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Mann schleppt einen großen Stein mit hohen Kreditzinsen einen Berg empor
Steigen die Leitzinsen, steigen die Kreditzinsen Bild: Creativa Images/Shutterstock

Zinserhöhung: Was tun bei steigenden Kreditzinsen?

Die Europäische Zentralbank erhöht die Zinsen. Das wirkt sich sehr schnell auch auf die Zinsen bei Krediten aus. Sowohl bei neuen Krediten als auch bei Kreditverträgen mit variabler Verzinsung sollten Sie darauf achten. Wir sagen, wie Sie reagieren können.

Bei variabel verzinsten Krediten sorgt die sogenannte Zinsgleitklausel für die regelmäßige Überprüfung des angesetzten Zinssatzes und für dessen Anpassung an den Markt. Verbraucherinnen und Verbraucher werden dann von der Bank im Voraus über die Zinsanpassung informiert.

Welche Faktoren haben Einfluss?

Dabei sind meistens nicht die in den Medien diskutierten Leitzinsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) ausschlaggebend, sondern die täglich festgestellten Kapitalmarktzinsen, wie z.B. der Euribor. Allerdings haben die EZB-Entscheidungen sehr wohl Einfluss auf die Zinsentwicklung der Kapitalmarktzinssätze.

Steigende Belastung

Ein höherer Zinssatz verteuert den Kredit. Dies hat Auswirkungen – sowohl auf die Gesamtkosten des Kredites als auch auf die monatliche Belastung. Dazu ein einfaches Beispiel: Steigt der Zinssatz bei einem aushaftenden Saldo von 100.000 Euro von zwei auf drei Prozent an, müssen monatlich in etwa 50 Euro mehr zurückgezahlt werden. Bei Immobilienfinanzierungen und einem Anstieg von mehreren Prozenten kommen hier dann sehr schnell hohe monatliche Belastungen zusammen. Weitere Beispielsszenarien finden Sie im weiteren Verlauf des Artikels.

Was tun?

Haben Sie durch steigende Zinsen (oder auch durch andere Ursachen) Probleme, die monatliche Rate zu leisten, müssen Sie sofort handeln. Als Erstes bietet sich ein Gespräch mit der finanzierenden Bank an, um die Möglichkeiten auszuloten. Dabei können Sie auch verschiedene Optionen kombinieren. Diese sind:

1. fixen Zinssatz vereinbaren: Ein fixer Zinssatz schützt vor weiteren Zinsanstiegen. Fixe Zinssätze werden von den Banken mit üblicherweise 10, 15 oder 25 Jahren Zinsbindung angeboten. Für die Zinsfestschreibung verlangt die Bank einen Aufschlag auf den aktuellen Zinssatz. Je länger die Bindung, desto höher wird auch der Aufschlag sein. Das Eingehen einer Fixzinsvereinbarung bietet sich daher für 2 Szenarien an:

  • Man erwartet weitere Zinsanstiege in höherem Ausmaß;
  • man möchte die monatliche Rate fixieren, um nicht in Zahlungsschwierigkeiten zu kommen.

Fixzinsvereinbarungen sind für den Verbraucher lohnend, wenn der Zinssatz während der Laufzeit stark ansteigt. Bleibt er gleich oder sinkt er sogar, zahlt man mit der Fixzinsvereinbarung mehr.

2. Rückführung: Hat man durch eine Phase niedriger Zinsen Kapital angesammelt, kann eine Sondertilgung geleistet werden. Diese reduziert nicht die monatliche Rate, verkürzt aber die Laufzeit des Kredites. Man kann Sonderzahlungen bei variabel verzinsten Krediten auch mit anderen Möglichkeiten kombinieren, z.B. eine Sonderzahlung mit anschließender Umwandlung in eine Fixzinsvereinbarung, um die monatliche Belastung stabil zu halten.

3. Laufzeit verlängern: Eine Alternative, wenn die Gefahr besteht, dass die Begleichung der monatlichen Raten bald nicht mehr möglich sein wird. Sie ist allerdings nur dann umsetzbar, wenn die maximale Laufzeit noch nicht ausgereizt wurde. Der Nachteil: Durch die Verlängerung steigen die Gesamtkosten des Kredits. Aufgrund des längeren Zeitraums, in dem das Kapital verzinst wird, muss man insgesamt mehr zurückzahlen als ursprünglich erwartet.

