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Lebensmittelkonsum: Auswirkungen - Schaler Beigeschmack?

Kaffee und Schokocreme am Morgen, ein Schnitzel zu Mittag und abends Sushi – lukullische Genüsse, die aber auch einen schalen Beigeschmack haben.

Die Österreicher lieben ihre kulinarischen Spezialitäten: Das berühmte Schnitzel steht in jedem Wirtshaus auf der Speisekarte, die Bundeshauptstadt ist bekannt für ihre ­Kaffeehäuser. Weniger bekannt: Mit jedem Bissen Fleisch, mit jedem Schluck Kaffee vergrößern wir unseren ökologischen Fußabdruck. Welche Auswirkungen unser Lebens­mittelkonsum hat, versuchen wir wie folgt anhand von einigen plakativen Beispielen zu veranschaulichen.

Schnitzel: Grenzenlose Sojaimporte

Der Österreicher und sein Schnitzel – eine Liebesbeziehung. Doch gerade das Schweinsschnitzel ist mit Vorsicht zu ge­nießen: In der konventionellen Tierhaltung ist es üblich geworden, Soja als Futtermittel einzusetzen. Laut einer von den Umweltschutzorganisationen Greenpeace und Mutter Erde in Auftrag gegebenen Studie werden von den importierten Eiweißfuttermitteln inklusive Soja rund zwei Drittel im Schweinesektor eingesetzt.

Nur sieben Prozent des in Österreich pro Jahr benötigten Sojas stammen aus europäischer Produktion. Dieses Soja wird hauptsächlich für die Produktion von Getränken, Tofu oder Aufstrichen verwendet.

Gentechnik und Pestizide

Die restlichen 93 Prozent werden aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt importiert und fast ausschließlich für Tierfutter verwendet; sie sind laut AGES größtenteils gentechnisch verändert.

Das meiste Soja, nämlich rund 25 Prozent, importiert Österreich aus Brasilien. Für den Anbau werden dort nicht nur Regenwälder abgeholzt, auch die Artenvielfalt ist gefährdet.

"In Brasilien ist besonders die Region Cerrado, die zu den artenreichsten Savannen weltweit zählt, durch den Sojaanbau betroffen", weiß Studienautor Martin Schlatzer. Ein weiteres Problem sei der Einsatz von zum Teil verbotenen Pestiziden wie dem äußerst giftigen Paraquat, das in der EU seit 2007 verboten ist.

In Österreich liegt der Fleischverbrauch pro Person und Jahr bei 63 kg (AMA, 2020). Viel zu viel – laut österreichischen Ernährungsempfehlungen sollen pro Woche ­maximal 300 bis 450 Gramm Fleisch und Wurst (das entspricht zwei bis drei Portionen) gegessen werden. Rotes Fleisch (Rind, Schwein, Lamm) und Wurst sollten nur ­selten auf dem Speiseplan stehen.

"Der hohe Fleischkonsum zählt zu den größten Treibern der Tropenwaldabholzung", so Schlatzer. Laut WWF verursacht die Herstellung von einem Kilogramm Schweinefleisch rund 7 kg CO2-Äquivalente und verbraucht rund 6.000 Liter Wasser.

Besser Bio

Eine Alternative ist Schweinefleisch aus biologischer Landwirtschaft, da hier auf Sojafuttermittel aus Brasilien und Argen­tinien (weitgehend) verzichtet wird. "Bei Bio-Austria-Betrieben kommen nur Futtermittel aus Österreich zum Einsatz, die ausnahmslos bis zum Bio-Produzenten rückverfolgbar sind", versichert ein Sprecher von Bio-Austria. Gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel sind in der Bio-Landwirtschaft verboten.

Convenience-Produkte: Palmöl ohne Ende

Convenience-Produkte: Palmöl ohne Ende

Auch für Palmöl werden Regenwälder abgeholzt, das ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Dennoch ist das exotische Öl immer noch in Kosmetika, Reinigungsmitteln und Agrotreibstoffen enthalten. Und natürlich in Lebensmitteln, z.B. in Nuss-Nougat-Aufstrichen, Fertigpizza, Keksen, Müsli, Geliermitteln, Suppenwürze und so weiter und so fort.

Die Hauptproduktionsländer Indonesien und Malaysia dominieren mit 99 Prozent die ­globalen Exporte von Palmöl. Die Europäische Union ist nach Indien und China der größte Importeur.

18 Kilo Palmöl pro Kopf

Laut Greenpeace-Studie dürfte allein die EU aufgrund ihrer Importe von Palmöl im Zeitraum von 1980 bis 2000 für fast eine Million Hektar gerodete Regenwaldfläche verantwortlich sein. Das entspricht einer Fläche von rund 1,4 Millionen Fußballfeldern. Jeder Österreicher verbraucht im Durchschnitt 18 kg Palmöl pro Jahr.

Artensterben

"Durch die Palmölproduktion in Malaysia oder Indonesien sind 192 Arten vom Aussterben bedroht", weiß Nachhaltigkeitsforscher Martin Schlatzer. "Vor 40 Jahren gab es noch 200.000 Orang-Utans in dieser Region, jetzt sind es nur noch die Hälfte."

Auch Torfböden, die CO2 speichern, werden für die Ölpalmen-Plantagen trocken­gelegt. In Indonesien sind insbesondere die Tieflandregenwälder auf Sumatra, die zu den artenreichsten Regenwäldern gehören, von der Palmölproduktion für Österreich betroffen. Gefährdet sind hier neben dem Orang-Utan auch der Sumatra-Tiger und der asiatische Elefant.

