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Garnelen - Umstrittene Delikatesse

Garnelen sind zu einem umstrittenen Massenlebensmittel geworden, mit negativen Auswirkungen auf Tiere und Umwelt. Dass es auch anders geht, zeigen wenige Ausnahmen.

Vor nicht allzu langer Zeit galten Shrimps hierzulande als exotische Delikatesse, die nur zu besonderen Anlässen auf den Esstisch kam. Heute sieht das anders aus: Allein Iglo verkaufte im letzten Jahr 624.000 Packungen Garnelenprodukte und Meeresfrüchte in Österreich.

Diese Massenproduktion wirkt sich auf die Umwelt aus: Für die Garnelenzucht wird Salzwasser benötigt, küstennahe Standorte sind von Vorteil. Dafür werden vor allem in Thailand und China, aber auch in Ecuador oder Honduras Mangrovenwälder abgeholzt, um Aquakulturen anzulegen.

Bild: Garnelen Massenproduktion in der Chumpon Provinz in Thailand

Garnelen Massenproduktion in der Chumpon Provinz in Thailand (Bild: think4photop/Shutterstock.com)

Zuchtteiche nur wenige Jahre in Betrieb

Wo sich heute kilometerlang streng bewachte Zuchtteiche aneinanderreihen, erstreckte sich früher der Mangrovenwaldgürtel. Da die Teiche nur wenige Jahre in Betrieb gehalten und immer wieder neue Becken angelegt werden, wird der Mangrovenwald unaufhaltsam abgeholzt. Mangrovenwälder sind nicht nur ein wichtiger Küstenschutz gegen Stürme und Flutwellen, sondern auch Fortpflanzungsgebiet für viele Fischarten, Schalentiere und andere wild lebende Tiere.

Chemie-Wüsten

Die Shrimps-Industrie vernichtet diese Artenvielfalt und verwandelt fruchtbare Küsten in vergiftete Wüstenlandschaften. Laut Greenpeace sind Mangrovenwälder heute stärker bedroht als der tropische Regenwald.

Dazu kommt: Die Wasserbecken der Aquakulturen sind chemisch verseucht, die Erde rundum ist auf Jahre verpestet. Im Wasser finden sich Pestizide gegen Algen; Antibiotika sollen Krankheiten verhindern und das Wachstum der Shrimps fördern. Der Wasseraustausch spült die Chemikalien ins Meer.

Arbeitsbedingungen lassen zu wünschen übrig

Auch die Arbeitsbedingungen in der Fischindustrie lassen zu wünschen übrig: Weltweit gibt es laut WWF starke Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen, unter anderem Zwangsarbeit und Menschenhandel, an Bord einiger Fischereischiffe.

Bild: Fabriksarbeiter bei der Vorbereitung der Garnelen für den Export in Vietnam

Fabriksarbeiter bei der Vorbereitung der Garnelen für den Export in Vietnam (Bild: Jamesbox/Shutterstock.com)

Im Juni 2014 wurde bekannt, dass der weltgrößte Garnelenvermarkter Chaoren Pokpand (CP) Foods Fischmehl von Zulieferern verfüttert, auf dessen Fischkuttern die Arbeiter unter sklavenähnlichen Bedingungen schuften müssen.

Positive Ansätze

Positive Ansätze

Die thailändische Regierung hat ein Gütesiegel für Garnelen entwickeln lassen, das Aquakulturen in Mangrovengebieten sowie die Verwendung von verbotenen Arzneimitteln und Chemikalien untersagt. Auch Unternehmen wie Costa, Paulus oder Ristic gehen andere Wege und setzen auf ökologische Produktionsbedingungen. Die deutsche Stiftung Warentest besuchte drei Aquakulturen dieser Anbieter in Ecuador, Honduras und Thailand, wo ein hohes Umweltbewusstsein zu spüren war.

Die Vorteile von Bio-Garnelen

Bio-Farmen orientieren sich an den Richtlinien von Naturland, einem weltweit aktiven Verband für ökologischen Landbau. Er schreibt die natürliche Fortpflanzung der Garnelen und das Aufforsten von Mangrovenbäumen vor.