4. Mehr einsparen: Loten Sie aus, wo Sie noch einsparen können. Dazu empfiehlt es sich, eine ehrliche und realistische Haushaltsrechnung durchzuführen. Damit können große Kosten im Budget aufgedeckt und auch festgestellt werden, welches Einsparungspotenzial tatsächlich vorhanden ist.

Gelassen bleiben

Haben Sie genügend Spielraum bei der monatlichen Belastung, ist panisches Handeln nicht angesagt. Ein Wechsel in einen Fixzinskredit hat eine höhere Zinsbelastung zur Folge. Das bedeutet, erst wenn dieser Aufschlag (zur Zeit ca. 2 bis 2,5%) durch die Zinsanstiege überschritten wurde, haben Sie auch einen Vorteil davon. Geht der Zinssatz dann nach kurzer Zeit wieder nach unten, zahlen Sie bei der Fixzinsvereinbarung am Ende vielleicht doch mehr. Die richtige Reaktion hängt also sehr von der entsprechend schwierigen Einschätzung ab, wie sich der Kapitalmarkt künftig entwickeln wird.

Geldanlage, Sparen

An sich sind Zinsanstiege bei der Geldanlage für die Anleger eine positive Sache. Mehr Zinsen bedeuten mehr Ertrag. Allerdings gibt es auch Ausnahmen.

Anleihenbesitzer: Bei steigenden Zinsen muss die Rendite der Anleihe für die Restlaufzeit etwa der Kapitalmarktrendite entsprechen – natürlich abhängig von der Bonität etc. Bei steigenden Kapitalmarkt-Zinssätzen führt dies dazu, dass die Kurse der Anleihen nachgeben. Die Rückzahlung zum Nominalwert ist davon zwar nicht betroffen, sollte man aber die Anleihe während der Laufzeit verkaufen wollen oder müssen, sind hier Verluste möglich. Prüfen Sie daher, ob Sie die Anleihe behalten wollen oder ob ein vorgezogener Verkauf sinnvoll ist.

Geld neu anlegen: Erwartet man Zinssatzsteigerungen, sollte man eine Neuanlange nicht langfristig angehen, um sich nicht zu einem vielleicht schlechten Zinssatz auf Jahre hinaus zu binden. Ein Zwischenparken von einigen Monaten kann sich auszahlen.

Beispielszenarien

Die drei beschriebenen Szenarien gehen von folgenden Annahmen und Parametern aus:

  • Aushaftender Saldo / Kreditbetrag: € 100.000,- (bei einem Saldo von € 200.000,- verdoppeln sich die angegebenen Werte, bei € 300.000,- verdreifachen sich diese und so fort)
  • Werte wurden jeweils für (Rest)Laufzeiten von 10, 15 und 20 Jahren berechnet
  • Als Vergleich wurde immer ein Fixzinssatz über die gesamte (Rest)Laufzeit von 3% angenommen. Die „fixen“ Raten für die jeweiligen Laufzeiten betragen: 10 Jahre – 965 Euro; 15 Jahre – 690 Euro; 20 Jahre – 555 Euro.
  • Kosten für eine eventuelle Umschuldung wurden nicht berücksichtigt.

Szenario 1: Zinsniveau steigt kontinuierlich

In unserem ersten Szenario gehen wir davon aus bzw. treffen wir die Annahme, dass sich das Zinsniveau in den nächsten Jahren kontinuierlich steigert. In unserem Fall liegt der aktuelle variable Zinssatz bei 1,5%, steigt Anfang nächsten Jahres auf 2%, ab 2024 auf 3%, 2025 dann auf 4%, 2026 auf 5% und pendelt sich ab 2027 auf 6% ein.

Das würde dazu führen, dass sich im Vergleich zu einem durchgehenden Fixzinssatz von 3% sowohl die monatlichen Raten als auch die Gesamtkosten beim variablen Kredit ungünstiger entwickeln. Bei einer Restlaufzeit von 10 Jahren erhöht sich die „variable“ Rate von etwa 900 Euro im Zeitablauf bis 2027 auf 1.050 Euro (die Gesamtkosten sind beim variablen Kredit um etwa 5.000 Euro höher). Bei 15 Jahren Laufzeit erhöht sich die Rate von 620 Euro auf 800 Euro (Gesamtkosten um fast 14.000 Euro höher), bei 20 Jahren Laufzeit von 480 Euro auf 680 Euro (Gesamtkosten um 24.000 Euro höher).