"Zwei Drittel der ­Arten sind in den letzten 40 Jahren bereits verschwunden", so Schlatzer. Weitere Prob­leme sind Landgrabbing – die oft illegale Aneignung von Landflächen durch Kon­zerne oder Investoren – und die Zerstörung kleinbäuerlicher Strukturen zugunsten von Palmöl-Plantagen.

Kokosfett noch bedenklicher

Alternativen zu Palmöl bilden Produkte mit anderen Pflanzenölen wie Sonnenblumenöl. Aufpassen heißt es, wenn Palmöl durch Kokosfett ersetzt wurde. Das ist genauso, wenn nicht noch bedenklicher, da beim Anbau der Ertrag pro Fläche geringer ist als bei Palmöl.

Kaffee und Fisch

Kaffee: Wo bleibt die Biodiversität?

In kaum einem anderen Land wird so viel Kaffee getrunken wie in Österreich – laut globaler Statistik lag Österreich 2017 beim Kaffeekonsum an sechster Stelle, noch vor Italien und Frankreich. Durchschnittlich sind es hierzulande 1.000 Tassen pro Person und Jahr. Für eine Tasse Kaffee werden in der Herstellung 130 Liter Wasser verbraucht.

Die Hauptimportländer für Kaffee, der in ­Österreich getrunken wird, sind Brasilien und Vietnam, von wo zwei Drittel der Gesamtimporte stammen. Die Probleme sind vielfältig: In Brasilien sind zumindest 149 Pestizide erlaubt, die in der EU verboten sind, wie etwa das erwähnte Paraquat. Der Anbau findet zudem in Regionen statt, die sich einst durch eine hohe Biodiversität ­ausgezeichnet haben. Die brasilianischen ­Bahia-Küstenwälder etwa zählen zu den am stärksten gefährdeten ­Lebensräumen für bedrohte Arten weltweit: Mehr als 95 Prozent des natürlichen Lebensraumes sind ­bereits zerstört.

Kleinbauern im Nachteil

Dazu kommt, dass im konventionellen ­Anbau kleine Kaffeebauern auf verlorenem Posten stehen, da die ­Kaffee-Lieferkette von multinationalen Handels- und Röstfirmen beherrscht wird. Nur fünf Konzerne beherrschen 45 Prozent des Kaffeemarkts. Kleinbauernfamilien sind lokalen Händlern und schwankenden Weltmarktpreisen schutzlos ausgeliefert. Zudem stellt der ­Klimawandel die Bauernfamilien vor große Herausforderungen. Das Auftreten von Schädlingen und Krank­heiten wird durch den Temperaturanstieg begünstigt.

Eine Alternative bietet Kaffee aus fairem Handel, am besten in Bio-Qualität.

Fisch: Gezüchtete Probleme

In Österreich werden 95 Prozent des kon­sumierten Fisches importiert; bereits jeder zweite Speisefisch stammt aus Aufzucht in Aquakultur. So auch der Lachs, einer der ­beliebtesten Speisefische in Österreich. Rund 15 Prozent aller Speisefisch­importe hierzulande entfallen auf Lachs – 2020 waren das rund 9.000 Tonnen.

Pestizide und Antibiotika

Die Zucht von Lachsen findet zu 90 Prozent in Aquakulturen statt, v.a. in Norwegen, aber auch in Chile und Schottland. Aufgrund der hohen Bestandsdichte in den ­Becken und den damit leicht übertragbaren Krankheiten werden Pestizide und Antibiotika in großen Mengen eingesetzt.

"Neben Pesti­ziden, die auch andere Meereslebe­wesen töten, verursacht die absurd hohe Zahl von Lachsen auf engstem Raum eine öko­logische Katastrophe auf dem Meeres­boden", erklärt Ursula Bittner, Wirtschaftsexpertin bei Greenpeace Österreich.

"Nachhaltiger Fischkonsum bedeutet, Fisch nur in Maßen zu ­essen. Wenn, dann sollte es Bio-Fisch aus heimischen Gewässern sein. Lachs aus Aquakulturen ist hier definitiv keine Alter­native – ganz gleich ob mit ASC-Siegel oder nicht", sagt Bittner. Laut einer aktuellen Greenpeace-Studie ­erfüllen nur 20 Prozent aller Lachsfarmen die ASC-Kriterien, obwohl es für Farmen eigentlich verpflichtend ist, 100 Prozent der Anforderungen einzuhalten, um zertifiziert zu werden.

Futter: Soja und Wildfisch

Ein weiteres Problem stellt das Futter dar: Lachs ist ein Raubfisch und muss mit Fisch gefüttert werden. So besteht Lachsfutter heute in der Regel zu 25 Prozent aus Wildfisch aus ohnehin überfischten Meeren (in Form von Fischmehl und Fischöl), zu 71 Prozent aus Soja oder Raps und zu 4 Prozent aus anderen Zusatzstoffen. Jeder sechste gefangene Wildfisch wird heute zu Futtermittel verarbeitet. Um ein Kilo Lachs zu ­produzieren, werden etwa 500 Gramm ­Sojabohnen und 660 Gramm Fisch benötigt. "Der Sojaanbau für Futtermittel übt weltweit Druck auf unsere Wälder und Ökosysteme aus", kritisiert Bittner.

Laut WWF sind Fische, die keinen Fisch als Nahrung und generell wenig Futter benö­tigen – etwa Karpfen oder Tilapia aus europäischer Aquakultur –, eine Alternative.

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