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Recht auf Reparatur: Kaputtes Smartphone wird repariert
Das Recht auf Reparatur soll die Lebensdauer von Elektronikgeräten verlängern Bild: New Africa / Shutterstock.com

Recht auf Reparatur: Neuer Vorschlag der EU-Kommission

Die Europäische Kommission möchte es Verbraucher:innen erleichtern, ihre Geräte reparieren zu lassen, anstatt neue zu kaufen. Auch gegen Greenwashing wird vorgegangen.

Das Ladegerät des Staubsaugers, der Akku der Alarmanlage, die Verschlusskappe des Luftbefeuchters, der Kabelbruch des Handmixers, der Aufsatz des neuen Barttrimmers. Gehen diese Teile kaputt oder verloren, gibt es für die Nutzer:innen sehr oft die Antwort: Ersatzteile nicht verfügbar. Der Rat der Hersteller oder des Handels lautet: Neuware kaufen. Das wollen Konsument:innen aber immer weniger oft akzeptieren und schreiben uns. All die eingangs erwähnten Geräte sind Beispiele aus der Praxis, Fälle, die wir per E-Mail zugeschickt bekommen haben. Die Verbraucher:innen möchten aus Nachhaltigkeits- und Umweltschutzgründen nichts neu kaufen, sondern ihre – bis auf ein Teil – funktionierenden Geräte weiter benutzen.

Auch die geplante Obsoleszenz stößt vielen Menschen sauer auf. Diese besagt, dass Produkte so konzipiert sind, dass sie nach einer bestimmten Nutzungsdauer nicht mehr funktionieren oder manche Komponenten nicht herausgenommen und ersetzt werden können. Dabei ist Elektroschrott der am stärksten zunehmende Abfallstrom innerhalb der EU. Laut EU-Kommission fällt durch das Wegwerfen von noch reparierbaren Geräten europaweit 35 Millionen Tonnen Müll pro Jahr an.

Müllhalde mit Bergen von Elektroschrott
Entsorgte Produkte, die repariert werden können, führen jährlich zu 35 Mio. Tonnen Abfall in der EU Bild: Morten B / Shutterstock.com

Recht auf Reparatur

Ein Jahr ist es her, dass das EU-Parlament mit 509 zu 3 Stimmen eine Forderung nach einem Recht auf Reparatur der EU-Kommission angenommen hat. Den Abgeordneten war dabei wichtig, dass sich ein wirksames Recht auf Reparatur auf den gesamten Produktlebenszyklus auswirkt, also Einfluss auf Produktdesign, ethische Produktion, Normung und Verbraucherinformation bis zu Kennzeichnung der Reparierbarkeit hat. Das Recht auf Reparatur soll es Verbraucher:innen einfacher und kostengünstiger machen, defekte Geräte zu reparieren. Denn ausrangierte Produkte sind oft reparierbar und werden zu schnell weggeworfen, was zu  35 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr in der EU führt. 

Dieses neue Gesetz, dessen Vorschlag immer wieder verschoben wurde, gilt als wesentlicher Schritt für den Plan der EU, bis zum Jahr 2050 eine Kreislaufwirtschaft zu realisieren, die wiederum Teil des europäischen Grünen Deals – also des Fahrplans zur Klimaneutralität – ist. Obwohl Elektrogeräte im Fokus der Debatte stehen, ist davon auszugehen, dass auch andere Produktkategorien davon betroffen sein werden.

Zwei Drittel der EU-Bürger:innen dafür

In einer Umfrage der Europäischen Kommission zum Thema „Die Auswirkungen der Digitalisierung auf unser tägliches Leben“ haben 77 Prozent der Befragten angegeben, dass die Hersteller verpflichtet sein sollen, digitale Geräte einfacher zu reparieren – allerdings nur, wenn dadurch der Preis der Geräte nicht erhöht wird (dann wären nur noch 4 von 10 dafür). Da jetzt noch hohe Reparaturkosten lauern und der Service als mangelhaft gesehen wird, würde der Großteil der Befragten die Geräte entsorgen oder ersetzen.

