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Gebäude der Bellaflora-Firmenzentrale
Stimmt der Slogan "Die grüne Nummer 1"? Bild: Bellaflora-Presse/Seyser/VKI

Greenwashing: Bellaflora - Die grüne Nummer 1?

Beim Werbejingle von Bellaflora summt Österreich mit. Aber ist das Unternehmen wirklich so grün?

Wir haben genau hingeschaut und, so viel sei schon verraten, recht wenig gefunden, was wir beanstanden können.

 

Was uns stutzig gemacht hat

Die ­grüne Nummer 1 zu sein, das ist ein Spruch, bei dem sich Bellaflora weit aus dem ­Fenster lehnt. Schon allein deshalb mussten wir das Unternehmen einmal genauer unter die Greenwashing-Lupe nehmen. In unseren Blumenerde-Tests 2019 und 2020 schnitten Bellaflora-Produkte nicht gerade berauschend ab. Aktuell legt die Firma in einem Werbespot sogar noch kräftig nach: „Unser Grün ist mehr als eine Farbe. Unser Grün ist nachhaltig“, heißt es da. Wie ­gesagt, beim in den 1970er-Jahren von der Unternehmerin Hilde Umdasch gegrün­deten Gartencenterbetreiber wird beim Thema „grün“ geklotzt und nicht gekleckert.

Der Check: Suche nach dem Nachhaltigkeits-Bericht

Einer unserer ersten Schritte ist immer die Suche nach einem Nachhaltigkeitsbericht. Den gibt’s bei Bellaflora, und zwar alle drei Jahre neu. Der letzte wurde für die Periode 2016 – 2019 veröffentlicht. Er entspricht den gängigen, internationalen Standards, ist transparent und durchaus aufschlussreich.

Kein grünfärberisches Blabla

Mit anderen Worten: kein grünfärberisches Blabla. Das hatten wir an dieser Stelle schon ganz anders. Also auch für uns eine willkommene Abwechslung, mal wieder einen Nachhaltigkeitsbericht zu lesen, der es ernst meint. Bellaflora gliedert recht übersichtlich auf, in welchen Bereichen welche Maßnahmen und Ziele gesetzt wurden. Im Bericht ist zu lesen, welche ­davon erreicht werden konnten – und ­welche nicht. Auch klare Begründungen, wieso Ziele nicht erreicht wurden, werden kommuniziert.

Verbesserung bei den Spritzmitteln

Erfreulich ist, dass Bellaflora nicht versucht, vom Thema abzulenken, sondern Verbesserungsmaßnahmen in Kernbereichen setzt. In Kooperation mit der Umwelt-NGO Global 2000 besteht etwa eine Kooperation, die dazu dient, den Pestizideinsatz zu ­reduzieren. Weg von Gas will man mittels Photovoltaik und Wärmepumpen (+ zertifiziertem Umweltzeichen-Strom) kommen – eine Entscheidung mit Weitblick, und zwar nicht nur aus Umwelt-, sondern, wie die aktuellen geopolitischen Ereignisse zeigen, auch aus wirtschaftlicher Sicht. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass freilich noch einiges an Luft nach oben besteht, was die Erdgas-Reduktion anbelangt.

Maximal 50 Prozent Torf­anteil

Ein Bereich, wo Bellaflora den eigenen ­Zielen nicht gerecht werden konnte, ist das Thema Torf. Ist das so schlimm? Durchaus. Da beim industriellen Torfabbau Unmengen an CO2 freigesetzt werden, hat das beträchtliche Auswirkungen aufs Klima. Ursprünglich wollte Bellaflora bis 2020 bei allen Erden torffrei sein. Es wurden aber keine ökologisch (und wohl auch ökonomisch) ver­tretbaren Ersatzstoffe für Torf gefunden. Daher hat man 2015 das Ziel modifiziert und eine Obergrenze von maximal 50 Prozent Torf­anteil eingezogen. Lediglich die Erden der Eigenmarke „Bellaflora biogarten“ sind torffrei.

Mit Abstand größte Nachhaltigkeits-Ambitionen

Nun noch konkret zur Behauptung, die grüne Nummer 1 zu sein. Laut Eigenaussagen ­bezog sich das „grün“ in diesem Slogan ursprünglich nicht auf das Thema Nach­haltigkeit (diese Lesart kam erst in den vergangenen Jahren dazu), sondern auf die grüne Produktpalette: „Wir sind das Gartencenter in Europa mit dem größten Pflanzenanteil.“ Ob das stimmt, haben wir nicht überprüft. Aber unser Branchencheck hat ergeben, dass Bellaflora im Vergleich zum heimischen Mitbewerb auf jeden Fall die mit Abstand größten Nachhaltigkeits-Ambitionen hat.

Was sagt Bellaflora dazu?

Wir haben Bellaflore eine Liste von Fragen gestellt - hier drei Beispiele: Wie hoch ist der aktuelle Bioanteil bei den verschiedenen Pflanzensortimenten? Seit wann ist Bellaflora glyphosatfrei? Wieso gelingt Torffreiheit bei der Eigenmarke bellaflora biogarten aber nicht im restlichen Sortiment?

Bellaflora hat uns fristgerecht eine ausführliche ­Beantwortung unserer Fragen zukommen lassen. Sie finden Sie unten in den Downloads.

Die grüne Nummer 1?

Verkaufsraum von Bellaflora in Graz-Liebenau
Gartencenter von Bellaflora in Graz-Liebenau Bild: Bellaflora/Presse

Am heimischen Gartencentermarkt darf Bellaflora jedenfalls als ambitioniertestes Unternehmen bezeichnet werden.

Hält das grüne Versprechen?

Wir finden, dass Bellaflora sich zwar weit aus dem Fenster lehnt, aber letztendlich nicht hinausfällt. Natürlich, wenn man die reine Lehre heranziehen würde, wäre Bellaflora (noch) kein nachhaltiges Unternehmen. Aber die Maßnahmen und Ziele, um noch nachhaltiger zu werden, lassen das Unternehmen erfreulich positiv aus der Masse herausragen.

Auch Misserfolge kommuniziert

Und, durchaus unüblich: Nicht nur die grünen Erfolge werden kommuniziert, sondern auch die Misserfolge. Am heimischen Gartencentermarkt darf Bellaflora jedenfalls als ambitioniertestes Unternehmen bezeichnet werden. Zwar wirbt Bellaflora mit dem vagen Begriff „grün“ – aber die Maßnahmen dahinter sind so umfassend und konkret, dass die Bewerbung zulässig erscheint.

Nächster Nachhaltigkeitsbericht 2023

Nur Lob können wir allerdings nicht aussprechen. In gewissen Teilbereichen, z.B. beim Thema Torfreduktion, muss Bellaflora auf jeden Fall noch einen grünen Gang zulegen. Der nächste Nachhaltigkeitsbericht ist für kommendes Jahr angekündigt – wir sind schon gespannt, welche Ein- und Ausblicke Bellaflora seinen Kundinnen und Kunden da geben wird.

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Greenwashing? Grünes Mascherl, nichts dahinter? Melden Sie es uns!
Greenwashing? Grünes Mascherl, nichts dahinter? Melden Sie es uns! Bild: VKI

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