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Elektroautos - Keine großen Sprünge

, aktualisiert am

Wer sich für ein Elektroauto entschieden hat, muss vieles berücksichtigen und mit der einen oder anderen Hürde rechnen.

Die europäische Politik versucht, EU-weit wie auch regional mit unterschiedlichen Maß­nahmen Anreize zum Kauf von elekt­risch betriebenen Autos zu schaffen. In Österreich ist dies die Befreiung von Normverbrauchs­abgabe und motorbezogener Versicherungssteuer.

Darüber hinaus können Unternehmen seit heuer den Vorsteuerabzug geltend machen, für privat genutzte Dienstwagen entfällt die Sachbezugsabgabe. Als Obergrenze für den Vorsteuerabzug gilt ein Kaufpreis von 40.000 Euro. Bei teureren Autos, deren Anschaffungswert 80.000 Euro nicht übersteigt, gilt der Vorsteuerabzug für die ­ersten 40.000 Euro.

Elektroautos: Knackpunkt Batterien

Als wesentliches Hindernis beim Kauf eines Elektroautos gilt nach wie vor neben der tendenziell recht geringen Reichweite der deutlich höhere Neupreis. Auch die Skepsis bezüglich der Haltbarkeit der Batterien ist ein wichtiges Thema. Renault und Nissan etwa begegnen diesem Hindernisgrund mit der Möglichkeit, die Batterien nicht zu kaufen, sondern zu mieten, was obendrein den Neupreis erheblich senkt.

Abgesehen von brennenden Autowracks und tendenziösen Skandalmeldungen im Internet gibt es bisher kaum Erfahrungen mit dem Dauereinsatz von Batterien. Was aber als Gradmesser ­gelten kann: Der ÖAMTC stellte 2014 mit dem Mitsubishi iMiEV nach drei Jahren und 40.000 Kilometern ein Nachlassen der Batteriekapazität um 17 Prozent fest. Mittlerweile ist die Technik vermutlich besser geworden.

Unbedenklich wie jedes andere Serienfahrzeug

Man sollte schon etwas Begeisterung für diese neue Art der Mobilität mitbringen und auch eine gewisse Gelassenheit im Hinblick auf nicht vorhersehbare Ereignisse, wenn man auf ein Elektroauto setzt. So lassen sich die Schwierigkeiten leichter meistern. Aber prinzipiell sind die derzeit auf dem Markt befindlichen Elektroautos so unbedenklich zu kaufen wie jedes andere Serienfahrzeug auch.


Die Grundsatzfrage, ob Elektroautos ökologisch sinnvoll sind, haben wir in Elektroautos - Ökologisch sinnvoll? behandelt.

Bauart, Reichweite, Ladezeit

Einfacher gebaut

In ihren maschinenbaulichen Grund­zügen sind Elektroautos sogar einfacher aufgebaut als solche mit Verbrennungsmotor, sie benötigen beispielsweise kein Schalt­getriebe. Selbst elektronische Steuerungen haben in normalen Autos mittlerweile so überhandgenommen, dass eine erhöhte Skepsis gegenüber Elektroautos auch in diesem Punkt nicht angebracht ist.

Die meisten Elektroautos sind entweder ­nahe Verwandte (z.B. Renault Zoe, Nissan Leaf) oder direkte Abkömmlinge (Kia Soul, Mercedes B-Klasse, VW Golf) von Groß­serienfahrzeugen am Schnittpunkt zwischen Kleinwagen und Kompaktklasse.

BMW, Tesla, Renault, Nissan

Eine echte Ausnahme bildet der BMW i3, der sich mit Aluminiumrahmen und Kohlefaser-Karos­serie die Rolle des Technologieführers auf die Fahnen schreibt. Ebenfalls derzeit noch als Ausnahmeerscheinung gilt Tesla in der Luxusklasse.

Mit drei- bis viermal so großen (bzw. leistungsfähigeren) Batterien schafft man gegenüber den kompakten Elektrofahrzeugen mehr als die doppelte Reichweite. Aber auch das Preisniveau des Tesla liegt um ein ähnliches Maß höher. Renault und Nissan bieten auch Kleintransporter mit Elektro­motor an.

Reichweite: Durchschnitt 200 Kilometer

Durch die geringeren Reichweiten ist es bei einem Elektroauto notwendig, das persön­liche Nutzungsprofil genau zu kennen. Statis­tiken helfen da wenig. Da geht es ausschließlich um einen selbst. Die Reichweitenangaben nach dem genormten Fahrzyklus liegen ­üblicherweise um die 200 Kilometer.

Durch Witterungs- und Verkehrseinflüsse und nicht zuletzt abhängig vom persönlichen Fahrstil ergeben sich im Alltag Reichweiten, die zwischen etwas mehr als 100 und knapp 150 Kilometer liegen. Danach ist bei einem batterie­schonenden langsamen Ladevorgang am Haushaltsstromnetz mit einer Ladezeit von etwa zehn Stunden zu rechnen.