Erfreulicherweise haben mittlerweile viele Länder die Rodungen verboten und Wiederaufforstungsprogramme in Gang gebracht. Bio-Garnelen sind rund 35 Prozent teurer als konventionelle Garnelen. Die Aufzucht gestaltet sich aufwendiger, weil weniger Larven in ein Becken kommen. Biofutter kostet zudem mehr als übliches Futter und Umweltverbände verlangen umfangreiche Naturschutzmaßnahmen.

Yuu'n Mee: Kooperation mit WWF

Auch das österreichische Unternehmen Yuu'n Mee setzt auf ökologischen Anbau: Mithilfe des "Good Aquaculture Practice"-Programms der thailändischen Regierung setzt Yuu’n Mee nachhaltiges Aquakultur-Management um.

Zudem ist die Firma eine Kooperation mit dem WWF eingegangen: Mit dem Kauf von Yuu'n Mee Produkten unterstützen Konsumenten das WWF-Projekt für nachhaltigen Fischfang im Korallendreieck im indopazifischen Ozean – der artenreichsten Meeresregion der Erde. Der Tracking Code garantiert die lückenlose Rückverfolgung der Herkunft. Mit der Black Tiger Bio Garnele bietet Yuu'n Mee zudem die erste Garnele mit Austria Bio Garantie an.

Verwirrung um Gütesiegel

Verwirrung um Gütesiegel

Der WWF empfiehlt BIO- oder ASC-zertifizierte Produkte bei Zuchtgarnelen und das MSC- Siegel bei Garnelen aus Wildfang.

Marine-Stewardship-Council (MSC) steht für nachhaltige Fischerei. Kritiker werfen dem MSC jedoch vor, zerstörerische Fischereien mit hohen Beifangraten zu zertifizieren. In den MSC-Kriterien sei der Vorsorgeansatz so schwach formuliert, dass er selbst hinter internationalen Vereinbarungen zurückfalle.

Auch Greenpeace sieht das MSC-Siegel kritisch: So könnten erschöpfte Bestände unter bestimmten Umständen weiter befischt werden und die Mindestanforderungen an die Fischereien seien zu niedrig. Nur 60 bis 80 Prozent der Standards müssten erfüllt sein, damit eine Fischerei das Gütesiegel erhält.

Der positive Effekt durch die Gründung des MSC, so Greenpeace, sei jedoch unbestritten. Das Interesse vieler Produzenten und des Lebensmittelhandels an der Möglichkeit eines Gütesiegels für Fischprodukte nehme stetig zu.

Seit 2014 gibt es zusätzlich das ASC-Siegel (Aquaculture Stewardship Council) für Zuchtgarnelen, das unter anderem Kriterien zur Herkunft des Fischfutters enthält: Sie muss rückverfolgbar sein und das Futter darf nicht von überfischten Beständen stammen. Antibiotika dürfen nur unter medizinischer Überwachung und nur für erkrankte Tiere angewendet werden.

Der WWF räumt ein, dass das ASC-Label "eine Kompromisslösung aller Interessengruppen" und daher kein "Premium"-Label wie etwa die Naturland-Zertifizierung für Zuchtfische sei.

Die wichtigsten Richtlinien für Naturland-zertifizierte Garnelen sind der Schutz bestehender und die Wiederaufforstung früherer Mangrovenwälder, niedrige Besatzdichten, Verbot von Antibiotika sowie die Einhaltung von Sozialstandards.

Das FOS-Programm (Friend of the Sea – Freund des Meeres) folgt ähnlichen Leitlinien wie MSC, bisher gibt es in Österreich jedoch noch keine Produkte mit FOS-Zertifikat.

Viele Hersteller von Garnelen und Meeresfrüchten, darunter Iglo, beziehen sich auf GlobalG.A.P., eine privatwirtschaftliche Organisation, die "gute landwirtschaftliche Methoden" (Good Agricultural Practices – G.A.P.) als Zertifizierungsstandards von Fischen und Shrimps aus Aquakulturen setzt. Greenpeace betrachtet die GLOBALG.A.P.-Zertifizierung nicht als eine Garantie für nachhaltige Aquakulturprodukte.

Obwohl GLOBALG.A.P. einige strenge Umweltauflagen vorgibt, bestehen noch Lücken, etwa bezüglich des Fischfutters oder unzureichende sozio-ökonomische Standards. Vor allem der fehlende Zugang zu den Zertifizierungsdokumenten untergräbt das Vertrauen in das Zertifikat.

