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Kfz-Versicherungen - Auf der Datenautobahn

, aktualisiert am

Die Kfz-Versicherer haben die Digi­talisierung für sich entdeckt. Damit Sie bei Schlagwörtern wie eCall und ­Telematiktarif nicht die Orientierung verlieren, haben wir die wichtigsten Trends genau unter die Lupe genommen.

Telematiktarif: Weniger Versicherungsprämie, mehr Überwachung - zahlt sich das aus? (Cartoon: Robert Scheifler/VKI)Rund 7 Millionen Fahrzeuge sind in Österreich zur Kfz-Haftpflichtversicherung an­gemeldet, und jedes Jahr werden es rund 2 Prozent mehr. Die Versicherer können ­zufrieden sein, denn das Prämienvolumen hat sich innerhalb von nur fünf Jahren von 2,9 (2012) auf 3,3 Milliarden Euro (2017) erhöht.

Hightech gut für Versicherungen

Dazu beigetragen hat neben einer starken Nachfrage nach Neuwagen die ­vermehrte Wahl von Vollkasko und nicht zuletzt die längere Behaltedauer des Kaskoschutzes. Das verwundert nicht: Die Zeiten, wo nach einem Unfall ein wenig Blech und Plastik zu reparieren war, sind vorbei. Autos werden immer mehr zu Hightech-Maschinen mit komplexen Elektronikteilen, vor allem Kameras und Sensoren. Das geht selbst bei leichten Havarien ins Geld – und wird daher gern länger versichert.

Prämien konstant

Die Prämien befinden sich nach Auskunft der Branche auf konstantem Niveau, ebenso konstant halten sich die gewaltigen Prämienunterschiede zwischen den Anbietern. Regelmäßiges Vergleichen ist also nach wie vor höchst angesagt – bei der Haftpflicht kann jährlich gewechselt werden, bei der Kasko je nach Vertrag nach längstens drei Jahren.

Umweltschutz bestimmt Kostenfaktor

Absehbar ist, dass sich technologische Entwicklungen, Umwelt- und Sicherheitsansprüche in den nächsten Jahren maßgeblich auf die Prämiengestaltung auswirken werden – zum Beispiel, indem klimaschonende Technik im Auto und eine umweltbewusste Fahrweise durch Rabatte belohnt werden. Ein Vorreiter dieses Trends ist der bereits seit einigen Jahren angebotene Klima- und Umweltbonus der Wiener Städtischen, der bei einem CO2-Ausstoß von weniger als 130 g/km wirksam wird und die Prämie um bis zu 20 Prozent reduziert. Bei Fahrzeugen mit alter­nativen Antrieben (Erdgas, Plug-in-Hybrid, elektrisch oder mit Wasserstoff) werden sogar 30 Prozent Rabatt wirksam.

Rabatte für umsichtiges Fahren

Wie das Auto immer mehr zur vernetzten Datenkrake wird, war bereits in Datenschutz: Vernetzte Autos - Big Brother an Bord Thema. Auch in der Kfz-Versicherungsbranche ist man sich der Möglichkeiten, die mit elektronischen Medien einhergehen, bewusst. Die Uniqa bietet bereits seit mehr als zehn Jahren den Tarif SafeLine an, der zunächst auf die Sicherheit fokussierte: Ein Crashsensor informiert die Einsatzkräfte und leitet sie zur Unfallstelle. 2016 wurde der Tarif um den Schwerpunkt "Prävention" erweitert: Wer während der Fahrt sein Handy nicht nutzt, kann bis zu 50 Prozent der Nettoprämie einsparen.

VIDEO: Versicherungen

Permanente Überwachung, manipulierbare Daten

eCall-System aufgezwungen

Seit April dieses Jahres sind alle neu in der EU typisierten Pkw ohnedies mit dem automatischen Notrufsystem eCall ausgestattet (siehe Grafik). Dieses System zeichnet Standort, Fahrtrichtung und Personenanzahl auf und sendet diese Daten im Fall eines Unfalls an die Rettungskräfte – im Schadensfall sehr hilfreich. Was natürlich mit bedacht werden muss: Der gesamte Fahrbetrieb wird aufgezeichnet, dem entkommt man nicht.

Quelle: Finanztest; Illustrationen: Golden Sikorka, vectorpouch, Weenee /Shutterstock.com

Permanente Überwachung voreingestellt

Richtig zur Datensache geht es mit dem Allianz BonusDrive für junge Leute bis 25: Nach dem Prinzip "Pay as you drive" wird das Fahrverhalten bewertet und danach die Prämie bemessen (siehe Kapitel "So funktionieren Telematiktarife"). Wer sich dafür entscheidet, muss wissen: Nun wird jeder Weg aufgezeichnet – nicht nur solche mit dem Auto, wie sich beim probeweisen Einsatz der App zeigte. Auch Fahrten mit Bus, Bahn oder Fahrrad wurden zur Überraschung unserer Testerin festgehalten.

