Was uns stutzig gemacht hat
Eine Konsumentin wandte sich mit der Bitte um einen Check an uns. Der Slogan von Nivea "Eine Haut. Eine Welt. Eine Pflege" erschien ihr zweifelhaft.
Nicht klimaneutral, die Kosmetikmarke Nivea "klimaneutralisiert" vielmehr ihre Produkte. Bei solchen Wortkreationen schrillen rasch die Greenwashing-Alarmglocken. Zu Recht?
Eine Konsumentin wandte sich mit der Bitte um einen Check an uns. Der Slogan von Nivea "Eine Haut. Eine Welt. Eine Pflege" erschien ihr zweifelhaft.
Dem Zeitgeist folgend wird Nivea vom Mutterkonzern Beiersdorf als nachhaltige Marke positioniert. In einem Image-Video aus 2021 ist von "klimabewussten Produkten" die Rede: Damit jeder Mensch, der Nivea-Produkte nütze, seine eigene Klimabilanz verbessern könne.
Das ist mal eine Ansage. Bei Nivea wird marketingtechnisch grün geklotzt und nicht gekleckert. Inzwischen wurde man noch kreativer, diverse Nivea-Produkte werden nun mit "klimaneutralisiert" beworben. Auf den Verpackungen ist zu lesen "100 % climate neutralized product", Englisch klingt schließlich noch hipper. Aber ob die Verbraucher:innen mit dieser Botschaft etwas anfangen können, ist anzuzweifeln. Auf den Verpackungen wird mit einer Fußnote auf der Rückseite gearbeitet, natürlich in Mini-Mini-Schriftgröße.
Dass die "verbleibenden Emissionen" der Produkte durch CO2-Kompensation klimaneutral gestellt werden. Im Fall von Nivea: in Aufforstungsprojekte investiert wird. Bei vielen Konsument:innen bleibt wohl "klimaneutral" hängen – und damit, dass das Produkt nachhaltig ist.
Positiv zu vermerken ist zunächst, dass zumindest die anerkanntesten Zertifikatsstandards zum Einsatz kommen. Bei den Projekten gibt es aber Licht und Schatten. Ein konkretes Projekt ist so stark in die Kritik geraten, dass zum Beispiel der Lebensmittelhändler Rewe angekündigt hat, seine Produkte damit nicht mehr klimaneutral zu stellen. Es handelt sich um ein Aufforstungsprojekt in Uruguay (Guanaré), wo hauptsächlich nicht-heimische Eukalyptusarten in Monokultur angepflanzt werden, Düngemittel- und Glyphosat-Einsatz inklusive. Auch auf konkrete Nachfrage hält Nivea diesem umstrittenen Projekt die Treue.
Mit einem jährlichen Nachhaltigkeitsbericht der Konzernmutter Beiersdorf. Die dort kommunizierte Marschrichtung: Ziel ist es, bis 2050 (so gut wie) keine Treibhausgase mehr auszustoßen. Es wird recht glaubwürdig dargestellt, dass man sich auf dem Weg befinde, Emissionen schrittweise zu reduzieren. Allerdings teilweise viel schneller als geplant. Ein Schelm, wer meint, die Ziele seien nicht ehrgeizig genug gesteckt.
Nivea ist eine Leitmarke des deutschen Konsumgüterkonzerns Beiersdorf (u. a. Hansaplast, Labello, Tesa). Ein Unternehmen mit mehr als 20.000 Mitarbeiter:innen weltweit und zuletzt fast neun Milliarden Euro Jahresumsatz. Beiersdorf hat unsere Fragen recht umfangreich beantwortet. Die Antworten waren jedoch leider nur in begrenztem Maße ein Beitrag zur Verbesserung der Transparenz.
Lesen Sie im Folgenden die Stellungnahme im Wortlaut:
Wer sich darüber informieren will, welche Strategien Nivea in puncto Nachhaltigkeit verfolgt, wird online zwar fündig. Wer wirklich Greifbares sucht, muss aber sehr genau recherchieren. Und mit Floskeln rechnen. Denn volle Transparenz legt man bei Nivea leider nicht an den Tag. Fast die ganze Welt will bis 2050 klimaneutral sein. Nivea auch. Ist Nivea damit ein Vorreiter? Nicht wirklich. Schmückt man sich mit Selbstverständlichkeiten, lässt das tief blicken.
Besonders kritisch ist in diesem Zusammenhang, dass es keine vollständige Veröffentlichung eines Fahrplans hin zu Netto-Null 2050 gibt. Auch die Info, wie viel Geld man dafür in die Hand nehmen will, kommuniziert Nivea (noch) nicht. Wer es ernst meint mit Klimaschutz, sollte solche Informationen transparent und leicht auffindbar bereitstellen.
Um den Markt in Bezug auf Greenwashing bestmöglich zu kontrollieren, sind wir auf Ihre Mithilfe angewiesen. Deshalb können wir unsere monatliche Aufforderung nur wiederholen: Melden Sie uns Greenwashing! Der VKI geht aktiv und erfolgreich gegen Greenwashing auf allen Ebenen vor. Der Greenwashing-Check ist ein großer Erfolg und wir bleiben weiterhin dran.
Wir blicken auch deshalb optimistisch in die Zukunft, weil sich in Sachen Greenwashing auf EU-Ebene einiges tut. Wenn die sogenannte Green-Claim-Verordnung wie geplant 2024 in Kraft tritt, bedeutet das: leichtere Rechtsdurchsetzung bei irreführenden grünen Werbebotschaften.
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