Die Finanzkrise hat vielen Kleinanlegern die Augen geöffnet. Sie waren falsch beraten worden und haben viel Geld verloren. 2008 wollte man daraus die Lehren ziehen und hat die Ausbildung der Wertpapiervermittler verbessert; geblieben ist das Provisionssystem. Geblieben sind auch die sogenannten Strukturvertriebe. Sie wurden weder stärker reguliert noch wurden sie – für Finanzdienstleistungen – verboten.
Strukturvertriebe sind wie eine Pyramide aufgebaut, verkaufen Geldanlagen und Versicherungen, leben von den Provisionen - und sie sind an den Verlusten zahlreicher Kleinanleger mitbeteiligt. So hat der VKI in Sachen Immofinanz-Aktien den AWD-Österreich wegen systematischer Fehlberatung geklagt und in Sachen Meinl European Land andere Strukturvertriebe. Siehe auch den Artikel "Geldanlage: AWD, MEL, AvW, AMIS" (KONSUMENT 10/2011).
Warum haben Strukturvertriebe ihre Kunden falsch beraten? Im Folgenden ein Interview mit einem Insider. Er war in zwei dieser Firmen in Top-Positionen tätig, ist dann ausgestiegen und hat – siehe den Hinweis am Ende des Interviews - einen Roman darüber geschrieben. Zu seinem Schutz nennt er sich „Maximilian von Ah“.
KONSUMENT: Für welchen Zeitpunkt gelten Ihre Aussagen? Gelten sie auch heute noch?
Maximilian von Ah: Ein Finanz-Strukturvertrieb arbeitet nach einem bestimmten System, dem Multi-Level-Marketing System , kurz MLM. Dieses MLM wurde in den 1950er Jahren über die Genfer Firma IOS von Bernie Cornfeld aus den USA nach Europa gebracht. Diese IOS hatte in den 1960er Jahren bis zu 2,5 Milliarden US-Dollar von Kunden unter ihrer Regie. Sie ist aber in den 1970er Jahren auf dubiose Weise in Konkurs gegangen. Auf diesem Boden sind dann die Finanzvertriebe BONNFINANZ, DVAG und OVB entstanden und aus der OVB über Carsten Maschmeyer der AWD.
Ich selbst war von 1989 bis 1996 bei zwei dieser Finanz-Strukturvertriebe in leitender Position beschäftigt. - Um ihre Frage zu beantworten: Das System ist bis heute immer das gleiche und MLM-Finanzvertriebe arbeiten bis heute nach diesen Mustern.