Daten leicht zu manipulieren

Die "artfremden" Fahrten lassen sich zwar händisch wegschalten, zeigen aber auch, wie leicht elektronische Aufzeichnungen zu manipulieren sind: Die ruhigen Bahn- und Radfahrten ohne abruptes Bremsen und Beschleunigen trugen zu einem deutlich besseren Abschneiden im "Fahrverhalten" bei, und bei den Fahrten mit schlechterem Score ließ sich problemlos auf "Beifahrer" oder "Busfahrt" umstellen und so das ­Resultat noch einmal um ein paar Punkte verbessern.

Auch über 25-Jährige können mitmachen. Prämienvorteile gibt es für sie allerdings keine. Hier profitiert einzig der Versicherer, der zusätzliche Daten zur Verfügung gestellt bekommt.

Punkteabzug: Innenstadt und Nachtfahrt

Wer sich für einen Telematiktarif inte­ressiert, sollte prüfen, ob er überhaupt die maximale Rabatthöhe erreichen kann. Wer aus beruflichen Gründen viel nachts unterwegs sein muss, ist benachteiligt, weil das als unfallträchtigere Zeit gilt und zu einem Punkteabzug führt; das gilt auch für Fahrten im innerstädtischen Bereich.

Telematiktarife nicht am billigsten

Selbst wenn Sie theoretisch den Punktehöchststand erreichen können, fahren Sie mit den Telematiktarifen nicht automatisch am günstigsten. Wir haben die Prämienbeispiele aus unserem Kfz-Versicherung: Alterszuschläge - Alt und Jung zahlen mehr auf das Online-Angebot von Allianz und Uniqa umgelegt. Resultat: Selbst bei Erreichen der höchsten Ersparnis gab es für unsere Beispielfälle bei anderen An­bietern günstigere Angebote.

Grobe Fahrlässigkeit mitversichern

Grobe Fahrlässigkeit mitversichern

Bei Rot über die Kreuzung fahren, ein Stoppschild übersehen, während der Fahrt etwas aufheben, das Auto ohne angezogene Handbremse und eingelegten Gang auf einem abschüssigen Weg abstellen – die Klassiker unter den Unfallursachen. Die Versicherer waren hier bis vor Kurzem aus dem Schneider, denn alle diese Vergehen gelten als grob fahrlässiges Verhalten.

Nun nehmen immer mehr Versicherer diese Komponente in die Polizze auf. Vorreiter war die Uniqa, wo grobe Fahrlässigkeit seit 2016 in allen Kaskotarifen inkludiert ist. Die Wiener Städtische verlangt dafür einen fünfprozentigen Prämienaufschlag. Auch Allianz und Generali bieten diese Option an. Und obwohl der Versicherer im Schadensfall erst einmal beweisen muss, dass die erforderliche Sorgfalt tatsächlich in besonderem Maße missachtet wurde, ist der Einschluss der groben Fahrlässigkeit sinnvoll. Sonst muss vom Gericht darüber entschieden werden, ob leicht oder grob fahrlässig gehandelt wurde – und das kann richtig teuer werden.

Weiterhin keinen Versicherungsschutz gibt es aber für gemeingefährliche Aktionen, zum Beispiel das Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss oder mit abgefahrenen Reifen.

Unfallverursacher Handy

Telefonieren am Steuer ist gefährlich. Richtig riskant wird es, wenn während der Fahrt SMS getippt werden, mit dem Handy foto­grafiert, gefilmt oder im Internet gesurft wird. Für diese Fälle hat der Gesetzgeber 50 Euro Strafe vorgesehen, mit Anzeige 72 Euro – das ist angesichts der Gemeingefährdung ziemlich moderat, auch im europäischen Vergleich.

So verwundert es nicht, dass nach einer von der ASFINAG beauftragten Studie 40 Prozent der Befragten weiterhin das Handy am Steuer nutzen und über 50 Prozent der unter 30-Jährigen während der Fahrt Fotos oder Videos machen. Um dies einzudämmen, setzen Uniqa SafeLine und Allianz BonusDrive auf Belohnung: Wer während der Fahrt nicht telefoniert, erhält Bonuspunkte im Gesamtscore – das sollte eigentlich auch so selbstverständlich sein; aber anscheinend braucht der Mensch ein wenig Lob, und sei es auch bloß von einer Maschine.

VKI-Rechner

Die Versicherungsprämie monatlich, vierteloder halbjährlich zu bezahlen, kommt teuer, weil die meisten Versicherer dafür einen Zuschlag verrechnen.

Selbst wenn nicht, fällt jedenfalls für die motorbezogene Versicherungssteuer bei unterjähriger Zahlweise ein deftiger Aufschlag an.

Überprüfen Sie anhand unseres Unterjährigkeitszuschlags- Rechners, wie viel Sie sich bei jährlicher Zahlweise ersparen könnten (Versicherungsrechner: Unterjährigskeits­zuschlag). Erfolgte kein ausreichender Hinweis auf den Zuschlag, sind Rückforderungen für die Vergangenheit möglich. Mehr zum Thema finden Sie in Versicherungen: Unterjährigkeitszuschlag - Kein Geld verschenken.

Infografiken: Wie funktioniert ein Telematiktarif?

