Bei Schmerz Hand heben
„Ich hol jetzt die Karies raus. Wenn’s weh tut, dann heb´ bitte die Hand und ich höre zum Bohren auf!“ Spritze braucht die kleine Hanna (6) keine. Die Zahnärztin bohrt rasch und ist gleich fertig. Nach der Füllung fragt sie das Mädchen: „Na hat´s weh getan?“ Hanna mit rauer Stimme: „Ja, ein bisschen; aber wegen dem wollte ich dann doch nicht die Hand heben.“
Kinder in der Zahnarztpraxis: manchmal ein Lustspiel, manchmal eine Tragödie. Kinder sind am Behandlungsstuhl nicht anders als auf dem Spielplatz: tapfer, forsch, ängstlich, neugierig, verschlossen. Stillsitzen wollen sie auch beim Zahnarzt nicht gerne.
Österreichs Kinder haben immer bessere Zähne. Die Arbeit gut geschulter Zahngesundheitserzieherinnen, die bessere Information von Kindern und Eltern, regelmäßiges Zähneputzen und - ganz wichtig - fluoridierte Zahnpasten zeigen deutlich Wirkung. Noch 1993, so erhob das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen, lag der sogenannte DMFT-Index (decayed, missed, filled teeth) bei den Zwölfjährigen bei 3,0. Das bedeutete, dass drei Zähne Karies hatten, eine Füllung aufwiesen oder ganz fehlten. Bis 1997 verbesserte sich der Wert auf 1,7. Auch bei den Kleineren zeigt sich dieser positive Trend: 1996 waren schon 47 Prozent der Fünf- bis Sechsjährigen kariesfrei.
Karies ist eine Infektionskrankheit
Karies ist eine Infektionskrankheit. Über 300 Bakterien besiedeln den Mund, davon sind drei Arten Kariesbakterien. Meist übertragen die Eltern diese Bakterien an die Kinder, indem sie den Schnuller oder den Löffel mit Brei selbst in den Mund nehmen, bevor sie ihn dem Kind geben. Gift für die kleinen Zähne sind häufige süße oder stärkehaltige Zwischenmahlzeiten (Süßigkeiten, Säfte, Chips und Snacks ...). Das ist pures Kraftfutter für Kariesbakterien. Wenn die Eltern außerdem die Zähne der Kinder nicht ausreichend pflegen, vermehren sich die Bakterien explosionsartig und beginnen den dünnen Zahnschmelz zu zerstören. Wenn die Kinder aber bis zum vierten Lebensjahr „sauber“ bleiben, dann ist der Zahnschmelz härter und Karies weniger leicht möglich. Wichtig ist auch, dass werdende Mütter gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch haben. Gesunde Mutter, gesundes Kind – das gilt auch bei den Zähnen.
Beim Auto sorgt das Pickerl dafür, dass Fachleute sich den Wagen regelmäßig ansehen - und was beim Auto selbstverständlich ist, gilt auch für kleine Kinder. Auch Zwei-, Drei und Vierjährige sollten regelmäßig zur zahnärztlichen Kontrolle. Doch das braucht Vorbereitung: Erklären Sie dem Kind vorher, was vermutlich kommen wird - aber keine Gruselgeschichten. Bei einem gesunden Gebiss kann das sein: Mund weit aufmachen und ihn längere Zeit offen halten (allein das ist Schwerarbeit). Dann Zähne zählen, mit einer rotierenden Bürste polieren, Gel darauf pinseln, vielleicht eine Färbetablette. Aber gehen sie bei der Beschreibung nicht zu sehr ins Detail; was wirklich kommt, können Sie nicht wissen. Univ. Prof. Dr. Peter Städtler von der Universitätszahnklinik Graz: „Es soll halt nicht passieren, dass die Eltern dem Kind sagen: `Er schaut nur in den Mund´ und zum Zahnarzt sagen sie: `Machens ihm alle Füllungen, weil morgen fahren wir auf Urlaub´.“
Fluoridlack härtet den Zahnschmelz
Ein harmloser erster Behandlungsschritt kann sein, dass der Zahnarzt oder - bei sehr kleinen Kindern - die Eltern (bei gesunden Zähnen) Fluoridlack auf die Zähne aufträgt. Fluorid härtet den Zahnschmelz (Fachausdruck: remineralisieren). Genauer: Er gibt dem Schmelz das zurück, was Säure (nach der Umwandlung von Zucker und Stärke) dem Zahn entzogen hat. Die Behandlung mit normal dosiertem Fluoridlack ist bei Kindern ab dem Schulalter sinnvoll. Es gibt aber auch Produkte mit niedrigem Fluoridgehalt, die eignen sich auch für kleinere Kinder. Der Fluoridlack sollte zwei bis vier Mal pro Jahr erneuert werden. Eine einmalige Anwendung kostet zwischen 100 und 200 Schilling (Privatleistung); manche Zahnärzte verlangen gar nichts.
Professionelle Mundhygiene auch für Kinder
Noch ein Angebot hilft auch bei Kindern, dass gar nicht erst gebohrt werden muss, und zwar die professionelle Mundhygiene. Hier reinigt die Prophylaxehelferinnen bzw. Dentalhygienikerin in der Ordination das kindliche Gebiss, auch jene Stellen, wo die Bürste nicht hinkommt (siehe Konsument 3/99). Dieses sehr empfehlenswerte Programm sollte ein bis zwei Mal pro Jahr gemacht werden. In Skandinavien ist die Mundhygiene in jeder Altersstufe üblich, was die Zahngesundheit stark verbessert hat. Die Kosten müssen Sie privat bezahlen und liegen zwischen 1000 und 1600 Schilling pro Stunde (Richttarif der Ärztekammer: 1200 Schilling). Bei Kindern ist aber oft nur eine Kleinigkeit zu machen; entsprechend billiger sollte diese Leistung sein.