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Frau mit Putenfleisch auf einem Brett. Die Frau hat einen verärgerten Blick.
Putenfleisch ausländischer Herkunft wird in Flugblättern besonders gerne zwischen österreichischem Hendlfleisch versteckt. Bild: Krakenimages/Shutterstock

Heimatwerbung in Flugblättern

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Werbung und Wirklichkeit passen bei Lebensmitteln selten zusammen, doch wie in Flugblättern bei der Werbung mit österreichischer Herkunft geschummelt wird, erschreckt mich immer wieder.

Im Zuge der Recherchen für die KONSUMENT-Geschichte „Wo kommt´s her?“ im April-Heft habe ich mir von Ende 2019 bis Ende 2020 unzählige Werbeprospekte der großen Handelsketten in Hinblick auf Ursprungswerbung bei Lebensmitteln angesehen.

Wenig überraschend: Werbung mit Österreichbezug machen alle Handelsketten. Bei rund einem Viertel der abgebildeten Lebensmittel findet man einen Hinweis auf die österreichische Herkunft. Am häufigsten, und zwar bei rund einem Drittel der Lebensmittel, wirbt die Spar-Gruppe mit dem heimischen Ursprung, am wenigsten Billa und Merkur von der REWE-Gruppe – hier findet sich nur bei rund einem Fünftel der in den Flugblättern abgebildeten Produkte ein Österreichbezug.

Österreichwerbung besonders häufig bei Fleisch

Große Unterschiede gibt es in Abhängigkeit der Produktgruppe. Am häufigsten wird bei Fleisch und Fleischwaren für Österreich geworben. An zweiter Stelle stehen Brot und Gebäck, an dritter Stelle Molkereiprodukte.

Bei Fleisch und Fleischwaren ist auffällig, dass häufig mit der österreichischen Herkunft ganzer Produktgruppen geworben wird, aber einzelne Fleischsorten aus dem Ausland kommen. Fleisch ausländischer Herkunft wird geschickt inmitten von Fleisch mit dem AMA-Gütesiegel platziert. Hier muss man als Verbraucher ganz genau schauen, um nicht getäuscht zu werden.

Aufpassen bei Putenfleisch!

Bild eines Flugblattes von Penny
Penny Flugblatt Huhn Pute Anfang 2020 Bild: Beck/VKI

Putenfleisch wird vergleichsweise häufig importiert. Hier ist der Selbstversorgungsgrad besonders niedrig. Und gerade deshalb heißt es aufpassen! Putenfleisch ausländischer Herkunft wird in Flugblättern besonders gerne zwischen österreichischem Hendlfleisch versteckt.

Flugblatt von Lidl
Lidl Österreich Herz Geflügelhof Flugblatt 2020 Bild: Beck/VKI

Oder es wird vom Layout so geschickt platziert, dass man es für österreichisches Geflügelfleisch halten könnte.

Im Flugblatt zum österreichischen Produkt gemacht

Flugblatt von Spar Gourmet
Spar Gourmet Flugblatt Manner Juni 2020 Bild: Beck/VKI

Regelmäßig aufgefallen sind mir auch Produkte, die vom Hersteller nicht als österreichische Lebensmittel beworben werden, aber von den Handelsketten im Flugblatt zu einem österreichischen Produkt gemacht werden.

Eines meiner Lieblingsbeispiele sind die Manner Schnitten. Sie werden zwar in Österreich produziert, jedoch von Manner selbst nicht mit der Herkunft Österreich beworben. Primäre Zutaten (= Hauptzutaten) von Waffeln sind Nüsse und diese stammen zumindest bei der industriellen Produktion mangels Verfügbarkeit nicht aus Österreich. Das heißt, wenn die österreichische Herkunft so wie in diesem Flugblatt beworben wird, muss gleichzeitig auf die nicht-österreichische Herkunft Hauptzutat, in diesem Fall die Nüsse, hingewiesen werden.

Echte Tiroler?

Flugblatt von Penny
Penny Flugblatt "Tiroler" Speckwürfel 2020 Bild: Beck/VKI

Passend zum Tönnies-Skandal vom letzten Jahr machte Penny seine Speckwürfel von Handl im Flugblatt zu „Tiroler Speckwürfeln“. Das Schweinefleisch dafür stammte jedoch nicht aus Tirol sondern neben Österreich auch aus Deutschland und Dänemark. Ganz schön international für Tiroler Speckwürfel finde ich!

Regionale, heurige Erdäpfel im März?

Flugblatt von Penny
Penny Heurige regional und saisonal März 2020 Bild: Beck/VKI

Wie mit Heimat und Regionalität gespielt wird, zeigt das folgende Beispiel. „Weil saisonal und regional schmeckt´s einfach besser“ schreibt Penny in seinem Flugblatt vom vergangenen März unter die sicher nicht regionalen, „heurigen“ Erdäpfel.

Problemfeld Brot und Gebäck

Am zweithäufigsten stellen die Handelsketten in ihren Flugblättern einen Österreichbezug bei Brot und Gebäck her. Das sehe ich als problematisch an, weil man hier nie sicher sein kann, ob nur das Mehl aus Österreich stammt (internationales Getreide gemahlen in einer österreichischen Mühle gilt laut Zollcodex als österreichisches Mehl) oder ob tatsächlich das Getreide in Österreich gewachsen ist. Rechtlich ist beides möglich – eine der vielen Schwächen der Durchführungsverordnung – mehr dazu gibt es im April KONSUMENT zu lesen.

Milchprodukte

Am dritthäufigsten wird laut meiner Recherche bei Milchprodukten die österreichische Herkunft beworben. Tatsächlich gibt es sehr, sehr viele Milchprodukte, die aus österreichischer Milch hergestellt werden. Aber auch hier liegt der Teufel im Detail. Bei Fruchtjoghurt stammen die Früchte fast immer aus dem Ausland. Bei meinem letzten Erdbeerjoghurt Test wuchsen die Erdbeeren in Bulgarien, China, Deutschland, Frankreich, Marokko, Polen, Spanien und der Türkei. Wenig hilfreich ist, wenn in Flugblättern die österreichische Herkunft beworben wird, ohne auf die Herkunft der Früchte hinzuweisen. Jetzt einmal abgesehen davon, dass sich hier auch die Molkereien schön aus der Affäre ziehen und „Früchte anderer Herkunft“ auf das Fruchtjoghurt schreiben anstatt das Kind beim Namen zu nennen und transparent zu agieren.

Wo kommt´s her?

Insgesamt ist das für mich ziemlich unbefriedigend. Im Gegensatz zur Werbung mit Heimat und Regionalität in den Flugblättern sind unsere Lebensmittel ganz schön international geworden. Das wäre auch kein Problem, wenn man hier transparent wäre. Ich esse gerne regionale Lebensmittel und hin und wieder Spezialitäten aus fernen Ländern und wünsche mir hier eine offene Kommunikation. Vor allem möchte ich nicht beim Durchsehen der Werbeprospekte für dumm verkauft werden.

Nicht nur mich ärgert die Werbung für Lebensmittel, auch meine Kollegin Teresa Bauer hat kürzlich dazu gebloggt und uns ihre Top 10 verraten.

Birgit Beck - Expertin: Ernährung
Mag.ª Birgit Beck - Expertin: Ernährung Bild: VKI

Ich arbeite als Projektleiterin im Bereich Untersuchungen und blogge über Lebensmittel- und Ernährungsthemen.

Birgit Beck, Ernährungswissenschafterin

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