeln. Walter Hager, unser Experte für Finanzdienstleistungen, nahm das neue Angebot daraufhin genauer unter die Lupe und riet zur Vorsicht: Zum einen sei die Ersparnis – der Jö-Club lockt mit Rabatten von bis zu 20 Prozent auf einzelne Produkte – im Schnitt deutlich geringer als angepriesen. Vor allem aber warnte er vor dem Kontrollverlust durch die Preisgabe persönlicher Daten.

Hier ein Musterbrief Datenlöschung beim jö Bonus Club

Walter Hager (Bild: U. Romstorfer/VKI)„Fest steht, dass alle Daten bei einer übergeordneten Stelle zusammenlaufen und man nicht genau weiß, was mit ihnen geschieht.“
Walter Hager - VKI-Experte für Finanzdienstleistungen

Datenschutzbedenken

Undurchsichtig

Mit seiner Kritik stieß VKI-Experte Hager eine breite und anhaltende Diskussion über den Nutzen von Vorteilskarten aus Konsumentensicht im Allgemeinen und den Jö-Club im Speziellen los. Zahlreiche Medien widmeten sich in den vergangenen Monaten dem Thema, zuletzt untermauerte Hager seine Argumente in der ORF-Sendung „konkret“. In zahlreichen E-Mails und Postings schilderten Konsumentinnen und Konsumenten zudem ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Jö-Club.

Viele hatten Probleme dabei, angesichts der Unübersichtlichkeit der vielen Rabattaktionen Bonuspunkte einzulösen. Andere stießen sich daran, dass das in der Werbung versprochene Startguthaben von 100 Bonuspunkten bei Neuanmeldung via App an den Besitz eines Smartphones gekoppelt ist.

„Wer liest das alles?“

Ärger verursacht auch die für Konsumenten undurchsichtige, zweiteilige Datenschutzerklärung: Eine Posterin kopierte sie in ein Word-Dokument und kam auf ganze zehn Seiten. „Wer liest das alles?“, fragt sie. Auch der Jö-Bonus-Club bezog unlängst uns gegenüber Stellung: Ein Austausch von Daten innerhalb der einzelnen Partnerunternehmen sei ausgeschlossen, beteuert man.

Die Bawag P.S.K. beispielsweise habe demnach über die Jö-Card keinen Einblick darüber, welche Einkäufe der Inhaber oder die Inhaberin bei anderen Jö-Unternehmen tätigt – Informationen, die sich zumindest theoretisch auf deren Bonität auswirken könnten. Auch sei es zumindest grundsätzlich möglich, die Speicherung der persönlichen Daten zu untersagen, heißt es vonseiten des Anbieters. Damit verzichte man allerdings auf zahlreiche Vorteile.

Kündigung und Löschung personenbezogener Daten

So können Sie kündigen Angesichts der Intransparenz, was den Umgang mit den personenbezogenen Daten betrifft, bleibt unsere Skepsis aufrecht. Eine Kündigung der Mitgliedschaft im Jö-Club ist übrigens per Mail unter der Adresse service@joe-club.at oder mit eingeschriebenem Brief möglich – wenn auch etwas umständlich. Eine genaue Anleitung dazu sowie ein Musterbrief zum Downloaden mit Antrag auf vollständige Löschung aller personenbezogenen Daten finden sich auf Jö-Bonusclub: Kündigung und Datenlöschung - So gehen Sie vor.

Was meint die Facebook-Gemeinde?

Wir haben unsere KONSUMENT-Facebook-Community gefragt, was sie von der JÖ-Card halten. (Grafik: VKI, Iaremenko Sergii/shutterstock.com)

Leserreaktionen

Fan von Jö

Nachdem so viel über die Jö-Bonuskarte räsoniert wird, möchte auch ich meinen „Senf“ dazugeben: Ich bin ein fast 80-jähriger, selbstversorgender Pensionist und alleinstehender Witwer. Ich kann und will auch nicht kochen (Merkur Chefmenüs in der Mikrowelle sind für mich die einzige „Kochtätigkeit“). Wichtig ist für mich, dass mein Kühlschrank immer gut bestückt ist.

