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Senioren und Medikamente - Gefährlicher Cocktail

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Je älter wir werden, desto mehr Medikamente schlucken wir im Durchschnitt. Nicht immer zu unserem Vorteil, denn mit der Pillenflut nehmen auch gefährliche Neben- und Wechselwirkungen zu.

Medizinischer Fortschritt

Die Lebenserwartung von Frau und Herrn Österreicher ist vor allem dank des medizinischen Fortschritts in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen. Neuartige und verbesserte Medikamente lassen uns gefährliche Krankheiten überwinden bzw. ermöglichen ein Leben damit. Da sich mit zunehmendem Alter die Gebrechen häufen, steigt bei älteren Menschen der Medikamentenkonsum. Die Altersgruppe der über 60-Jährigen schluckt mehr als die Hälfte aller verordneten Präparate. Nicht selten werden mehr als zehn verschiedene gleichzeitig eingenommen.

Nicht in Studien einbezogen

Doch mehr Medikamente bedeuten nicht automatisch eine Verbesserung des Gesundheitszustandes. Im Gegenteil: Mit der Zahl der Wirkstoffe steigt auch die Gefahr von unerwünschten Wirkungen und gefährlichen Arzneimittel-Interaktionen. Vorsichtigen Schätzungen zufolge gehen 5 Prozent aller Klinikaufenthalte von Senioren auf das Konto Arzneimittelfolgen. alterstypische Symptome abgetan. Ein Beispiel sind entwässernde Medikamente, sogenannte Diuretika.

Junge und Alte reagieren anders

Diese werden von jungen Menschen meist problemlos vertragen. Bei Senioren führt die Einnahme nicht selten zu einer Einlieferung ins Krankenhaus. Ebenfalls problematisch sind Blutverdünner, Diabetesmedikamente und Antirheumatika. Und noch ein Sachverhalt lässt sich aus den vorliegenden Daten bereits erkennen: Je mehr Tabletten verschrieben werden, desto mehr Mühe haben betagte Patienten, jede einzelne Tablette zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Dosierung einzunehmen.

Zu viele Medikamente

Auch österreichische Experten wie der Vorstand des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie an der Medizinischen Universität Graz, Univ.Prof. Dr. Eckhard Beubler, sehen Gefahren für die Senioren: „Ab einem Alter von 60 Lebensjahren steigen die Arzneimittelkosten pro Patient rapid an, was auch auf eine Versorgung mit vielen verschiedenen Arzneimitteln schließen lässt“, sagt Beubler. „Oft werden verschiedene Erkrankungen von verschiedenen Ärzten behandelt, eine Abstimmung der verschiedenen Therapien unterbleibt jedoch. Die Folge sind Wechselwirkungen, die mitunter auch fatal enden können.“ Der Pharmakologe schätzt, dass etwa drei Prozent aller Todesfälle in Österreich auf das Konto von Arzneimittelneben- oder -wechselwirkungen gehen. Da bei älteren Patienten meist mehr als eine Erkrankung vorliege, sei auch eine Therapie, die dem aktuellen Stand der Medizin.

Andere Wirkung im Alltag

Bei bestimmten Medikamenten ist unklar, wie sie bei betagten Menschen überhaupt wirken, da diese kaum in klinische Studien einbezogen werden. So lassen sich Nutzen und Risiken von Medikamenten paradoxerweise gerade bei jener Altersgruppe oft nur vage vorhersagen, die die meisten Mittel verordnet bekommt. "Die Studienbedingungen, unter denen die Medikamente getestet werden, haben mit dem wahren Leben wenig gemein. Viele Mittel haben im Alltag ganz andere Effekte als erwartet“, sagt etwa die deutsche Pharmakologin Univ.Prof. Dr. Petra Thürmann von der Universität Witten/Herdecke, die derzeit in einem breit angelegten Forschungsprojekt an mehr als 6.000 Patienten untersucht, wie sich Arzneien und Arzneikombinationen bei älteren Menschen auswirken.

Krankheit oder Nebenwirkung?

