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24-Stunden-Notdienste - Abzocke rund um die Uhr

Ausgesperrt? Wasserschaden? Kein Strom? In der Nacht und an Wochenenden kann das teuer werden. Sehr teuer, wenn man an einen unseriösen Notdienst gerät.

Wenn bei unserem VKI-Beratungsteam ein Fall zum Thema „Notdienste“ einlangt, dann ist meist schon klar, worum es geht: Eine Firma hat eine Notlage skrupellos ausgenützt, unter fragwürdigen Bedingungen für ihren Einsatz einen horrenden Betrag kassiert und die Chancen, erfolgreich Rückforderungen zu stellen, sind – leider – gering. Selbst die Behörden haben es schwer, die kriminellen Methoden zu verfolgen. Anzeigen wegen Sachwuchers verlaufen oft im Sand. 

500 Euro für FI-Schalter 

Auch KONSUMENT-Leser Fritz P. hat schlechte Erfahrungen mit einer üblen Branche gemacht: Ein Stromausfall in einem Teil der Wohnung veranlasste ihn, im Internet schnell nach einem Elektro-Notdienst zu googeln. Er entschied sich für „Lukas Gruber“. 20 € für die An- und Abfahrt, „in ca. 20 bis 40 Minuten vor Ort“ und „vollständige Kostenkontrolle“ – das klang verlockend. Nach zwei Stunden kam jemand, in Freizeitkleidung und ohne Werkzeug. „FI-Schalter defekt“ – so die Diagnose, Kosten: 500 Euro. Stutzig geworden rief Fritz P. einen bekannten Elektriker an. Sein Kommentar: „FI-Schalter kostet im Baumarkt 30 Euro, Einbau dauert 15 Minuten.

Notdienst laut Wirtschaftskammer nicht existent

Für Fritz P. ist klar: Der gute Mann vom Notdienst ist nicht die beste Wahl. Er bietet ihm die zugesagte Anfahrtspauschale und weitere 20 Euro für den 4-Minuten-Einsatz an. Nach heftigem Wortwechsel verlässt der Monteur den Schauplatz und kündigt eine saftige Rechnung an, die aber nie eintrifft. Zufall oder nicht: Am nächsten Morgen ist im Zählerkasten am Gang die Lasttrennschutzsicherung ausgerechnet für die Wohnung von Fritz P. herausgebrochen. Er erstattet Anzeige wegen Sachwucher und Sachbeschädigung. Die Ermittlungen zeigen, dass der von ihm gewählte Notdienst laut Wirtschaftskammer gar nicht existent ist. Die Kosten für den FI-Schalter-Austausch und die Reparatur der Lasttrennleiste am Gang durch ein konzessioniertes Unternehmen betragen letztlich 300 Euro.

Mag. Maria Ecker - Leiterin des VKI-Beratungszentrums (Bild: A. Thörisch/VKI)„Ist man erst in die Falle gegangen, ist es wirklich schwierig, noch etwas zu machen. Ich empfehle, sich auf solche Notsituationen vorzubereiten.“
Mag. Maria Ecker, MA l Leiterin der VKI-Beratung 

Seriöser Anschein, kriminelle Methoden

1.750 Euro für Rohrreinigung 

Leserin Ingrid B. schildert uns eine Erfahrung mit einem Notfall-Installateur: 

„Am Wochenende habe ich in unserem Haus einen Fäkalien-/Wasseraustritt im Kellergeschoß festgestellt, im Internet habe ich die Firma Rohrfrei.at gefunden, zwei Mann sind nach 4 Stunden gekommen, bevor sie eine Inspektion durchgeführt haben, musste ich am Handy eine Vorunterzeichnung leisten, Kostenpunkt ca. 800 Euro. Da ich keine andere Wahl hatte, habe ich die Männer arbeiten lassen, nach 1 Stunde 20 Minuten waren sie fertig, der Hauptstrang wurde gereinigt, dann kam es zur Bezahlung. Sie wollten auf einmal 2.500 Euro mit Sofortzahlung, ich bin aus allen Wolken gefallen. Dann sind sie sofort mit dem Preis auf 1.750 Euro inkl. Mwst runtergegangen. Da ich alleine war und sehr gedrängt wurde, bin ich der Sache nachgekommen.“ 

Pech für die Konsumentin: Ihre Versicherung hat die Rechnung von Nothandwerker Ognyan Ivanov nicht akzeptiert.