Neue Maßnahmen zur Förderung von Reparaturen

Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass es innerhalb wie auch außerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfrist ein neues „Recht auf Reparatur“ für Verbraucher:innen gibt. Aktuell haben Konsument:innen innerhalb der zweijährigen Gewährleistungsfrist bei einem Mangel, der bereits zum Kaufzeitpunkt bestanden hat, die Wahl zwischen Verbesserung und Austausch der Ware. Bei gebrauchten Waren dürfen EU-Mitgliedsstaaten diese Frist auf ein Jahr verkürzen. Zukünftig sollen Verkäufer:innen im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungsfrist Reparaturen anbieten müssen – außer diese sind teurer als der Ersatz. Die Verbraucher:innen haben also nur dann das Recht, sich für eine Ersatzlieferung zu entscheiden, wenn diese billiger ist als eine Reparatur. 

Nach der gesetzlichen Gewährleistungsfrist sollen Verbraucher:innen ein Maßnahmenpaket zur Verfügung stehen, mit dem Reparaturen einfacher werden.

So soll es Anspruch auf Reparatur gegenüber Herstellern für Produkte, die nach EU-Recht technisch reparierbar sind, geben – etwa bei Haushaltsgeräten wie Fernsehern oder Waschmaschinen. So soll sichergestellt werden, dass Konsument:innen jederzeit eine Ansprechperson haben, wenn sie sich für eine Reparatur statt einem Neukauf entscheiden. Durch diese Änderung wird erwartet, dass sich die Hersteller Gedanken über langlebige Produkte machen und nachhaltigere Geschäftsmodelle entwickeln. Und Hersteller sollen verpflichtet sein, die Verbraucher:innen über die Produkte zu unterrichten, die sie selbst reparieren müssen.

Informationsplattform 

Eine Matchmaking-Reparaturplattform soll Verbraucher:innen Auskunft über Reparaturbetriebe und Verkäufer geben. „Die Plattform soll Suchen nach Standorten und Qualitätsstandards ermöglichen, den Verbraucher:innen helfen, attraktive Angebote zu finden, und die Sichtbarkeit von Reparaturbetrieben erhöhen“, heißt es im Vorschlag der Kommission.

Zudem soll Konsument:innen ein europäisches Formular für Reparaturinformationen zur Verfügung stehen, das sie von jedem Reparaturbetrieb verlangen können. Dies soll den Wettbewerb unter den Anbietern anregen und Reparaturpreise transparenter machen.

Qualitätsstandard für Reparaturen

Ein freiwilliger europäischer Standard soll Verbraucher:innen dabei unterstützen, Reparaturbetriebe zu finden, die sich zu gewissen Qualitätskriterien verpflichten. „Dieser Standard für eine einfache Reparatur steht allen Reparaturbetrieben in der gesamten EU offen, die bereit sind, sich zu Mindestqualitätsstandards, etwa in Bezug auf die Lebensdauer oder die Verfügbarkeit von Produkten, zu verpflichten“, heißt es im Vorschlag.

Kampfansage gegen Greenwashing

Mit dem Vorschlag für Recht auf Reparatur legt die Europäische Kommission nun auch als gemeinsames „Verbraucher-Paket“ die Green-Claims-Richtlinie (GCD) vor. Diese soll gegen Greenwashing vorgehen, indem sie regelt, wie Unternehmen ihre grünen Behauptungen begründen und kommunizieren. Konkret geht es der EU darum, Verbraucher:innen vor irreführenden Angaben zu schützen und von Unternehmen Belege für Umweltbehauptungen zu fordern. Insgesamt soll sich dadurch die Verlässlichkeit von Green Claims verbessern – damit Konsument:innen etwa sicher sein können, dass ein Produkt, das Nachhaltigkeit verspricht, dieses Versprechen auch hält (mehr dazu im KONSUMENT-Blog).

