Recht auf Reparatur
Ein Jahr ist es her, dass das EU-Parlament mit 509 zu 3 Stimmen eine Forderung nach einem Recht auf Reparatur der EU-Kommission angenommen hat. Den Abgeordneten war dabei wichtig, dass sich ein wirksames Recht auf Reparatur auf den gesamten Produktlebenszyklus auswirkt, also Einfluss auf Produktdesign, ethische Produktion, Normung und Verbraucherinformation bis zu Kennzeichnung der Reparierbarkeit hat. Das Recht auf Reparatur soll es Verbraucher:innen einfacher und kostengünstiger machen, defekte Geräte zu reparieren. Denn ausrangierte Produkte sind oft reparierbar und werden zu schnell weggeworfen, was zu 35 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr in der EU führt.
Dieses neue Gesetz, dessen Vorschlag immer wieder verschoben wurde, gilt als wesentlicher Schritt für den Plan der EU, bis zum Jahr 2050 eine Kreislaufwirtschaft zu realisieren, die wiederum Teil des europäischen Grünen Deals – also des Fahrplans zur Klimaneutralität – ist. Obwohl Elektrogeräte im Fokus der Debatte stehen, ist davon auszugehen, dass auch andere Produktkategorien davon betroffen sein werden.
Zwei Drittel der EU-Bürger:innen dafür
In einer Umfrage der Europäischen Kommission zum Thema „Die Auswirkungen der Digitalisierung auf unser tägliches Leben“ haben 77 Prozent der Befragten angegeben, dass die Hersteller verpflichtet sein sollen, digitale Geräte einfacher zu reparieren – allerdings nur, wenn dadurch der Preis der Geräte nicht erhöht wird (dann wären nur noch 4 von 10 dafür). Da jetzt noch hohe Reparaturkosten lauern und der Service als mangelhaft gesehen wird, würde der Großteil der Befragten die Geräte entsorgen oder ersetzen.
Neue Maßnahmen zur Förderung von Reparaturen
Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass es innerhalb wie auch außerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfrist ein neues „Recht auf Reparatur“ für Verbraucher:innen gibt. Aktuell haben Konsument:innen innerhalb der zweijährigen Gewährleistungsfrist bei einem Mangel, der bereits zum Kaufzeitpunkt bestanden hat, die Wahl zwischen Verbesserung und Austausch der Ware. Bei gebrauchten Waren dürfen EU-Mitgliedsstaaten diese Frist auf ein Jahr verkürzen. Zukünftig sollen Verkäufer:innen im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungsfrist Reparaturen anbieten müssen – außer diese sind teurer als der Ersatz. Die Verbraucher:innen haben also nur dann das Recht, sich für eine Ersatzlieferung zu entscheiden, wenn diese billiger ist als eine Reparatur.
Nach der gesetzlichen Gewährleistungsfrist sollen Verbraucher:innen ein Maßnahmenpaket zur Verfügung stehen, mit dem Reparaturen einfacher werden.
So soll es Anspruch auf Reparatur gegenüber Herstellern für Produkte, die nach EU-Recht technisch reparierbar sind, geben – etwa bei Haushaltsgeräten wie Fernsehern oder Waschmaschinen. So soll sichergestellt werden, dass Konsument:innen jederzeit eine Ansprechperson haben, wenn sie sich für eine Reparatur statt einem Neukauf entscheiden. Durch diese Änderung wird erwartet, dass sich die Hersteller Gedanken über langlebige Produkte machen und nachhaltigere Geschäftsmodelle entwickeln. Und Hersteller sollen verpflichtet sein, die Verbraucher:innen über die Produkte zu unterrichten, die sie selbst reparieren müssen.
Informationsplattform
Eine Matchmaking-Reparaturplattform soll Verbraucher:innen Auskunft über Reparaturbetriebe und Verkäufer geben. „Die Plattform soll Suchen nach Standorten und Qualitätsstandards ermöglichen, den Verbraucher:innen helfen, attraktive Angebote zu finden, und die Sichtbarkeit von Reparaturbetrieben erhöhen“, heißt es im Vorschlag der Kommission.
Zudem soll Konsument:innen ein europäisches Formular für Reparaturinformationen zur Verfügung stehen, das sie von jedem Reparaturbetrieb verlangen können. Dies soll den Wettbewerb unter den Anbietern anregen und Reparaturpreise transparenter machen.
Qualitätsstandard für Reparaturen
Ein freiwilliger europäischer Standard soll Verbraucher:innen dabei unterstützen, Reparaturbetriebe zu finden, die sich zu gewissen Qualitätskriterien verpflichten. „Dieser Standard für eine einfache Reparatur steht allen Reparaturbetrieben in der gesamten EU offen, die bereit sind, sich zu Mindestqualitätsstandards, etwa in Bezug auf die Lebensdauer oder die Verfügbarkeit von Produkten, zu verpflichten“, heißt es im Vorschlag.
Kampfansage gegen Greenwashing
Mit dem Vorschlag für Recht auf Reparatur legt die Europäische Kommission nun auch als gemeinsames „Verbraucher-Paket“ die Green-Claims-Richtlinie (GCD) vor. Diese soll gegen Greenwashing vorgehen, indem sie regelt, wie Unternehmen ihre grünen Behauptungen begründen und kommunizieren. Konkret geht es der EU darum, Verbraucher:innen vor irreführenden Angaben zu schützen und von Unternehmen Belege für Umweltbehauptungen zu fordern. Insgesamt soll sich dadurch die Verlässlichkeit von Green Claims verbessern – damit Konsument:innen etwa sicher sein können, dass ein Produkt, das Nachhaltigkeit verspricht, dieses Versprechen auch hält (mehr dazu im KONSUMENT-Blog).
Diese Richtlinie ist nötig geworden, da die grünen Werbeslogans der Unternehmen stark zugenommen haben. Eine von der EU-Kommission durchgeführte Studie hat ergeben, dass mehr als die Hälfte dieser umweltbezogenen Angaben vage, irreführend oder unbegründet waren. Darüber hinaus gäbe es bei fast der Hälfte der 230 in der EU verfügbaren Umweltzeichen nur sehr schwache oder gar keine Überprüfungsverfahren.
„Greenwashing erschwert es den Verbraucher:innen, fundierte nachhaltige Entscheidungen zu treffen, und macht es den Unternehmen, die sich um eine Verringerung ihrer Umweltauswirkungen bemühen, schwerer, sich von Trittbrettfahrern zu unterscheiden. Wir brauchen klare EU-Vorschriften, um Greenwashing-Behauptungen zu unterbinden, und wir brauchen Unternehmen, die die Beweise für ihre Behauptungen vorlegen: keine Daten, keine Behauptung“, sagt Blanca Morales, leitende Koordinatorin für das EU-Umweltzeichen.
Kommentieren
Sie können den Text nach dem Abschicken nicht nachträglich bearbeiten, Länge: maximal 3000 Zeichen. Bitte beachten Sie auch unsere Netiquette-Regeln.
Neue Kommentare können nur von angemeldeten Benutzern veröffentlicht werden.
Anmelden0 Kommentare