Über 1.500 Euro für Türöffnung 

Auch bei Aufsperrdiensten sind Abzockerfirmen unterwegs. Johanna und Philipp M. sperrten sich aus ihrer Wohnung aus. Über das Smartphone suchten die beiden nach einem Schlüsseldienst – und gingen ebenfalls in eine Falle. 500 Euro sollte das Öffnen kosten, 240 Euro, falls man das Angebot vor Ort nicht annehme. Der Monteur öffnete die Wohnungstür, baute ohne Notwendigkeit einen neuen Zylinder ein, Kostenpunkt 1.558,80 Euro. Erst später stellte sich heraus, dass sie es mit einer Firma mit Sitz in Essen und ohne Gewerbeberechtigung zu tun hatten. 

Seriöser Anschein – kriminelle Methoden 

Das Geschäftsmodell für diese Art der Abzocke ist simpel, aber offenbar erfolgreich: Eine Website, die auf den ersten Blick großes Vertrauen erweckt, ein günstiger „Ab-Preis“ mit unklaren Gesamtkosten, ein vor Ort unverschämtes, bisweilen einschüchterndes Auftreten der Dienstleister und Ungewissheit darüber, mit wem es die Kundinnen und Kunden hier eigentlich zu tun haben. Nicht nur für Konsumenten ist es schwierig, mit den Firmen Kontakt aufzunehmen. Auch bei unseren Recherchen war es nicht möglich, Stellungnahmen zu den erhobenen Vorwürfen überhöhter Preise, rüder Inkassomethoden und mangelnder Transparenz einzuholen. So es überhaupt Kontaktmöglichkeiten gibt, blieben Anfragen unbeantwortet. Und an den beworbenen Hotlines wurde bei Anfragen von uns aufgelegt oder vertröstet. 

Vertrauenserweckende Hompage, gute Platzierung bei Google

Der Verdacht liegt nahe, dass die üblen Geschäfte von organisierten Netzwerken betrieben werden. Auch Reinhold Schranz vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) sieht darin Methode: „Da gibt es einerseits einen Websitebetreiber, der mit einer vertrauenerweckenden Homepage für eine gute Platzierung in Google sorgt, und andererseits windige Partner, die vor Ort mit überteuerten Diensten Kasse machen.“ Und offenbar sind neue Geschäftsfelder in Erprobung: Unter der Webadresse http://www.installateur24h.at wurde zu Redaktionsschluss ein Online-Schuhverkauf betrieben. Ein Impressum hat die Seite nicht, ein Ersuchen um Rückruf blieb – erraten – unbeantwortet.

Besser vorsorgen!

  • Speichern Sie die Nummern von Ihnen als zuverlässig bekannten Firmen in Ihrem Handy.
  • Vielleicht kann man Ihnen auch zu ungewöhnlichen Zeiten helfen.
  • Versicherungen bieten im Rahmen einer Haushaltsversicherung mitunter einen 24-Stunden-Notrufservice an. Vielleicht hat auch Ihre Hausverwaltung eine Rufnummer für Notfälle.
  • Für Aufsperrdienste gibt es eine Initiative der Wirtschaftskammer zur Vermittlung von geprüften Firmen unter www.meinaufsperrdienst.at oder 0590 900 55 99.
  • Hinterlegen Sie Reserveschlüssel in der Nachbarschaft.
  • Auch die Feuerwehr öffnet Türen, etwa dann, wenn Gefahr in Verzug ist (eingesperrtes Kleinkind, Topf am Herd, pflegebedürftige Person etc.).
  • Verlangen Sie eine Rechnung, aus der hervorgeht, mit welchem Unternehmen Sie es zu tun haben.
  • Wenn es beim Bezahlvorgang zu Problemen kommt (etwa, weil man Ihnen die Summe in bar abverlangt) oder Sie sich bedroht fühlen, rufen Sie die Polizei.
  • Für ein Anzeige alle Beweise sichern: Website/Telefonnummern/Namen/Rechnungen/Autokennzeichen.

