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Aspartam haltige Lebensmittel
In all diesen Lebensmitteln ist Aspartam enthalten Bild: VKI/Alexandra Konstantinoudi

Aspartam laut WHO möglicherweise krebserregend

Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft den Süßstoff Aspartam als möglicherweise krebserregend für Menschen ein. Warum das Risiko besteht und wo er enthalten ist.

Laut Schätzungen konsumieren rund 200 Millionen Menschen weltweit regelmäßig den kalorienarmen Süßstoff Aspartam. Er ist etwa in Light-Softdrinks, Kaugummis und Energy Drinks enthalten. Nun hat die Krebsforschungsagentur IARC der WHO „begrenzte Belege“ für den Zusammenhang zwischen Konsum und Krebs gefunden. Dafür hat die IARC 1.300 internationale Studien ausgewertet. Die Aufgabe der IARC ist es, mögliche Krebsauslöser zu benennen, damit diese in weiterer Folge von der WHO eingestuft werden können.

Francesco Branca, Direktor für Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit der WHO, warnt vor Panikmache. "Wir raten Unternehmen nicht dazu, ihre Produkte zurückzurufen, und wir raten Verbrauchern auch nicht, den Konsum komplett einzustellen", sagte Branca in einer Pressekonferenz. Die WHO rate nur zu etwas Mäßigung, die erlaubte Tagesdosis bleibe gleich.

Aspartam – was ist das?

Aspartam ist ein künstlich hergestelltes Süßungsmittel, das in der EU auch unter der E-Nummer E 951 bekannt ist. Der Süßstoff ist einer der am häufigsten genutzten künstlich hergestellten Süßstoffe und wird in rund 90 Ländern und schätzungsweise 6.000 Lebensmitteln eingesetzt. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Dipeptid, das aus den beiden Aminosäuren L-Aspargin und Phenylalanin besteht. Die drei wesentlichen Bestandteile, in die Aspartam durch Enzyme und Peptide abgebaut wird, sind die Aminosäuren Phenylalanin und Asparaginsäure sowie Methanol. Der Süßstoff hat fast genauso viele Kalorien wie Zucker, da der Süßstoff aber 200-mal so süß ist, benötigen Konsument:innen nur einen Bruchteil davon, um denselben süßen Geschmack zu erhalten.

Wo ist Aspartam enthalten?

In Europa ist das Süßungsmittel für die Verwendung als Tafelsüßstoff und als Lebensmittelzusatzstoff in Nahrungsmitteln zugelassen. Er kommt etwa in Kaugummis, Getränken, Milchprodukten, Backwaren, Desserts und Süßwaren sowie in kalorienreduzierten Produkten zum Einsatz. Auch in Medikamenten ist er enthalten.

Warum ist Aspartam möglicherweise krebserregend?

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat den Süßstoff laut Studienlage lange als unbedenklich für den menschlichen Verzehr eingestuft. Im Juni 2023 bewertete die Arbeitsgruppe IARC, ein Gremium der WHO, zum ersten Mal die krebserzeugende Eigenschaft. In diesem Zusammenhang gebe es begrenzte Beweise für das hepatozelluläre Karzinom, eine Form von Leberkrebs, weshalb er in die Gruppe 2B der möglicherweise krebserregenden Stoffe einzuordnen sei.

Auch bei Versuchen mit Mäusen und Ratten zeigte sich im Jahr 2000 eine höhere Tumorrate, diese Studien stehen jedoch wegen der hohen Dosis und wegen methodischer Mängel in der Kritik. Nachfolgende Tierstudien wie eine aus 2021 zeigt jedoch, dass das Krebsrisiko durch den Süßstoff zumindest leicht erhöht wurde. Weitere Experimente haben gezeigt, dass er eine chronische Entzündungsreaktion auslösen und die Zellalterung beeinflussen kann, was die Wahrscheinlichkeit für eine Krebserkrankung erhöhen könne. Eine Studie aus Frankreich hat über Jahre mehr als 100.000 Menschen ihre Ernährungsgewohnheiten aufzeichnen lassen und konnte so einen Zusammenhang zwischen künstlichen Süßstoffen (insbesondere Aspartam und Aecsulfam-K) und einem erhöhten Gesamtkrebsrisiko herstellen.  

Was bedeutet die Einstufung?

2B ist die zweitniedrigste Klassifikationsstufen der WHO. Auf dieser Stufe finden sich unter anderem Produkte aus Aloe Vera-Blättern, Blei oder die Arbeit in einer Tischlerei. Zum Vergleich: In Stufe 2A – also unter „wahrscheinlich krebserregend“ fallen etwa eine HPV-Infektion, rotes Fleisch und das Frittieren bei hohen Temperaturen. Zur Stufe 1, die Gruppe der definitiv krebserregenden Substanzen, zählen Asbest, Rauchen und der Konsum von verarbeitetem Fleisch (z. B. Wurstwaren).

Aspartam – wie viel ist schädlich?

Der gemeinsame FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) sieht aufgrund der vorliegenden Studien keinen Bedarf, die zulässige Tagesdosis zu verändern. Es gebe „keine überzeugende Evidenz“ dafür, dass der Süßstoff Nebenwirkungen habe.

Grund für die unklaren Verhältnisse zwischen den beiden Behörden IARC und JECFA sind zwei englische Begriffe und zwei unterschiedliche Aufträge. Die Krebsforschungsagentur habe den Auftrag erhalten, „Hazard“ von Aspartam zu bewerten – also herauszufinden, ob der Süßstoff potenziell das Krebsrisiko erhöhen könne. Der Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe hat sich jedoch mit „Risk“ beschäftigt, also mit der Frage, ob er das Krebsrisiko unter bestimmten Bedingungen auch wirklich erhöhe. „Hazard“ wie Aspartam wird also nur bei häufigem Konsum zu einem „Risk“.

Warum kein Aspartam

Seit dem Jahr 1981 liegt die zulässige Tagesdosis bei maximal 40 mg Aspartam pro kg Körpergewicht. Das Problem: Konsument:innen können nicht wissen, wie viel des Süßstoffes im jeweiligen Lebensmittel enthalten ist, da die Hersteller auf den Verpackungen keine Grammangaben dazu machen. Somit haben Verbraucher:innen keine Chance, sich an der zulässigen Tagesdosis zu orientieren. Wer also auf der sicheren Seite sein und keine möglicherweise krebserregende Substanz zu sich nehmen möchte, sollte weitestgehend auf den Süßstoff verzichten. Bei Getränken sind generell ungesüßte zu bevorzugen, etwa Wasser, Tee oder stark gespritzte Fruchtsäfte.

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