Auch der WWF empfiehlt Global G.A.P. oder GAA/BAP (Global Aquaculture Alliance/Best Aquaculture Practice) nicht direkt, sie sind laut WWF-Sprecherin Simone Niedermüller jedoch besser als kein Label und sollten als Mindeststandard beim Einkauf auf Händlerseite gelten.

Greenpeace Fischratgeber

"Greenpeace ist im Zusammenhang mit der Aktualisierung des Fischratgebers gerade dabei, umfangreiche wissenschaftliche Bewertungen zu Fischfang und Aquakulturen zu erstellen", sagt Greenpeace-Sprecherin Melanie Aldrian. Sie rät Konsumenten, nicht blind auf Zertifizierungen zu vertrauen, sondern immer auch mit demGreenpeace Fischratgeber 2014 zu vergleichen; eine umfassende Neuauflage des Fischratgebers soll im Januar 2016 erscheinen.

Der WWF hat dasWWF-Projekt: Fish Forward Projekt gestartet, um darauf aufmerksam zu machen, wie sich die Kaufentscheidungen bezüglich Fisch- und Meeresfrüchten auf das Leben von Menschen in Entwicklungsländern auswirken, auf sozialer und auf Umweltebene.

Zusammenfassung

  • Genießen. Sie müssen nicht ganz auf Ihr Lieblingsessen verzichten. Essen Sie Garnelen zu besonderen Anlässen und genießen Sie es.
  • Gütesiegel. Greifen Sie zu Marken, die für nachhaltige Produktion stehen. Es gibt eine Reihe von Gütesiegeln und Zertifizierungen; besonders strenge Kriterien setzt "Naturland".
     

Reaktionen

Und was sagen die heimischen Anbieter dazu?

Hofer hat neben GlobalG.A.P. zertifizierten Produkten einzelne Bio- und MSC-Garnelen im Sortiment. Mit seinem Partner HMF Food hat Hofer ein Projekt zur Ökologisierung der Garnelenproduktion gestartet: 200 interessierte Garnelenbauern im indischen West Bengalen werden im Sinne der Nachhaltigkeit geschult. Hofer wird dabei von der ADA, der Austrian Development Agency, unterstützt. Die Black Tiger Garnelen kommen aus dieser Region.

Iglo handelt nach einem für das Unternehmen entwickelten Verhaltenskodex. Dieser sieht vor, dass sich alle Lieferanten einer unabhängigen Prüfung nach einem der folgenden Standards unterziehen: Global Aquaculture Alliance (GAA), Best Aquaculture Practice (BAP) oder GlobalG.A.P. sowie Aquaculture Stewardship Council (ASC).

Lidl Österreich bietet Produkte „aus dem südostasiatischen Raum oder aus Gewässern vor der Küste Südamerikas an, einige davon aus MSC-zertifizierten Fischereien“. Vereinzelt finden sich auch Bio-Produkte im Sortiment.

Pfeiffer (Zielpunkt, UNIMARKT, Nah&Frisch) bezieht Tiefkühlprodukte von Iglo, Femeg und Yuu'n mee; Bio-Garnelen gibt es derzeit keine im Angebot.

REWE bietet neben herkömmlichen Shrimps auch Naturland-zertifizierte Bio-Garnelen an; bei Merkur und Billa finden sich Yuu'n Mee-Produkte.

SPAR hat sich im Rahmen einer Kooperation mit dem WWF Österreich zur Umstellung des gesamten Fischsortiments verpflichtet. Nach dem WWF-Ampelsystem werden 70 Prozent der Produkte mit „grün“ bewertet, sie stammen aus Quellen, „die ein Gleichgewicht zwischen Fischfang und Fischbestand sicherstellen oder deren Zucht in einer für die Natur verträglichen Art und Weise durchgeführt wird“.

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www.konsument.at/nachhaltig-leben

Aus dem Inhalt

  • Lebensmittel: fair und natürlich
  • Lifestyle: modisch, aber ökologisch
  • Mobilität, Tourismus, Freizeit
  • Nachhaltigkeit im Haushalt
  • Abfall vermeiden, Ressourcen schonen
  • Trend: gemeinsam nutzen statt besitzen

160 Seiten, 14,90 € + Versand

KONSUMENT-Buch: Nachhaltig leben (Bild:VKI)

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