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Kfz-Versicherung: Was ist ein Totalschaden? - Nicht immer eindeutig

Klare Sache, möchte man meinen. Aber im Einzelfall kann es doch wieder kompliziert werden.

Bild: BACHTUB-DMITRII / Shutterstock.com

Durchschnittliche Gebrauchtwagen-Erlöse

Im Schlepptau des Totalschadens finden sich einige andere Versicherungsbegriffe, die es erst mal zu dechiffrieren gilt, z.B. Wiederbeschaffungswert. Der gibt an, wie viel es kosten würde, ein ausstattungsgleiches ­Auto wieder zu beschaffen, natürlich ausgehend vom Wert vor dem Unfall.

Zur konkreten Bestimmung wird üblicherweise die Eurotax-Liste herangezogen – ­eine Auflistung der von Kfz-Händlern durchschnittlich erzielten Gebrauchtwagen-­Erlöse für ein bestimmtes Kfz-Modell beim Verkauf in Österreich. Hinzugerechnet ­werden noch Aufwands-, Händlerneben- oder auch Garantiekosten.

Zeitwert und Restwert

Wundern Sie sich nicht. Von den Versicherern wird statt Wiederbeschaffungswert gern auch der Begriff Zeitwert mehr oder weniger deckungsgleich verwendet, obwohl das genau genommen nicht korrekt ist. Denn der Zeitwert bezeichnet lediglich den Wert der versicherten Sache (in diesem Fall: des ­Autos) zum Schadenszeitpunkt; vom Neuwert wird die Wertminderung aufgrund von Alter und Abnutzung abgezogen.

Der Zeitwert ist in der Regel niedriger als der Wiederbeschaffungswert, da bei Letzterem wie ­bereits erwähnt noch ­Beschaffungs- und andere Nebenkosten dazugerechnet ­werden. Ein weiterer wichtiger Begriff ist der Restwert. Darunter versteht man die Summe, die Wrackhändler (Restwertbörsen) ­bereit wären, für ein ­Unfallauto zu bezahlen. 

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Was bekomme ich ersetzt?

Haftpflicht oder Kasko?

So weit zu den Basisbegriffen. Prinzipiell ist beim Totalschaden zu unterscheiden, ­welches Versicherungsprodukt im Fall des Falles zum Tragen kommt. Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist gesetzlich verpflichtend. Jeder, der ein Auto anmeldet, muss eine abschließen. Bei einem selbst verschuldeten Unfall deckt dieses Versicherungsprodukt in der Regel aber nur ­Schäden beim Unfallgegner, nicht jedoch jene am ­eigenen Auto ab. Wer auch diese Schäden ersetzt bekommen will, braucht eine ­Kaskoversicherung (Voll- oder Teilkasko).

Was bekomme ich ersetzt?

Die Gretchenfrage lautet freilich: Was ­bekomme ich im Schadensfall konkret ­ersetzt? Erhellend ist ein Blick in die Vertragsklauseln – und das natürlich optimalerweise bereits vor Abschluss des Versicherungsproduktes (siehe auch VKI-Tipps). Dort ist auch definiert, wann ein Totalschaden vorliegt.

Sie ahnen es: Totalschaden ist nicht gleich Totalschaden. Bei einem technischen Totalschaden ist das Auto durch einen Unfall dermaßen in Mitleidenschaft gezogen, dass auch der beste Mechaniker nichts mehr auszurichten vermag. Es ist technisch nicht mehr (oder nur mit einem nicht zu rechtfertigenden Aufwand) möglich, es zu reparieren – ein Fall für die Schrottpresse.

Ein echter Totalschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten höher sind als der Wiederbeschaffungswert des Autos.

Und der wirtschaft­liche Totalschaden tritt dann ein, wenn die Reparaturkosten die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert übersteigen. In anderen Worten: dann, wenn sich aus Sicht des Versicherers eine Reparatur wirtschaftlich nicht mehr rechnet.

Heißt für die Praxis, dass es bisweilen sehr schnell passieren kann – insbesondere bei älteren Fahrzeugen –, dass auch ein recht kleiner Schaden als (wirtschaftlicher) Totalschaden definiert wird.

Entschädigung: Wiederbeschaffungswert minus Restwert?

Ermittelt wird der Wert des Unfallautos bzw. der Wiederbeschaffungswert durch einen vom Versicherer beauftragten Sachverständigen. Stuft der Versicherer das ­Unfallauto dann als Totalschaden ein, lehnt er ­eine ­Reparatur ab. Damit wieder zurück zur Gretchenfrage: Je nach Einzelfall macht der ­Versicherer dem Ver­sicherten ein Entschädigungsangebot.

Im Normalfall lautet es: Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert. Das löst dann beim Versicherten ­zuweilen Unverständnis aus. Weil: viel zu wenig! Denn läge kein ­T­otalschaden vor, würde der Versicherer die vollen ­Kosten ­einer fachgerechten Reparatur bezahlen.

Aber selbst der Oberste ­Gerichtshof hat den Assekuranzen recht gegeben: Es muss zu keinem vollen Ersatz der Reparaturkosten kommen, wenn diese die Differenz aus ­Wiederbeschaffungswert und Restwert übersteigen (wirtschaftlicher Totalschaden). Aber auch wenn ein technischer oder echter Totalschaden vorliegt, heißt das nicht zwangsläufig, dass man mit der ausbezahlten Summe auch wirklich ein gleichwertiges Auto am Markt findet.

Das Angebot des Versicherers muss übrigens nicht angenommen werden. Allerdings kann man nur darauf bestehen, die erwähnte ­Differenz aus Wiederbeschaffungswert und Restwert ausbezahlt zu bekommen. Ob sich damit eine Reparatur (in Eigenregie) ausgeht, ist fraglich. 

VKI-Tipps

  • Vergleichen: Vor Vertragsabschluss neben der Prämienhöhe auch die Bedingungen/Klauseln genau studieren. Nicht das erstbeste Produkt abschließen, ­sondern vergleichen! 
  • Hinterfragen: Nicht alles, was der Versicherer schreibt, als gegeben hinnehmen – hinterfragen, nachfragen, Rat einholen. Im Streitfall auch Hilfe bei einer eventuell vorhandenen Kfz-Rechtsschutzversicherung holen. 
  • Zusatzdeckung: Es gibt bei einigen Versicherern die Möglichkeit, in der Kaskoversicherung eine erhöhte Totalschadensleistung abzuschließen. Tritt ein Schadensfall in den ersten Monaten (bis Jahren) nach Vertragsabschluss ein, erhält man dann im besten Fall bis zu 100 Prozent des Kaufpreises ausbezahlt. Diese Zusatzdeckung erhöht die Kaskoprämie in der Regel um ca. 5 bis 10 Prozent.

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