Gemeinsamkeiten
In vielem unterscheiden sich die getesteten Tücher kaum. Sie bestehen alle aus vier Lagen und messen ca. 21 cm im Quadrat. Keines enthält Formaldehyd oder antimikrobielle Wirkstoffe, Schimmel- oder Hefepilze. Alle Produkte tragen zumindest ein Siegel, das über die Herkunft des Ausgangsstoffes Aufschluss gibt; vom FSC mit Mindeststandards bis hin zum Blauen Engel, der mit dem Österreichischen Umweltzeichen vergleichbar ist. Und überall sind zehn Taschentücher im Packerl ... Wirklich? Nein, bei Feh, Kleenex und Regina sind nur neun drinnen.
Dafür gibt es natürlich keine Notwendigkeit. Da die meisten Konsumentinnen und Konsumenten zehn Stück pro Packung erwarten, bleibt der schale Beigeschmack der Kundentäuschung über ein anderes Verhältnis zwischen Preis und Tücheranzahl.
Preis: unterschiedlich
Apropos Preis. Dieser fällt sehr unterschiedlich aus. Markentaschentücher (Feh, Kleenex, Tempo, Regina) sind mit Kosten von über 16 Cent je 10 Tücher mehr als doppelt so teuer wie der Großteil der Testkandidaten. Bei den Eigenmarken liegt der Preis mit einer Ausnahme unter 8 Cent. Rückschlüsse vom Preis auf die Qualität lassen sich nicht ziehen. Woraus die Taschentücher bestehen – Zellstoff oder Altpapier –, verrät nur die Hälfte der Hersteller.
Praxistauglich
In der Anwendung eines Papiertaschentuchs spielen die Reißfestigkeit und das Feuchtigkeitsaufnahmeverhalten eine wesentliche Rolle. Die Festigkeit lässt bei der Mehrzahl keine Wünsche offen, selbst die schlechteren Produkte schafften in dieser Kategorie ein „gut“. Was die Feuchtigkeit anbelangt: Knapp die Hälfte der Produkte konnte diese sehr schnell aufnehmen. Die Feuchtigkeitsmenge, die von den Taschentüchern aufgesaugt wird, entsprach allerdings nicht den Vorstellungen der Tester. Hier wurden nur die Noten „durchschnittlich“ und „weniger zufriedenstellend“ vergeben.
Irreführung
Auf drei Taschentuchpackungen (Tempo, Regina, Soft Star von Müller) befindet sich der Aufdruck „dermatologisch getestet“, auf einer weiteren (Feh) der Aufdruck „dermatologisch bestätigt“. Damit soll wohl der Eindruck erweckt werden, dass es sich um ein besonderes und für empfindliche Personen unbedenkliches Produkt handle. Doch dieser Eindruck täuscht. „Dermatologisch getestet“ besagt nur, dass das Produkt in Gegenwart eines Dermatologen getestet wurde – es gibt allerdings keine Auskünfte über das Testergebnis, über das Untersuchungsverfahren, die Unabhängigkeit der Prüfer oder die wissenschaftliche Protokollierung der Untersuchungen. Nachdem dieser Aufdruck also sehr wenig aussagt und Sicherheit vorspiegelt, gab es für den Marketing-Schmäh dieser vier Taschentücher einen Punkteabzug.
Schadstoffe
Wir verwenden Taschentücher im Gesicht, wo sie in Kontakt mit den Schleimhäuten der Nase treten, oder manchmal selbst bei kleineren offenen Wunden. Da stellt sich schon die Frage nach eventuell vorhandenen Schadstoffen. Die Antwort beruhigt. In keinem Tuch wurden antimikrobielle Wirkstoffe – eine Art Desinfektionsmittel – oder Formaldehyd gefunden. Einzig bei den optischen Aufhellern gab es Auffälligkeiten. Es gibt zwar keine Studien, die optischen Aufhellern eine Gefahr zuschreiben, und auch keine gesetzliche Regelung.
Was aber bleibt, ist die Vermutung einer hormonellen Wirkung und die Empfehlung des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung, dass Hygienepapier keine optischen Aufheller abgeben darf. Bei den beiden Recycling-Produkten („Soft & Sicher Recycling“ von dm sowie „Soft Star Die Bewussten Recycling“ von Müller) war dies aber in geringem Ausmaß der Fall. Nachdem sie gemäß der strengen Vorgaben des Blauen Engels jedoch gar keine Aufheller verwenden, dürften diese noch aus dem ursprünglichen Altpapier stammen.
Keime
Auch bei der Mikrobiologie waren die Taschentücher aus wiederverwendetem Altpapier auffällig. Allerdings gemeinsam mit Celimoll von Penny, das kein Recycling-Produkt ist. Die drei wiesen um ein Vielfaches mehr an Bakterien auf als die übri- gen Testkandidaten. Fakt ist, dass Bakterien eine große Herausforderung bei der Papierherstellung darstellen. Sie kommen mit dem Rohmaterial Fasern oder mit Wasser in Berührung, und es ist Aufgabe der Hersteller, den Produktionsprozess im Auge zu behalten, damit der Bakteriengehalt im Endprodukt so gering wie möglich ist. Hier muss ein dringender Appell an die Hersteller gerichtet werden, sauberer zu arbeiten.
Krankheitserregende Bakterien im Papier
Die erhöhten Werte in der Mikrobiologie bedeuten nicht, dass Konsumentinnen und Konsumenten durch die Verwendung dieser Produkte erkranken. Sie zeigen nur die erhöhte Wahrscheinlichkeit an, dass sich krankheitserregende Bakterien im Papier befinden.
Zeugnisvergabe
Nach Absolvierung aller Prüfungen war der Testsieg für „Lovely“ in trockenen Tüchern. Mit dem einzigen „sehr gut“ schnupfte der Artikel des Lebensmittelhändlers Spar die anderen Kandidaten klar. Seine Benotung verdankt er vor allem der schnellen Feuchtigkeitsaufnahme und den niedrigen und damit guten Werten bei der Mikrobiologie. Der beste Verfolger kommt mit „Soft & Sicher Classic“ von dm ebenfalls aus dem Niedrigpreissegment. Er führt klar die acht mit „gut“ bewerteten Taschentücher an.
Als schlechteste Note wurde ein „durchschnittlich“ vergeben. Hier finden sich mit „Regina Softis“ das teuerste Produkt und die drei mit großem Abstand schlechtesten in der Kategorie Mikrobiologie: „Celimoll extra soft“ von Penny sowie „Soft & Sicher Recycling“ von dm und „Soft Star Die Bewussten Recycling“ von Müller.
Resümee: etliche gute, praxistaugliche Produkte
Wie unser Taschentuch-Test zeigt, gibt es eine Reihe guter Produkte auf dem österreichischen Markt, die alle praxistauglich sind. Die zwei Besten sind preisgünstige Eigenmarken. Teuer bedeutet nicht besser – wieder einmal. Dass die beiden untersuchten Recycling-Produkte nicht zu den „Guten“ gehören, ist schade. Denn im Hinblick auf den Verbrauch der Ressourcen Holz und Wasser bei der Herstellung von Primärzellstoff für die Papiererzeugung ist Recyclingpapier als Alternative sinnvoll.
Und der idente Test von Recycling-Taschentüchern unserer Partnerorganisationen in anderen Ländern zeigt, dass es auch ohne eine so hohe Keimbelastung – und ohne Abgabe von optischen Aufhellern – geht.