Ladezeit verkürzen

Mit entsprechenden technischen Einrichtungen am Fahrzeug und an der Ladestation lassen sich die Ladezeiten bis auf eine halbe Stunde verkürzen (auf 80 Prozent der Batteriekapazität).

Extremes Schnellladen ist aber keine Option für alle Tage, da es auch die Lebensdauer der Batterie verkürzen kann. Schnellladen ist also eher eine Möglichkeit, um mit einem Elektroauto ausnahmsweise längere Strecken zurückzulegen. Aber auch das setzt Planung voraus. Hier ist man nämlich auf öffentliche Ladestationen angewiesen.

Nicht ohne eigene Ladestation

Nicht ohne eigene Ladestation

Die Frage nach dem passenden Auto lässt sich recht schnell klären, zumal das Angebot an Modellen derzeit noch überschaubar ist und die Fahrleistungen letztlich doch sehr ähnlich sind. Da kann durchaus auch das günstigste Finanzierungsmodell entscheidend sein. Da­rüber hinaus könnte höchstens noch die am Fahrzeug selbst zur Verfügung stehende ­Ladetechnik ein Entscheidungskriterium sein, doch dazu später.

Ob man den Sprung in die Elektromobilität grundsätzlich wagen soll, ist überwiegend eine Frage der Rahmenbedingungen im persönlichen Alltag. Ohne eigene Ladestation am Wohnort (auf dem Parkplatz oder in der Garage) ist die Anschaffung eines Elektroautos illusorisch.

Am Land einfacher als in der Stadt

Auch wenn das Elektroauto gerne als ideales Stadtfahrzeug propagiert wird, am einfachs­ten ist es auf dem Land zu betreiben. Jedes Einfamilienhaus besitzt einen Starkstromanschluss, womit sich eine seriöse Station für langsames (3,7 kW) oder beschleunigtes ­Laden (11 kW) installieren lässt.

In der Großstadt hingegen sind die Hürden mitunter gewaltig. Mit dem Satz "ich kann ja nicht mein Verlängerungskabel aus dem Fenster hängen lassen" ist die Situation sehr treffend beschrieben. Aber auch wer einen eigenen Parkplatz besitzt hat noch lange nicht gewonnen. Zur Frage, ob der Installation einer Ladestation auf dem eigenen Parkplatz einer Gemeinschaftswohnanlage alle Mitbesitzer zustimmen müssen, gibt es so viele Rechtsmeinungen wie Experten. Entsprechend schwierig können die Vorbereitungen zur Montage ­einer Ladestation sein.

Ladestationen noch Neuland

Weil sowohl die Hausverwaltung wie auch Mitbewohner, Energieversorger und Elektriker mitreden, kann eine erstaunliche Anzahl an Hinderungsgründen auftreten – auch wenn durch die Verlegung eines Kabels für niemanden, nicht einmal kurzfristig, eine Beeinträchtigung entsteht. Diffuse Ängste zur neuen Thematik sind ­reichlich vorhanden. Auch bei Parkgaragen in ­Neubauprojekten ist die Planung von Ladestationen noch eher Neuland.

Ladewirrwarr als Haupthindernis

Zusätzliche Ladetechnik

Wie schon angedeutet gibt es Ladestationen mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit, für zu Hause wie auch öffentlich. Bei manchen Fahrzeugen ist nur ein sogenanntes Notladekabel serienmäßig, Das bedeutet extrem langsames Laden an einer normalen Schukosteckdose, die eigentlich für das Laden von Elektroautos nicht vorgesehen ist.

Um mit größeren Leistungen zu laden, ist zusätzliche Ladetechnik im Fahrzeug notwendig, die dann oft einen kräftigen Aufpreis ausmacht oder manchmal auch gar nicht erhältlich ist. Das ist mitunter in der Kalkulation und der Einsatz­planung für das Fahrzeug zu berücksichtigen.

Hochleistungs-Schnellladen nur öffentlich

Im privaten Bereich ist nur das Laden mit Wechselstrom bis 11 kW, bei entsprechend dimensionierter Stromversorgung auch bis 22 kW möglich. Das Hochleistungs-Schnellladen mit Wechselstrom (43 kW) und Gleichstrom (50 kW) wird an einigen öffentlichen Ladestationen zusätzlich angeboten.

Ein Netz öffentlicher Ladestationen befindet sich gerade im Aufbau. Da die unterschied­lichen Energieversorger dahinter in hartem Konkurrenzkampf stehen, kann man nur bei jenem Unternehmen laden, mit dem man einen Vertrag hat. Am Beispiel von Supermarkt-Parkplätzen: Da kooperiert die Verbund-Tochter Smatrics mit Rewe (Billa, ­Merkur etc.) und McDonald‘s, Wien Energie mit Spar, Hofer mit der WEB-Windenergie-Tochter Ella.