Liste unseriöser Firmen

Diese Namen, Firmen und Websites sind bisher auffällig geworden.

  • http://mur-max.at
  • http://installateur-mg.at
  • Lukas Gruber
  • Moritz Weber
  • Perpetua GmbH
  • DHE GmbH Haus- und Gebäudetechnik
  • Zakhir Mutaskhanov
  • http://installateur-24.info
  • http://elektriker-mg.at
  • www.haustechnik-lukas.at

Tipp: Beauftragen Sie generell keine Firmen, deren Website kein Impressum aufweist. Verdächtig sind auch Anzeigen, die nur eine Handynummer anführen und die mit unrealistischen „Ab-Preisen“ werben.

Beispiel aus der Praxis

Die Websites wirken vertrauenswürdig, aber nur auf den ersten Blick. Ein Beispiel aus unseren Recherchen. Wir haben leider weder „Lukas Gruber“ noch „Moritz Weber“ unter diesen Nummern erreicht. Der eine ist „Sanitärprofi“, der andere „Elektroprofi“ – sie sehen einander verblüffend ähnlich.


Wir haben leider weder „Lukas Gruber“ noch „Moritz Weber“ unter diesen Nummern erreicht. Der eine ist „Sanitärprofi“, der andere „Elektroprofi“ – sie sehen einander verblüffend ähnlich.

Wir haben leider weder „Lukas Gruber“ noch „Moritz Weber“ unter diesen Nummern erreicht. Der eine ist „Sanitärprofi“, der andere „Elektroprofi“ – sie sehen einander verblüffend ähnlich.

Leserreaktionen

Keine Rechnung

Sie haben einen sehr interessanten Artikel über Schlüsselnotdienste gebracht. Für mich leider ein paar Wochen zu spät. Genau dieser Fall ist mir passiert. Ich habe „Schlüsseldienst Linz“ gegoogelt, weil ich mich aus unserem Haus ausgeschlossen hatte (Schlüssel steckte innen). Unter der Nummer 0800 404 483 meldete sich eine Dame (mit deutschem Akzent), die sich meine Adresse geben ließ und mir versprach, in spätestens einer Stunde würde jemand bei mir sein. Das hat dann auch funktioniert, in ca. 40 Minuten waren zwei Herren bei mir, die die Eingangstür innerhalb von einigen Minuten öffneten.

Ich hatte mich vorher erkundigt, was denn das kosten würde. Man sagte mir 200 Euro + Fahrtkosten. Diese seien aber sofort mit Bankomat oder bar zu bezahlen. Dass diese Dienste sehr teuer sind, wusste ich schon, und so habe ich die 258 Euro in bar bezahlt, da mir der Monteur versichert hatte, in spätestens 2 bis 3 Tagen würde er die Rechnung (per Mail) an mich schicken. Die Rechnung habe ich bis heute nicht und damit zahlt natürlich auch die Versicherung nicht.

Ich weiß, dass ich noch relativ glimpflich davongekommen bin. Ich möchte nur alle Konsumenten im Raum Linz warnen, unter der Nummer 0800 404 483 einen Schlüsseldienst zu bestellen. Diese Firma ist genau wie in Ihrem Artikel beschrieben eine der ersten Adressen, die in der Google-Suche aufscheinen. Ihr Bericht war sehr wirklichkeitsnahe und sollte in jedem Fall von Hilfesuchenden berücksichtigt werden.

Alois Kaltenbrunner
E-Mail
(aus KONSUMENT 2/2020)

Beschwerden über Notdienste zählen derzeit zu den Schwerpunkten unserer Beratung. Ein besonders krasser Fall wurde uns kürzlich auch betreffend aufsperrdienst-365.at (bzw. Nummer 0800 080 539) berichtet.

Die Redaktion

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