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Bahn: Beschwerden - Zores auf Schienen

, aktualisiert am

Verspätung, verpasster Anschluss, falsche Auskunft, Strafzahlung, unverständlicher Tarif, unfreundliches Beschwerdemanagement – das Ungemach, das einem bei Bahnreisen widerfahren kann, ist vielfältig. Frustrierte Bahnkunden wenden sich am besten an die Aufsichtsbehörde.

Konflikte ums Geld

Vor allem wenn es ums Geld geht, verhärten sich Konflikte rasch, weil sich das Bahnunternehmen auf die Tarifbestimmungen zurückzieht und der Fahrgast das Gefühl hat, hier würde zu Unrecht abkassiert. Solche Streitfälle landen mittlerweile immer öfter bei der Schlichtungsstelle der Schienen-Control. 43 Prozent der 775 Beschwerdefälle, bei denen im Jahr 2012 ein Schlichtungsverfahren eingeleitet wurde, betrafen Fahrgeldnachforderungen aufgrund eines fehlenden oder falschen ­Tickets, Inkassogebühren und verweigerte Fahrpreiserstattungen.

Die Änderung des Fahrgastrechte-Gesetzes im Juli 2013 verbesserte die Situation insofern, als jetzt bei nicht erfolgter Zahlung eine Mahnung verschickt werden muss, bevor weitere Schritte zur ­Eintreibung der Forderung gesetzt werden.

Ticketautomat defekt ...

  Fahrkartenautomat (Bild: VKI)  
Ärger mit defekten
Fahrkartenautomaten:
Nur wenn am Bahnhof
keine Personenkassa
geöffnet und kein anderer
Automat vorhanden ist,
ist man zum Einsteigen
in den Zug berechtigt.

Vor allem seit bei Nah- und Regionalverkehrszügen keine Tickets mehr im Zug gekauft werden können, löst das Einsteigen ohne Ticket teure Strafzahlungen aus, wenn kein Ticketautomat im Zug ist: 65 Euro kostet das; wird mangels Bargeld per Erlagschein bezahlt, sind es 95 Euro. Insbesondere Touris­ten und andere Gelegenheitsfahrer tappen hier leicht in die Falle.

... dann ohne Ticket im Regionalzug

Oft sind es die Fahrkartenautomaten der ÖBB, die diese ­Kostenfalle zuschnappen lassen. Denn vielen Reisenden ist nicht klar, unter welchen Umständen ein defekter Ticketautomat sie berechtigt, ohne Ticket in einen Regionalzug zu steigen. Ein tatsächlich defekter Automat berechtigt nur dann zum Einsteigen ohne Ticket, wenn es am Bahnhof keine geöffnete Personenkasse und keinen anderen funktionierenden Automaten gibt.

Kein Bankomat, nur kleine Scheine

Beispiel: Herr K. möchte für eine Bahnfahrt von Jenbach nach Innsbruck vor Fahrtantritt ein Ticket kaufen. Der Schalter ist stark frequentiert. Der Ticketautomat verweigert die Bankomatkarte. Auch einen 20-Euro-Geldschein nimmt der Automat aufgrund des ­geringen Kartenpreises nicht an, denn die Automaten akzeptieren nur Geldscheine, auf die maximal 9,90 Euro Wechselgeld herauszugeben ist. Herr K. geht von einem Defekt aus, steigt in den Zug und will dort ein Ticket erwerben.

Im Zug wird ihm aber eine Strafzahlung abverlangt. Mit der Antwort auf ­seine Beschwerde lässt sich das Bahnunternehmen Zeit. So wendet sich Herr K. an die Schlichtungsstelle der Schienen-Control, die beim Bahnunternehmen urgiert. Im Wege der Kulanz wird die Forderung schließlich auf eine geringe Bearbeitungsgebühr reduziert.

Handyticket zu spät eingetroffen

Auch wer ein Handyticket löst, kann sein blaues Wunder erleben: Frau A. bestellt angesichts des soeben einfahrenden Zuges rasch ein Handyticket und steigt ein. Die SMS-­Mitteilung für das Ticket trifft kurz nach der Abfahrt ein. Zu spät, meint der Zugbegleiter bei der Fahrkartenkontrolle, die Handy­ticket-Bestätigung müsse vor Fahrtantritt zugestellt sein. Frau A. muss nachzahlen, da sie ohne gültiges Ticket eingestiegen ist.