Viele Lademöglichkeiten nicht zur Verfügung

So ist wohl eines der größten Hindernisse beim Betrieb eines Elektroautos die Tatsache, dass einem eine Vielzahl an Lademöglichkeiten gar nicht zur Verfügung steht, weil man gerade nicht die passende Chipkarte zum Bezahlen hat. Das wäre so, als könnte man mit seiner Benzinkutsche nur bei Shell- oder BP-Tankstellen tanken

Tabelle: Lademöglichkeiten und Steckertypen

Lademöglichkeiten und Steckertypen

Beim Kauf eines Elektroautos ist es auch wichtig, zu wissen, welche Lademöglichkeit vom Fahrzeug unterstützt wird. Schnellladeeinrichtungen im Fahrzeug kosten oft extra (z.B. BMW), manchmal sind sie gar nicht erhältlich (z.B. Gleichstromladen für Mercedes).

Eine Übersicht zu Lademöglichkeiten und Steckertypen finden Sie in der Tabelle auf Seite 5 oder durch Klick auf folgendes Thumbnail:

Elektroautos: Lademöglichkeiten und Steckertypen

Öffentliche Ladesäule

Bild: Rudolf Skarics / www.laggers.at

Links: zum Schnellladen von Wechselstrom.

Mitte: der asiatische Standard (CHAdeMO) zum Schnellladen von Gleichstrom für vorzugsweise japanische und koreanische Autos.

Rechts: Combo oder CCS-Stecker zum Schnellladen von Gleichstrom (europäischer Standard).

 

Leserreaktionen

Total zufrieden

Ich fahre seit eineinhalb Jahren ein reines Elektroauto und bin bis heute total zufrieden. Wir haben das Auto als Zweitwagen angeschafft und fahren jetzt aber sicher 90 % damit. Klar muss man vorher nachdenken, wann man wieweit fahren will. Allerdings sind mittlerweile die Schnellladestationen so weit ausgebaut, dass die Reichweite (zirka 120 km) kein Thema mehr ist.

Der Strom für mein Auto kommt im Normalfall aus meiner eigenen Photovoltaikanlage, also auch CO²-neutral. Die Versicherung ist um einiges billiger als für ein normales KFZ und der Anschaffungspreis ist, wenn man die Ausstattung vergleicht, fast derselbe.

Wenn man dann noch bedenkt, dass ein Auto zirka 90 % des Tages sowieso steht und in dieser Zeit also immer geladen werden kann, stellt sich die Frage warum nicht schon mehr Elektroautos auf Österreichs Straßen zu sehen sind.

User "aha987"
(aus KONSUMENT 7/2016)

Ladewirrwarr

Das Inseldenken vieler Ladestationsbetreiber kann ich aus betriebswirtschaftlicher Sicht ja zu einem kleinen Teil nachvollziehen. Mit dem derzeitigen „Ladewirrwarr“ wird man aber wohl kaum ein breites Publikum für den Umstieg auf die Elektromobilität begeistern können. Als Elektroautofahrer möchte ich nicht mit 10 oder 15 Ladekartenanbietern Verträge abschließen, um bei einem Großteil der Stationen in Österreich zu laden. Leider haben Sie im Artikel die Information vorenthalten, dass es zum Glück diesbezüglich schon innovative Lösungen gibt.

Ich benutze zum Beispiel die Plattformemobility.community. Hier findet man alle Stationen, bei denen auch ohne Ladekarte (mittels PayPal oder Kreditkarte) getankt werden kann. Die meisten Stationen befinden sich zwar derzeit in Deutschland, die Firma has.to.be (Betreiber der Plattform) hat allerdings bis Mitte 2016 weitere 500 Ladepunkte in Österreich angekündigt. Bleibt zu hoffen, dass das Laden eines Elektroautos bald so kundenfreundlich wie das Tanken eines Verbrenners wird.

Lena Czermak
Klosterneuburg
(aus KONSUMENT 6/2016)

Nicht bereut

Ich betreibe selbst seit rund 4 Monaten und 5.500 Kilometern ein E-Fahrzeug als Taxi und habe ihren Artikel mit Interesse studiert. Durch meine Praxiserfahrung glaube ich anmerken zu dürfen, dass es einer der bestrecherchierten Artikel zum Thema E-Fahrzeuge ist, den ich je gelesen habe! Alles Geschriebene stimmt mit der Praxis überein! Ich möchte noch anmerken, dass ich den Kauf des E-Fahrzeuges noch nie bereut habe, im Gegenteil, ein weiterer Umbau meiner kleinen Fahrzeugflotte in Richtung Elektro ist geplant!

Für alle Interessenten an E-Fahrzeugen möchte ich noch auf das meiner Meinung nach informativste Forum für Elektromobilität hinweisen, wo man Antworten auf alle entsprechenden Fragen – auch vor dem Fahrzeugkauf – findet: www.goingelectric.de/forum.

User "KAUFMANN2640"
(aus KONSUMENT 5/2016)

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