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Hilfestellung für KonsumentInnen
Bild 1: Wie funktioniert ein Telematiktarif? Kfz-Versicherer haben die Digitalisierung für sich entdeckt und setzen zunehmend auf sogenannte Telematiktarife. Wie funktioniert ein solcher Tarif? |
...und Übermittlung der Daten an den Versicherer.
Bild 2: Aufzeichnung des Fahrverhalten... Bei Telematik-Tarifen steht der Fahrer und sein Fahrverhalten im Mittelpunkt. Über ein Telematik-Gerät oder eine App wird dieses laufend aufgezeichnet und an die entsprechenden Versicherer weitergeleitet. |
Hilfestellung für KonsumentInnen
Bild 3: Bewertung des Fahrstils Der Autofahrer übermittelt permanent Daten, der Versicherer bewertet diese und bestimmt die Höhe des Rabbatts. Bei sicherer, oder beispielsweise umweltschonender Fahrweise erstatten diverse Kfz-Versicherer einen bestimmten Prozentsatz der Prämie nach Ablauf des Vertrages zurück. |
Hilfestellung für KonsumentInnen
Bild 4: Vorteile für Konsumenten Geld sparen, sicherer fahren, die Ortung des Fahrzeuges bei Diebstahl –  Telematiktarife versprechen viele Vorteile für KonsumentInnen. Bei einem Diebstahl kann das Auto geortet werden. |
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Bild 5: Nachteile aus Verbrauchersicht Unzureichender Schutz der Privatsphäre, höhere Kosten für unvorsichtige Fahrer, fehlende Datentransparenz – beim Thema Telematik im Auto werden derzeit viele Nachteile diskutiert.  |
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...und Übermittlung der Daten an den Versicherer.
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So funktionieren Telematiktarife

Telematik ist eine Wortschöpfung aus "Telekommunikation" und "Informatik".

In der Kfz-Versicherung bedeutet es,  dass der Versicherer die Fahrweise des Kunden mittels Handy-App oder einer Box im Fahrgastraum aufzeichnet, die Daten auswertet und umsichtiges, Unfällen vorbeugendes Fahren durch Prämiennachlässe belohnt.

Bewerten lassen sich etwa Bremsverhalten (abrupt ist schlecht), Beschleunigung (sanftes Gleiten ist gut), Geschwindigkeit (Übertretungen reduzieren die Punktezahl), wann und wo gefahren wird (nachts und innerstädtisch bringt Punkteabzüge). Aus den vom Anbieter jeweils selbst gewichteten Berechnungsfaktoren wird ein Punktestand ermittelt. Je höher er ausfällt, desto größer der Rabatt auf die Prämie.

Vorteile aus Sicht des Verbrauchers

+ (Selbst-)Kontrolle des Fahrverhaltens
+ Rabatte bei gutem Scorewert
+ Ortung des Fahrzeugs (nach Diebstahl)

Nachteile aus Sicht des Verbrauchers

– Permanente Überwachung des Fahrverhaltens und der eigenen Mobilität
– Fehlende Datentransparenz (Speicherung, Weitergabe an Dritte etc.)
– Keine sichere Datenverschlüsselung (Gefahr, dass eigene Gewohnheiten ausspioniert und ausgenutzt werden, etwa von Einbrechern)
– Fehleranfälligkeit des Systems
– Kfz-Versicherung als Solidargemeinschaft wird ausgehöhlt

VKI-Tipps

  • Bonustarife. Für klimaschonende Fahrzeuge oder eine unfallverhütende und umweltbewusste Fahrweise gibt es Prämienrabatte bis zu 40 Prozent.
  • Datensammeln. Speziell bei den Telematiktarifen zahlt man für den Bonus mit fast lückenloser Datenaufzeichnung der eigenen Mobilität und Gewohnheiten.
  • Blendwerk. Bonus hin, Score her – selbst bei höchster Rabattstufe sind die neuen Telematiktarife nicht unbedingt günstig. Die Bestbieter aus unserem Kfz-Prämien-Vergleichstest im Vorjahr lagen zum Teil deutlich darunter.
  • Grobe Fahrlässigkeit. Ist in älteren Kaskopolizzen oft nicht inkludiert und kann, bei manchen gegen Aufpreis, aufgenommen werden.
  • Vergleichen. Am günstigsten fährt man nach wie vor mit regelmäßigen Vergleichen der Versicherungsangebote und jährlicher Zahlweise.

Leserreaktionen

Missverständlich

Im Artikel „Auf der Datenautobahn“ lese ich, dass „seit April dieses Jahres neu zugelassene Autos mit eCall ausgestattet sind“. Meinen Sie damit alle Neuwägen bei Erstzulassung? Das wäre falsch, weil mein neuer Citroën Berlingo, Zulassung August 2018, das System nicht hat. Das ist jedenfalls missverständlich oder unrichtig und sollte geklärt werden.

Thomas Winger
Wien
(aus KONSUMENT 11/2018)

Danke für Ihren Hinweis! Da haben wir uns tatsächlich zu wenig präzise ausgedrückt: Betroffen sind alle seit April 2018 neu in der EU typisierten Pkw.

Die Redaktion

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