 


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Schadenersatz und Entschädigungen

Auskünfte mit Vorsicht zu genießen

Falsche Auskünfte von Bahnmitarbeitern können Fahrgästen ebenfalls kostspielige Probleme bescheren. Das sind die zweit­häufigsten Beschwerden, die bei der Schlichtungsstelle landen. So passiert es etwa Herrn B., der am Schalter am Bahnhof ein Ticket für seinen Wochenend-Wanderausflug kauft. Die Bahnmitarbeiterin überhört den gewünschten Verwendungszeitpunkt und stellt das Ticket für den aktuellen Tag aus. Herr B. kontrolliert das Datum beim Kauf nicht. Am Tag der Reise sieht er, dass sein Ticket nicht mehr gültig ist, und muss ein neues Ticket kaufen. Tipp: Tickets beim Kauf sofort auf ihre Richtigkeit überprüfen. Lassen Sie sich bei ­telefonischer Ticketbestellung die entgegengenommenen Daten auf jeden Fall wieder­holen, um die Korrektheit zu überprüfen und etwaige Hörfehler auszuschließen.

Schadenersatz bei Verspätungen

Detailliert geregelt sind mittlerweile die ­Entschädigungsansprüche bei Zugverspätungen, Zugausfall und versäumten Anschluss­zügen. Für Fern- und Regionalzüge gelten unterschiedliche Regeln. Doch auch im ­Zusammenhang mit Verspätungsentschädigungen gibt es oft Ärger: Probleme mit dem Fahrplan liegen auf Platz 3 der Beschwerdehitliste der Schienen-Control.

Im Fernverkehr: Entschädigung bei Einzeltickets

Bei Verspätung von Fernzügen (IC-, EC-, railjet-, EN-, WESTbahn-Züge) gibt es Entschädigungen für Fahrgäste, die mit Einzeltickets reisen. Bei Verspätungen ab 60 Minuten stehen 25 Prozent, ab 120 Minuten 50 Prozent des Ticketpreises als Entschädigung zu.

 Zugverspätung (Bild: VKI)

"... nur 57 Minuten Verspätung"

Wieder ein Fall aus der Praxis: Frau G. ­ wendet sich an die Schlichtungsstelle, da ihr Antrag auf Verspätungsentschädigung trotz 60-minütiger Verspätung, was sie sich von einem Bahnmitarbeiter auch bestätigen ließ, abgelehnt wird. Die angerufene Schlichtungs­stelle erhält die Information, die Verspätung habe nachweisbar nur 57 Minuten betragen und die Ablehnung sei daher gesetzes­konform. Im Wege der Kulanz bekommt die Beschwerdeführerin schließlich doch den Entschädigungsbetrag für 60 Minuten in Form von Gutscheinen.

Im Regionalverkehr: Entschädigung bei Zeitkarten

Im Regionalverkehr (z.B. REX, R, S-Bahn) gibt es nur für Besitzer von Wochen-, Monats- und Jahreskarten eine Entschädigung bei Verspätungen. Bei einer Jahreskarte – seit Juli 2013 auch, wenn sie übertragbar ist – entsteht ein Anspruch auf Verspätungsentschädigung, wenn das Bahn­unternehmen im betreffenden Strecken­abschnitt den vorgegebenen Pünktlichkeitsgrad von mindestens 95 Prozent für die dort verkehrenden Züge in einem Geltungsmonat nicht erreicht. Je nach Bahnunternehmen werden Züge bei bis zu drei oder bis zu fünf Minuten Verspätung als pünktlich gewertet. Die Bahnunternehmen sind ab 1. Jänner 2014 verpflichtet, den monatlich tatsächlich erreichten Pünktlichkeitsgrad auf ihren Websites zu veröffentlichen, sodass jeder Fahrgast seinen Entschädigungsanspruch überprüfen kann.

Entschädigungen bei Jahreskarteninhabern

Fahrgäste müssen bei Neukauf bzw. Ver­längerung einer Jahreskarte der Datenübermittlung an die auf der Strecke tätigen Bahnunternehmen ausdrücklich zustimmen. Nur dann wird eine etwaige Entschädigung automatisch am Gültigkeitsende der Jahreskarte ausbezahlt. Gibt es dabei Probleme, sollten sich Fahrgäste unverzüglich an den zuständigen Verkehrsverbund oder das zuständige Bahnunternehmen wenden.

Entschädigungen bei Wochen- und Monatskarteninhabern

Bei Wochen- und Monatskarten leistet die ÖBB-Personenverkehr AG pro Verspätungsfall ab 30 Minuten 0,75 Euro als Entschädigung, die allerdings nur ausbezahlt werden, wenn sich mindestens sechs Verspätungen innerhalb der Geltungsdauer ereignen und zumindest vier Euro an Entschädigungsanspruch zusammenkommen. Für die Geltendmachung benötigt man eine Bestätigung der Verspätung. Sie kann entweder vom Zug­begleitpersonal oder direkt nach Ankunft des Zuges an der Personenkasse eingeholt werden.

Ist das mangels Zugpersonal oder Personenkasse nicht möglich, kann die Verspätungsbestätigung beim ÖBB-Kundenservice unter 05 17 17 eingeholt oder bis 24 Uhr des Folgetages unter http://fahrplan.oebb.at selbst abgefragt und ausgedruckt werden (dazu müssen im Bereich „Züge/Linien“ die Daten unter „Verspätungsbestätigung“ eingegeben werden).

