Der Check: Climate Pledge Friendly
Ganz kurz vorweg, der Name: Climate Pledge Friendly. Oh mein Gott! Da bekommt man ja einen Knoten in der Zunge. Für deutschsprachige Verbraucher adaptieren? Amazon, der globale Tanker, winkt ab. Frei übersetzt bedeutet es soviel wie: Versprechen zur Klimafreundlichkeit. Wir verwenden der Einfachheit halber die Abkürzung CPF. Und so funktioniert das System:
Bei CPF werden auf der Amazon-Homepage Produkte, bei denen „in mindestens einer Hinsicht Nachhaltigkeitsverbesserungen vorgenommen wurden“, mit einem grünen Engerl (Sanduhr mit Flügeln) gekennzeichnet. Welche Verbesserungen das sind, wird erst mal nicht näher verraten. Aber Moment, wie jetzt? Klima oder Nachhaltigkeit? Anders als der Name des Siegels suggeriert, liegt der Fokus anscheinend doch nicht nur auf Klimaschutz. Sondern auf dem gern verwendeten, weil so schön breit zu fassenden Begriff Nachhaltigkeit.
Amazon pickt sich Gütesiegel heraus
Um in den CPF-Pool aufgenommen zu werden, müssen Produkte eine Zertifizierung vorweisen. Aber nicht irgendeine, nein. Amazon pickt sich die gewünschten Gütesiegel selbst heraus. Darunter sind einerseits glaubwürdige staatliche Multi-Kriterien-Gütesiegel wie etwa das Europäische Umweltzeichen, der Nordic Swan oder der deutsche Blaue Engel. Auch tendenziell vertrauenswürdige produktspezifische Zertifizierungen wie Fair Trade (Landwirtschaft), Blue Sign, ÖKO-Tex oder GOTS (Textilien) sind Teil des CPF. Es finden sich allerdings auch nicht unumstrittene Gütesiegel wie z.B. UTZ (Kakao, Kaffee etc.), Rainforest Alliance (Bananen, Kaffee etc.) oder FSC (Holz). Die Kritik an ihnen ist divers: Teils gelten sie als industrienah, teils weisen sie ein geringes Anspruchsniveau auf oder stehen bei NGOs wie Greenpeace oder Global 2000 aufgrund der Zertifizierungspraxis in der Kritik. UTZ ist doppelt problematisch, da dieses Siegel in der Liste von Amazon eigentlich nicht aufscheint – erst bei den zertifizierten Produkten im Shop zeigt sich, dass auch UTZ zu einer CPF-Auslobung führt.
Siegel-Mix ist bunt
Kurzum, der Siegel-Mix ist bunt. Sehr bunt. Wild, ja fast willkürlich zusammengetragen, könnte man sagen. Der naheliegende Hintergrund: Das Amazon-Siegel braucht Breite. Breite, damit möglichst viele Produkte in den Genuss des CPF-Engerls kommen – in Europa sind es laut Amazon derzeit rund 70.000 Produkte aus Bereichen wie Kleidung, Elektronik, Lebensmittel oder Körperpflege.
So viele wären es aber nicht, wenn Amazon nicht auch ein eigenes „Gütesiegel“ mit in den CPF-Pool eingeschleust hätte: Mit „Compact by Design“ werden Produkte gekennzeichnet, die laut Amazons Bewerbung, „obwohl sie vielleicht nur unwesentlich anders aussehen, ein effizienteres Design aufweisen. Wenn weniger Luft und Wasser eingesetzt werden, benötigen Produkte weniger Verpackung und lassen sich effizienter versenden“. Klingt ja prinzipiell gut. Die Auslobungskriterien, Sie ahnen es, sind aber hinterfragenswert (ohne jetzt im Detail darauf eingehen zu wollen). Transparent sind sie jedenfalls nicht. Denn ab wann ein Produkt warum als effizient verpackt gilt, darüber schweigt sich Amazon aus. Vergeben wird Compact by Design übrigens automatisch. Die Produzenten haben da kein Mitspracherecht.
Konsequenz des Kuddelmuddels
Was ist die Konsequenz dieses Kuddelmuddels? Klicken wir doch mal in den Amazon-Shop und suchen wir z.B. nach Geschirrspül-Tabs. In der Trefferliste finden wir auch CPF-Produkte: z.B. ein aus Umweltsicht tolles Produkt, mit dem Blauen Engel zertifiziert. Und gleich darunter? Ein anderes, das nur wegen des recht nebulosen Amazon-Eigen-Labels Compact by Design CPF-fähig wurde. Nun gut, wenn der Transparenz Genüge getan würde, wäre das ja nicht schlimm. Allerdings sieht der Konsument bei beiden Produkten nur das CPF-Logo. „Beide top“, könnte man also denken, „es ist einerlei, welches ich nehme. Sind ja beide gleichwertig ‚öko’, versichert mir Amazon.“ Konkret darüber informiert, welches Label zur Verleihung mit CPF geführt hat, wird der Verbraucher aber erst, wenn er sich die Zeit nimmt, die Computer-Maus über (bzw. unter) das CPF-Logo zu navigieren. Dann, nur dann, poppt ein Fenster mit Zusatzinformationen auf.