Die Sehnsucht nach einem Leben in Verbundenheit mit anderen Menschen wächst. Das Wohnen in Gemeinschaft könnte ein Modell für die Zukunft sein.
Viel Grün, bunte Sonnenschirme, eine Fassade aus Holz: In der Betonwüste im Wiener Nordbahnhofviertel bildet das Wohnprojekt Wien eine wohltuende Ausnahme. Es wurde von den Bewohnern – rund 65 Erwachsene mit 35 Kindern – gemeinsam mit dem Architekturbüro einszueins geplant und gestaltet. Heute wohnen viele Familien in dem Haus am Rudolf-Bednar-Park, darunter auch Nadine Hilmar. Sie war von Anfang an in das Projekt eingebunden. „Wir verwalten das Wohnprojekt gemeinsam in Gruppen, ich bin Mitglied der Finanzgruppe.“
Gemeinschaftsgefühl
Die Bewohner sind aufgerufen, sich durchschnittlich zehn Stunden pro Monat einzubringen. Jeden Tag wird in der Gemeinschaftsküche gekocht: „Man kann sich täglich bis 10 Uhr für den Mittagstisch anmelden.“ Die Grafikdesignerin und Mutter dreier Kinder schätzt das Gemeinschaftsgefühl im Wohnprojekt. „Wenn den Kindern langweilig ist, gehen sie ihre Freunde im Haus besuchen. Falls ich schnell einkaufen gehen möchte, bitte ich Nachbarn, auf die Kinder zu schauen.“
Nachhaltigkeit im Fokus
Alle Bewohner sind Mitglieder des „Vereins für nachhaltiges Leben“, der auch Eigentümer der Immobilie ist – individuelles (Wohnungs-)Eigentum ist nicht möglich. Auf Nachhaltigkeit wird besonders großer Wert gelegt: Hauseigenes Carsharing, ein großer Fahrradraum sowie ein Lastenrad stehen allen Bewohnern zur Verfügung. Die Foodcoop „Krakarotte“ bezieht Lebensmittel von regionalen Bauern und die hauseigene Bio-Greißlerei „Salon am Park“, die von acht Bewohnern des Hauses geführt wird, bietet regionale und biologische Produkte an.
Gemeinschaftsflächen und Solidarität
Zum Wohnprojekt gehören außerdem rund 700 Quadratmeter Gemeinschaftsflächen: Küche, Kinderspielraum, Dachgarten, Sauna, Bibliothek, Werkstatt, Waschsalon, Veranstaltungsräume und Gäste-Apartments. Dazu kommen ein Gemeinschaftsgarten und ein Spielplatz. „Zudem gibt es zwei geförderte Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen“, ergänzt Hilmar. Von den Bewohnern wird dafür ein Soli-Beitrag eingehoben. „Jeder zahlt, so viel er möchte und kann.“ Das Wohnprojekt Wien wurde 2014 mit dem Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit ausgezeichnet.
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