Geheime Tarifänderungen

„Geheime“ Tarifänderungen

Regelmäßig für böse Überraschungen sorgt es, wenn Tarifänderungen kaum kommuniziert werden und die Fahrgäste das erst ­anlassbezogen merken. Denn dabei handelt es sich meist um eine Verschlechterung für die Fahrgäste. So geschehen im Juli 2013, als die ÖBB in ihre Tarifbestimmungen den unscheinbaren Satz einfügten: „Kombinieren Sie Fahrkarten von Verkehrsverbünden und der ÖBB nur an den Haltestellen des Zuges, mit dem Sie fahren.“

Fahrkarten-Stückelungen erschwert

Damit wurde die Möglichkeit, bei Benutzung eines Fernzuges die vorhandene Verkehrsverbund-Zeitkarte mit dem ÖBB-Tickets zu stückeln, drastisch eingeschränkt. Konnte man bis dahin die vorhan­dene Jahreskarte Graz bis zur Stadtgrenze nutzen und ab Stadtgrenze das ÖBB-Ticket nach Wien lösen, geht das jetzt nur, wenn der Zug an der Stadtgrenzen-Haltestelle hält – was kein Fernzug tut. Dass für die Zone 100 (Wien) eine Ausnahme gilt, macht die Situation nicht nachvollziehbarer.

Onlinetickets im Ausland buchen

Dringenden Reparaturbedarf sieht die Schlichtungsstelle der Schienen-Control beim Buchen von Onlinetickets mit Ausgangspunkt der Reise im Ausland. Denn das ist momentan nur noch aus Deutschland, der Schweiz und Italien möglich.

Undurchsichtiger Tarifdschungel

Sie kritisiert auch, dass es die ÖBB bei der Kundmachung der Ticketpreise immer wieder an Transparenz mangeln lassen. So werden die ÖBB-Standardpreise in den Tarifbestimmungen bzw. auf der Website nicht mehr veröffentlicht. Auch auf den Ticket­automaten werden nicht einmal die wich­tigsten Tarifbestimmungen angeführt. Und dass SparSchiene- und Mobile-SMS-Tickets derzeit von der Erstattung ausgeschlossen oder stark eingeschränkt sind, sei ebenfalls endlich zu ändern.

Zusammenfassung

  • Kleingeld bereithalten. Die ÖBB-Fahrkartenautomaten geben maximal 9,90 Euro Wechselgeld heraus – daher kleine Scheine und Münzen einstecken.
  • Ticketdatum überprüfen. Beim Kauf eines Tickets sofort die Richtigkeit des Gültigkeitsdatums überprüfen.
  • Der Datenübermittlung zustimmen. Bei Neukauf bzw. Verlängerung einer Jahreskarte der Datenübermittlung an die zuständigen Bahnunternehmen ausdrücklich zustimmen, um sich den Entschädigungsanspruch bei Verspätungen zu sichern.
  • Handyticket rechtzeitig lösen. Die SMS-Mitteilung für ein gelöstes Handyticket muss vor Abfahrt des Zuges einlangen, sonst ist es kein gültiges Ticket.
  • Schlichtungsstelle hilft. Wird Ihre Beschwerde vom Bahnunternehmen abgelehnt, können Sie sich an die Schlichtungsstelle der Schienen-Control wenden. Bei Beschwerden über ausländische Bahnen hilft das Europäische Verbraucherzentrum.

Leserreaktionen

Für Radler kundenfeindlich

Radfahrer sind bei den ÖBB unbeliebte Konkurrenz. Anstatt, dass man die Kombination der beiden Verkehrsmittel schon aus Umweltaspekten anstrebt, wird der Radfahrer, der bei einem Schlechtwettereinbruch die Möglichkeit nutzen will, auch mal nur eine (Teil-) Strecke mit dem Zug zu fahren, mit kundenfeindlichen Tarifmodellen verärgert.

Es gibt zwar Wochen- und Monatskarten fürs Fahrrad im Regionalverkehr, eine Einzelfahrkarte sucht man fürs Rad vergeblich. Für eine noch so kurze Bahnstrecke ist eine Ganztagesradkarte zu kaufen, die immerhin 5 € kostet (was oft mehr ist, als der Rad-Fahrgast noch zusätzlich für sich selbst bezahlt). Nimmt man dann noch eine Schnellverbindung in Anspruch, so verteuert sich der Radtransport um weitere 5 €.

Wer sich eine Wochen- oder Monatskarte fürs Rad kauft, der kann in Ballungsräumen davon ausgehen, dass er in den Zügen häufig keinen Platz bekommt und so seine Karte teilweise verfallen lassen muss.

User "prä"
(aus KONSUMENT 2/2014)

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