Fazit: wer davon ausgeht, dass sich das Zinsniveau kontinuierlich nach oben bewegt, sollte sich von seiner Bank einige Szenarien berechnen lassen bzw. vorfühlen, welche Fixzinsmodalitäten aktuell zu bekommen sind.

Szenario 2: Zinssatz steigt zuerst stark, flacht danach wieder ab

In Szenario 2 gehen davon aus, dass das Zinsniveau und somit unser angenommener variabler Zinssatz des Wohnkredite bis zum Jahr 2025 stark ansteigt, anschließend aber auch wieder abflacht. Aktuell liegt unser fiktiver Wohnkredit bei 2% variabel, Anfang 2023 steigt dieser auf 3,5%, Mitte 2023 auf 5%, Anfang 2024 auf 6% und flacht aber Mitte 2024 wieder ab. Und zwar auf 5%, Anfang 2025 auf 4%, Mitte 2025 auf 3%, Anfang 2026 auf 2,5% und ab Mitte 2026 auf 1,5%.

In diesem Szenario lohnt sich ein Umstieg auf eine Fixzinsvereinbarung von hier 3 Prozent nicht mehr. Bei einer Restlaufzeit von 10 Jahren gibt es keine Unterschiede in den Gesamtkosten, auch wenn die Rate kurzfristig auf fast 1.100 Euro (vom Ausgangsniveau von 920 Euro) ansteigt. Bei 15 Jahren Restlaufzeit schneidet die variable Variante bei den Gesamtkosten schon um mehr als 3.500 Euro besser ab, bei 20 Jahren Laufzeit sind´s schon fast 8.000 Euro Unterschied.

Szenario 3: Zinsniveau steigt nur in diesem Jahr leicht

Bei Szenario 3 treffen wir die Annahme, dass das Zinsgespenst schnell wieder verschwindet und das Zinsniveau nur in diesem Jahr leicht ansteigt und sich dann wieder auf jetzigem Niveau einpendelt. Variabel hat unser fiktiver Kredit aktuell 1,5%, ab dem vierten Quartal diesen Jahres steigt dieser auf 2,5%, flacht allerdings Anfang nächsten Jahres wieder auf 2% ab und liegt dann Mitte nächsten Jahres wieder bei 1,5%. Ein Umstieg auf einen 3%-Fixkredit wäre hier naturgemäß mit immensen Verlusten verbunden. Bei 10 Jahren würde man in der Fixzinsvariante um mehr als 7.500 Euro mehr zurückzahlen, bei 15 Jahren bereits um 12.000 Euro mehr, bei 20 Jahren sogar fast 17.000 „zu viel“.

Prognose aktuell schwierig

Glaskugel hin oder her – keiner weiß aktuell wo die Reise hingeht. Drei Experten, fünf Meinungen – man sollte sich wohl selbst ein Bild machen, für sich selbst Annahmen treffen wo es hingehen könnte und sich von seiner Bank verschiedenste Szenarien durchrechnen lassen. Steigen die Zinsen tatsächlich stark an, zahlt man schon einmal bei langer Restlaufzeit und hohen aushaftender Summe mehrere hundert Euro monatlich mehr zurück. Andersrum kann sich ein Umstieg auf eine Fixzinsvereinbarung auch als Fehlentscheidung herausstellen. Es ist wie so oft: die Entscheidung kann einem keiner abnehmen – jeder muss für sich (und oder seine Familie) entscheiden, welchen der vielen Wege man einschlägt.

Was tun, wenn es eng wird?

Sind die Verhandlungen festgefahren und die eigene Bank lässt nicht mehr mit sich reden, heißt es vor allem: aktiv werden! Sie können sich immer noch umsehen, eine andere Bank finden und umschulden. Je früher Sie dies versuchen – also noch bevor Mahnungen und Zahlungsschwierigkeiten auftreten –, desto besser ist Ihre Verhandlungsposition. Eventuell bekommen Sie bei einem Mitbewerber die Zinsbindung, die Sie brauchen. Fühlen Sie sich von Ihrer Betreuung/Beratung falsch beraten und behandelt, kann der Weg zu Ombudsmann oder Schlichtungsstelle eine Lösung sein.

Schuldnerberatung

Sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft und die monatliche Belastung ist immer noch nicht leistbar, sollten Sie den Weg zur Schuldnerberatung einschlagen. Dort kann professionell festgestellt werden, wo noch Möglichkeiten der Einsparung vorhanden sind.

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