Diese Richtlinie ist nötig geworden, da die grünen Werbeslogans der Unternehmen stark zugenommen haben. Eine von der EU-Kommission durchgeführte Studie hat ergeben, dass mehr als die Hälfte dieser umweltbezogenen Angaben vage, irreführend oder unbegründet waren. Darüber hinaus gäbe es bei fast der Hälfte der 230 in der EU verfügbaren Umweltzeichen nur sehr schwache oder gar keine Überprüfungsverfahren. 

„Greenwashing erschwert es den Verbraucher:innen, fundierte nachhaltige Entscheidungen zu treffen, und macht es den Unternehmen, die sich um eine Verringerung ihrer Umweltauswirkungen bemühen, schwerer, sich von Trittbrettfahrern zu unterscheiden. Wir brauchen klare EU-Vorschriften, um Greenwashing-Behauptungen zu unterbinden, und wir brauchen Unternehmen, die die Beweise für ihre Behauptungen vorlegen: keine Daten, keine Behauptung“, sagt Blanca Morales, leitende Koordinatorin für das EU-Umweltzeichen.

Greenwashing
Am 11. 4. 2023 findet das VKI-Webinar zu Greenwashing mit Nachhaltigkeitsexperten Raphael Fink statt Bild: Ivan Marc / Shutterstock.com

Recht auf Reparatur Österreich

Bereits im November 2022 gab es eine vom Nationalrat einstimmig beschlossene Entschließung zur Einführung eines EU-weiten Rechts auf Reparatur. Darin ist zu lesen, dass die Bundesregierung ersucht wird, sich auf europäischer Ebene für ein umfassendes Recht auf Reparatur einzusetzen, „das basierend auf einem produktspezifischen Ansatz bestenfalls eine geeignete Information über die Reparierfähigkeit, Vorgaben zur Vorhaltung von Ersatz- und Verschleißteilen sowie leicht zugängliche Wartungsinformationen beinhalten sollte.“ Diese Initiative sei bis zum 31. März 2023 umzusetzen. Beim parlamentarischen Konsumentenschutzausschuss am 21. März 2023 wurde das Thema allerdings vertagt und auf die Präsentation der EU-Richtlinie hingewiesen.

Das Justizministerium unter Leitung von Ministerin Alma Zadić sieht das Vorhaben der EU-Kommission auf ein Recht auf Reparatur als „ausdrücklich positiv“. Es solle die Nachhaltigkeit von Produkten sowie das Recht der Verbraucher:innen, Produkte einfach und zu fairen Preisen reparieren zu lassen, stärken und zur Verwirklichung einer Kreislaufwirtschaft beitragen. Im Detail müssten die Inhalte des geplanten Vorschlags jedoch abgewartet werden, bevor eine österreichische Haltung festgelegt werden könne.

Der Kommissionsvorschlag muss nun jedenfalls vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden. Wie lange dies dauern wird, ist noch nicht abzuschätzen. Zwischen 2009 und 2014 dauerte das Gesetzgebungsverfahren im Durchschnitt 19 Monate.

Wo kann ich Reparaturbonus einlösen?

Bis das EU-weite Recht auf Reparatur in Kraft ist, können Privatpersonen noch ihren Reparaturbonus einlösen. Mit diesem erhalten Konsument:innen bis zu 200 Euro für die Reparatur von Elektro- und Elektronikgeräten (z. B. Smartphone, Laptop, Waschmaschine, E-Bike) und bis zu 30 Euro für die Einholung eines Kostenvoranschlages bei teilnehmenden Partnerbetrieben. Gegen Vorlage des Bons zieht der Reparaturbetrieb direkt die Förderung von der Rechnung ab. Der Reparaturbon kann auf reparaturbonus.at beantragt und innerhalb von drei Wochen bei Bezahlung der Rechnung eingelöst werden. Der Bonus kann eingelöst werden, solange Budgetmittel vorhanden sind. In der ersten Förderphase längstens bis zum 31. Dezember 2023. Die Förderaktion geht bis zum Jahr 2026.

EU Flagge, darunter steht "Mitfinanziert durch die Europäische Union"
Bild: ECC-net

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