Erste Ergebnisse bestätigen einen Verdacht, den viele Experten bereits länger hegen: Viele auftretende Nebenwirkungen werden gar nicht als solche erkannt, sondern als entspricht, häufig mit erheblichen Risiken verbunden. Als problematisch erachtet der Experte etwa nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), bestimmte Thrombosemittel (Cumarine) oder Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Diese Medikamente können als Nebenwirkung schwere Blutungen auslösen. Als besonders gefährlich stuft Beubler bestimmte Medikamentenkombinationen ein, etwa aus Diuretika und ACEHemmern, wie sie insbesondere bei Bluthochdruck und chronischer Herzinsuffizienz eingesetzt werden.

Wechselwirkungen erkennen

"Was uns fehlt, ist ein Kompatibilitätscheck, bei dem die verordneten Arzneimittel gegeneinander abgewogen werden und Wechselwirkungen erkannt werden könnten“, sagt er. Denn es gibt noch genügend weitere Beispiele von Kombinationen, die dramatische Konsequenzen nach sich ziehen können, wie die gleichzeitige Einnahme von Blutdrucksenkern (Betablockern) und Herzglykosiden (bei Herzinsuffizienz) bzw. Insulin oder etwa von Blutverdünnern und Antirheumatika.

Medikamentenmissbrauch

Ebenfalls bei älteren Menschen im Zunehmen sind Arzneimittelabhängigkeiten. Wenn Oma oder Opa am Abend nicht mehr ohne Tablette einschlafen kann, nehmen häufig weder Angehörige noch Ärzte besondere Notiz davon. Doch wie Studien belegen, wird die Suchtgefahr vielfach unterschätzt. Bereits relativ geringe Medikamentendosen können in eine Abhängigkeit münden.

Problematisch sind Arzneimittel, die sich in irgendeiner Form auf die Psyche auswirken, wie Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie bestimmte schmerzstillende Medikamente, aber auch bei Abführmitteln kommt es besonders häufig zum Missbrauch. Da der Übergang in die Sucht meist fließend verläuft und das Thema vielfach mit Tabus belegt ist, liegen jedoch auch hierzu keine gesicherten Zahlen vor.

Alarmzeichen ernst nehmen

Oftmals ist es zudem selbst für nahe Angehörige schwierig, die Abhängigkeit zu erkennen. Alarmzeichen sind sozialer Rückzug oder Klagen des Betroffenen, dass er nicht mehr auf Tabletten verzichten könne. Aus eigener Kraft schaffen Süchtige es dann kaum, loszukommen. Wer die Tabletten von heute auf morgen absetzt, leidet – je nach Wirkstoff – unter ähnlichen Symptomen wie bei Alkohol- oder Drogenentzug.

Schmerz-, Unruhe- und Angstzustände

Dazu gehören Schmerz-, Unruhe- und Angstzustände, Verwirrtheit oder gar Halluzinationen. Um den Weg aus der Abhängigkeit zu finden, sollte unbedingt ein Arzt konsultiert werden, der über Erfahrung mit Suchtpatienten verfügt. Die Entwöhnung kann je nach Situation ambulant oder stationär erfolgen, bei psychischen Begleiterkrankungen wie Depressionen kann dabei auch der Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik notwendig sein.

Massive Probleme

Aber es genügt bereits, wenn eine Therapie nicht vorschriftsmäßig eingehalten wird. Dies führt immer wieder zu massiven Problemen, wie Petra Thürmann weiß: "Gerade ältere Patienten werden oft mit schwerer Unterzuckerung in Kliniken eingeliefert, weil sie ihr blutzuckersenkendes Medikament eingenommen, aber nichts dazu gegessen haben. Oder sie sind sich nicht sicher, ob sie die Tablette bereits geschluckt haben, und nehmen sicherheitshalber noch eine zweite ein.“ Die Verwirrung steigt dabei mit der Zahl der verschriebenen Medikamente.

Mehr als drei Medikamente problematisch

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) nimmt die Zuverlässigkeit der Medikamenteneinnahme (Compliance) ab, wenn mehr als drei Arzneimittel verordnet wurden. „Dann entscheidet der Patient, welche der verordneten Arzneimittel er einnimmt und auf welche er verzichtet“, sagt Eckhard Beubler. Der Mediziner verweist gleichzeitig auf den ökonomischen Aspekt der schlechten Compliance: "Nicht eingenommene Arzneimittel kosten die Gesellschaft ein unglaubliches Vermögen."

Prof. Dr. Petra Thürmann, Fachärztin für klinische Pharmakologie an der Universität Witten/Herdecke Interview mit Prof. Dr. Petra Thürmann

Prof. Dr. Petra Thürmann ist  Fachärztin für klinische Pharmakologie an der Universität Witten/Herdecke. Die Wissenschaftlerin untersucht in einem Forschungsprojekt an mehr als 6000 Patienten, wie sich Arzneien und Arzneikombinationen bei älteren Menschen auswirken.

Wie präsentiert sich die Ausgangslage zur Medikation älterer Menschen in Deutschland?

Thürmann: Ambulant zu Hause lebende ältere Patienten über 75 nehmen pro Tag im Durchschnitt 5 bis 6 verschiedene vom Arzt verschriebene Medikamente ein. Dazu kommen in der Regel noch 1 bis 2 rezeptfreie Präparate aus der Apotheke. In Pflegeeinrichtungen addiert sich diese Zahl um mindestens eine weitere Arznei.

Wie kommt es zur Übermedikation?

Thürmann: Betagte Menschen leiden oft unter fünf oder mehr Krankheiten gleichzeitig. Selbst eine leitliniengerechte Behandlung wird da schnell zum Teil des Problems, wenn etwa hoher Blutdruck, Schlaganfall, hoher Cholesterinspiegel, Prostatabeschwerden und hoher Blutzucker zusammenkommen.

Was können die Ärzte tun, um eine Übermedikation zu verhindern, wo kann man ansetzen?

Thürmann: Ärzte und Apotheker müssen sich fragen, was vereinfacht werden kann, was zu viel ist. In der Regel kann mindestens auf ein Medikament verzichtet werden, häufig am ehesten auf Schlafmittel oder Psychopharmaka. Es gibt aber keine Leitlinie, die dem Arzt sagt, welche Krankheiten prioritär zu behandeln sind und welche Medikamente am ehesten weggelassen werden dürfen. Dies muss von Fall zu Fall individuell entschieden werden.

Welche Krankheit ist in erster Linie bedrohlich, welche Krankheit verursacht Schmerzen. Wenn etwa ein Patient mit zu hohem Cholesterinspiegel unter starken Rückenschmerzen leidet und deshalb nicht schlafen kann, sollte vielleicht eher auf die Einnahme eines Cholesterinsenkers verzichtet werden.

Wechselwirkungen zwischen Medikamenten sind nicht das einzige Problem, bereits die Nebenwirkungen einzelner Präparate sind mitunter problematisch. Was sind die Hintergründe?

Thürmann: Studien an Patienten mittleren Alters zeigen, dass Blutverdünner Todesfälle verhindern. Wir wissen aber, dass etwa 50 Prozent aller betagten Patienten, die mit Vorhofflimmern im Krankenhaus liegen, Blutverdünner einnehmen. Dies zeigt eben auch: Ideale Studienbedingungen haben mit dem wahren Leben wenig gemein.

Was kann der Arzt hier tun?

Thürmann: Man sollte auf die Wahl der Medikamente achten. Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Indometacin sind für ältere Menschen beispielsweise sehr problematisch, Ibuprofen wäre eine bessere Alternative. Bei den Psychopharmaka sind Amitriptylinpräparate gefährlich, da diese erwiesenermaßen das Risiko für Hüftfrakturen erhöhen. Der Wirkstoff kann Herzrhythmusstörungen und Blutdruckabfall auslösen, was wiederum zu Schwindelgefühlen führt und die Sturzgefahr deutlich erhöht. Wesentlich besser verträglich ist in diesem Fall etwa Citalopram.

Prinzipiell schwierig zu handhaben sind Blutverdünner, die häufig bei älteren Menschen sehr große Nebenwirkungen haben und in Kombination mit anderen Medikamenten schwierig einzustellen sind. Hier stellt sich die Frage, ob es nicht sogar besser ist, auf Acetylsalicylsäure zurückzugreifen.

Welche Rolle spielt der Medikamentenmissbrauch?

Thürman: Dies ist ein Problem. Medikamentenmissbrauch lässt sich oft nicht einfach nachvollziehen, da viele Patienten auf Privatrezepte zurückgreifen, die keiner Kontrolle unterliegen. Wenn man selbst bezahlt ist es kein Problem, an Psychopharmaka wie Diazepam oder sogar an Valium heranzukommen. Am ehesten weiß natürlich der Arzt Bescheid, der das Rezept ausstellt. Doch auch Ärzte stehen dem Missbrauch häufig hilflos gegenüber, denn ein Entzug ist nicht einfach.

Auch bei nicht vorschriftsmäßig eingehaltenen Therapien kommt es immer wieder zu Problemen, wieso eigentlich?

Thürmann: Paradebeispiel sind blutzuckersenkende Medikamente. So werden grade ältere Patienten oft mit schwerer Unterzuckerung in Kliniken eingeliefert, weil sie zwar das Medikament eingenommen, aber nichts dazu gegessen haben. Oder sie sind sich nicht sicher, ob sie die Tablette bereits geschluckt haben und nehmen sicherheitshalber noch eine zweite ein. Manchmal kann deshalb auch ein scheinbarer Vorteil in das Gegenteil umschlagen.

So gibt es inzwischen blutzuckersenkende Präparate, die nur einmal am Tag eingenommen werden müssen anstatt dreimal täglich. Aber bei einer Tablette am Tag wird dann bei Unsicherheit schneller eine zweite eingenommen und das führt dann eben häufig zur Unterzuckerzuckerung. Bei drei Tabletten täglich denkt ein Patient, der glaubt die Morgentablette vergessen zu haben, ach was, mittags nehme ich sowieso die nächste ein.

Interview: „Die Abstimmung fehlt“

Univ. Prof. Dr. Eckhard Beubler Univ.Prof. Dr. Eckhard Beubler

Vorstand des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie an der Medizinischen Universität Graz

 

 

 

Warum sind ältere Patienten von gefährlichen Wechselwirkungen bei Medikamenten besonders betroffen?

Beubler: Ab einem Alter von 60 Lebensjahren steigen die Arzneimittelkosten pro Patient rapid an,

was auch auf eine Versorgung mit vielen verschiedenen Arzneimitteln schließen lässt. Oft werden verschiedene Erkrankungen von verschiedenen Ärzten nach bestem Wissen und Gewissen behandelt, eine Abstimmung der Therapien unterbleibt jedoch. Die Folge sind Wechselwirkungen, die mitunter auch fatal enden können.

Gibt es Zahlen dazu, wie viele Patienten aufgrund gefährlicher Wechselwirkungen in ein Spital eingeliefert werden müssen bzw. sogar daran sterben?

Beubler: In Österreich liegen dazu keine Zahlen vor. Geht man von einer englischen Studie aus, sosind etwa 5 % aller Spitalseinweisungen auf Arzneimittelnebenwirkungen zurückzuführen. Nach einer schwedischen Studie gehen etwa 3 % der Todesfälle außerhalb der Klinik auf Arzneimittelnebenwirkungen respektive -wechselwirkungen zurück. Die häufigste Todesursache dabei ist die Blutung.

Seit wann ist das Phänomen überhaupt als Problem erkannt?

Beubler: Der Ausdruck Polypragmasie (Anm. d. Red.: Wegen des Risikos für Nebenwirkungen zu vermeidende,

sinn- und konzeptionslose Behandlung mit zahlreichen Arzneimitteln) wird von der WHO ab 6 Arzneimitteln pro Patient verwendet. In Österreich nehmen ältere Patienten (über 75 Jahre) im Durchschnitt 8 verschiedene Substanzen ein, 10 bis 12 Präparate gelten noch durchaus als normal. Noch vor wenigen Jahren konnte über Polypragmasie nicht diskutiert werden. Noch 2004 hat die Ärzteschaft sehr hektisch reagiert, als ich nach der Lektüre internationaler Publikationen auf die Problematik hingewiesen habe. Mittlerweile ist diese der Ärzteschaft bewusst und nahezu auf jeder Fortbildungstagung gibt es Vorträge, die sich damit beschäftigen.

Liegt das Problem hauptsächlich im Bereich der von Ärzten verschriebenen bzw. in der Klinik erhaltenen Medikamente oder spielt Selbstmedikation dabei auch eine Rolle? Was ist der Hauptgrund für das Phänomen?

Beubler: Das Problem ist gemischt, aber meistens von den Kliniken ausgehend, wo Patienten durch

verschiedene Abteilungen wandern und entsprechend den ärztlichen Richtlinien dann auch von diesen Abteilungen mit Arzneimitteln behandelt werden. Was fehlt, ist ein endgültiger Kompatibilitäts-Check, bei dem die verordneten Arzneimittel gegeneinander abgewogen werden und Wechselwirkungen erkannt werden könnten.

Welche Medikamentenkombinationen sind besonders problematisch und kommen immer wieder vor?

Beubler: Konkrete Beispiele gibt es endlos. Nimmt man die am häufigsten verordneten Arzneimittelgruppen,

so sind es vor allem NSAR, Cumarine, Acetylsalicylsäure zur Thrombozytenaggregation und SSRI, die für Blutungen verantwortlich sind, Kalium sparende Diuretika zusammen mit ACE-Hemmern oder Sartanen und noch einigen anderen Arzneimitteln, die zu Hyperkaliämie führen, und Protonenpumpenhemmer, die den Abbau von Cumarinen respektive Benzodiazepinen in hohem Maße verzögern.

Wie gut sind die Wechselwirkungen, die sich daraus ergeben, überhaupt erforscht?

Beubler: Wechselwirkungen bei dieser Anzahl von Arzneimitteln sind nur mehr schwer vorhersehbar. In

publizierten Studien ist es bei der Mehrzahl der durch Wechselwirkungen aufgetretenen Todesfälle den behandelnden Ärzten nicht bewusst, dass die Patienten an den Arzneimitteln verstorben sind.

Viele schädliche Wechselwirkungen sind noch gar nicht bekannt. Wie geht man vor, um diese zu ermitteln?

Beubler: Das Wissen beruht faktisch auf dem Inhalt der Fachinformation, die bei neueren Arzneimitteln sehr ausführlich ist, bei älteren Arzneimitteln im Telegrammstil. Nur die ständige Weiteruntersuchung von Arzneimitteln garantiert, dass neue Methoden neue Wechselwirkungsaspekte aufzeigen können. Wenn Arzneimittel jedoch als Generika auf dem Markt sind, gibt es niemanden mehr, der Forschungsarbeit bezahlt, und dementsprechend werden auch keine weiteren Erkenntnisse erhoben.

Gefährliche Nebenwirkungen

Medikamentengruppen, die aufgrund von Nebenwirkungen am häufigsten zu Krankenhausaufenthalten führen, sind

  1. Blutverdünner
  2. Diabetesmedikamente
  3. Diuretika
  4. Antirheumatika

Gefährliche Wechselwirkungen

Die drei häufigsten Beispiele von Wechselwirkungen in Deutschland bei Personen über 70 Jahre

Medikamentenkombination Gesundheitliche Konsequenzen
Betablocker + Herzglycoside Schwere Herzrhythmusstörungen
Blutverdünner + Antirheumatika Magenblutungen
Betablocker + Insulin Diabetisches Koma bzw. Unterzuckerung
Quelle: Univ.Prof. Dr. Thürmann, Universität Witten/Herdecke Konsument 12/2008

Tipps für Patienten

  • Dem Arzt gegenüber ehrlich sein.  Immer angeben, was verschrieben wurde und was man tatsächlich einnimmt. Wichtig ist es, zu kommunizieren, wenn man etwa ein Medikament nicht verträgt und es deshalb weglässt.
  • Vorsicht bei der Selbstmedikation.  Auch bei scheinbar harmlosen Medikamenten gilt: vor der Einnahme mit dem Hausarzt absprechen.
  • Hausarzt informieren.  Je mehr Ärzte bzw. Fachärzte aufgesucht werden, desto größer ist die Gefahr von gefährlichen Wechselwirkungen durch Medikamente. Ein Arzt – im Idealfall der Hausarzt – sollte den Überblick haben, welche Medikamente verschrieben wurden und eingenommen werden.
  • Den Überblick bewahren.  Vom Hausarzt eine Liste aller Medikamente ausdrucken lassen (Achtung, kein handschriftlicher Zettel), die eingenommen werden. Darauf sollten auch Reihenfolge der Einnahme und Dosierung vermerkt sein.

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