Und jetzt komme ich zum eigentlichen Thema: All meine Einkäufe erledige ich größtenteils bei Merkur und Billa und bin mit diesen Jö-Aktionen sehr zufrieden. Einmal im Monat tätige ich einen in meinen Augen „Großeinkauf“ (100 bis 150 €). Chefmenüs, Konserven und alles Alltägliche usw. Dafür habe ich immer 1.) die 15 %. Diesen Prozentsatz erreiche ich im Laufe des Monats für das Folgemonat. Dann verwende ich 2.) die 25-%-Pickerl für einzelne teurere Posten zwischendurch. Und 3.) achte ich auf die 25-%-Aktionswochen: z.B. Drogeriewaren, Zahnpasta, Seife, Deos, Waschmittel etc.

Für mich ist es eine einfache Einteilungssache, an die ich mich gewöhnt habe. Ob ich per Saldo einen „Gewinn“ habe, weiß ich nicht, da ich die Grundpreise anderer Anbieter nicht kenne und auch nicht vergleiche (Diskonter etc.).

Ernst Neureiter
E-Mail
(aus KONSUMENT 12/2019)

Kein Fan von Jö

Bis vor Kurzem gab es in Leopoldsdorf nur zwei Nahversorger: Merkur und Billa. Als der Jö-Club kam, habe ich meine Kundenkarten entsorgt und die Club Karte aktiviert. Die Ernüchterung kam bald: Nicht die Gesamtpunkte zählen, sondern nur jene vom Vormonat. Dazu kommt, dass praktisch alle Aktionen mit kleingedruckten Ausnahmeregelungen verbunden sind, am umfangreichsten bei „Prozente auf alles“. So bin ich mehr als einmal bei der Kassa als der Dumme dagestanden, weil ich das Kleingedruckte entweder nicht oder nicht genau gelesen hatte.

Zwei konkrete Beispiele: 10 % auf Molkereiprodukte. Also habe ich etwas mehr Käse gekauft. An der Kassa: Käse ist ausgenommen. 10 % auf Frischfleisch. Also habe ich Geflügel gekauft. An der Kassa: Geflügel ist ausgenommen. Seit 3. Oktober haben wir im Ort eine Hofer-Filiale. Bei gleichem Einkaufsverhalten erspare ich mir jede Woche zwischen 10 und 20 Euro. Ohne Club, ohne Friends-Karte, ohne Kleingedrucktes, ohne Musikberieselung und vor allem kann ich einkaufen, ohne meine Daten zur Verfügung zu stellen.

Fazit: Jö-Punkte abgebucht (1 € für 100 Jö-Punkte), Jö-Club gekündigt (danke für das Musterformular), weiteren Ärger erspart. Und wenn ich ab und zu Produkte brauche, die nicht im Hofer-Sortiment vorhanden sind, kann ich das auch ohne Jö-Club kaufen.

Wolfgang Miksche
Leopoldsdorf
(aus KONSUMENT 12/2019)

Downloads

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Kostenbewusst kaufen: Preis-Leistungs-Empfehlungen 2023

Kostenbewusst kaufen: Preis-Leistungs-Empfehlungen 2023

Preis-Leistungssieger. Testsieger sind eine gute Wahl, doch kostenmäßig kann sich auch der Blick in die zweite Reihe lohnen. Wir haben Produkte aus unseren Tests 2023 ausgewählt und uns dabei auf Elektronik und kleine Haushaltsgeräte konzentriert.

Interview mit Nunu Kaller über guten Konsum premium

Interview mit Nunu Kaller über guten Konsum

Die Wienerin Nunu Kaller ist Buchautorin, Konsumkritikerin und Nachhaltigkeitsberaterin. Mit uns sprach sie über ethische Konsumentscheidungen und darüber, wo die Verantwortung von Konsument:innen endet.

Konsumpsychologie: Warum wir Dinge kaufen, die wir gar nicht benötigen

Konsumpsychologie: Warum wir Dinge kaufen, die wir gar nicht benötigen

Univ.-Lekt. Mag. Dr. Josef Sawetz beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Konsum- und Marketingpsychologie. Im Interview spricht er über unsere Überforderung im Markendschungel, warum wir Rabattaktionen auf den Leim gehen, und erklärt, wie man sein Glück abseits des Kaufrauschs findet.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang