Viele Menschen, die unter einem erhöhten Cholesterinspiegel – genauer: einem erhöhten Wert des „schlechten“ LDL-Cholesterins (Low Density Lipoprotein) – leiden, bekommen Medikamente verschrieben. Häufig sind das sogenannte Statine. Diese Arzneimittel haben allerdings gewisse unerwünschten Wirkungen. Viele Patient:innen suchen deshalb nach verträglicheren Alternativen, etwa Nahrungsergänzungsmitteln aus Rotschimmelreis (Red Rice). Derartige Präparate sind auch in Österreich beziehungsweise im Internet erhältlich. Die Kapseln sollen beim Senken des Cholesterinspiegels helfen und den Fettstoffwechsel stabilisieren. In Japan sind seit Anfang des Jahres mindestens vier Personen nach der Einnahme von Red-Rice-Präparaten des Herstellers Kobayashi Pharmaceutical gestorben, mehr als 150 Menschen wurden in Spitäler eingeliefert. Die Zusammenhänge sind noch unklar und werden gerade untersucht. Nach einer ersten Analyse gab das Unternehmen bekannt, die Produkte hätten möglicherweise nicht vorgesehene Inhaltsstoffe enthalten. In der Vergangenheit wurden in manchen Rotschimmelreis-Präparaten gefährliche Mengen des Pilzgifts Citrinin entdeckt. Dieses Toxin kann die Nieren angreifen. Laut Informationen des Herstellers Kobayashi Pharmaceutical seien in den untersuchten Rotschimmelprodukten jedoch keine Hinweise auf Citrinin gefunden worden.
Alternative zu Statinen
Viele Patienten suchen deshalb nach verträglicheren Alternativen. Populär sind Nahrungsergänzungsmittel aus Rotschimmelreis (Red Rice). Derartige Präparate sind in Apotheken oder auch im Internet erhältlich. Die Kapseln sollen beim Senken des Cholesterinspiegels helfen und den Fettstoffwechsel stabilisieren.
Zutat in chinesischer Küche
Rotschimmelreis, auch rote Reishefe oder roter fermentierter Reis, ist eine wichtige Zutat in der chinesischen Küche. Die gemahlenen Körner dienen zur Aromatisierung und Konservierung von Speisen und Getränken. Sie sorgen zudem für eine optische Aufwertung – etwa die rotbraune Kruste auf der Pekingente. Bei Rotschimmelreis handelt es sich um keine spezielle Reissorte, er ist das Ergebnis eines Gärungsprozesses. Dabei wird normaler Reis mit bestimmten Schimmelpilzkulturen der Gattung Monascus fermentiert, wodurch die typische Rotfärbung auftritt. Während des Prozesses entstehen bestimmte Substanzen, etwa Monacolin K.
Monacolin K
Die Besonderheit von Monacolin K ist, dass es dieselbe chemische Struktur aufweist wie Lovastatin. Diese Verbindung ist als Wirkstoff in cholesterinsenkenden Medikamenten verbreitet. Lovastatin steht allerdings auch wegen möglicher unerwünschter Wirkungen im Fokus. So kann die Einnahme etwa Muskeln, Nieren und Leber schädigen. In den Fachinformationen zu lovastatinhaltigen Präparaten sind eine ganze Reihe von Neben- und Wechselwirkungen aufgelistet. Aus diesem Grund sind Medikamente, die diesen Wirkstoff enthalten, verschreibungspflichtig. Die Einnahme darf nur nach vorheriger ärztlicher Untersuchung und Verordnung erfolgen.
Kein harmloses Nahrungsergänzungsmittel
Wer glaubt, dass es sich bei Rotschimmelreis-Präparaten um harmlose Nahrungsergänzungsmittel (NEM) handelt, befindet sich deshalb in einem gefährlichen Irrtum. So warnt etwa das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), „dass Zubereitungen mit rotem Reis die gleiche Wirkung entfalten können wie Arzneimittel mit Lovastatin“. Bereits ab einer Tagesdosis von 3 mg Monacolinen können schwere Nebenwirkungen an Muskeln, Nervensystem und Darm auftreten. Aus diesem Grund wurde die Verwendung von rotschimmelreishaltigen Nahrungsergänzungsmitteln bzw. Monacolinen aus Rotschimmelreis im Juni 2022 von der EU eingeschränkt. Nahrungsergänzungsmittel dürfen seither nur verkauft werden, wenn sie weniger als 3 mg Monacoline pro Tagesdosis enthalten. Der Monacolingehalt pro Portion muss auf der Verpackung angegeben werden. Auch müssen die Produkte mehrere Verwendungs- und Warnhinweise tragen.
Überdosierung und Wechselwirkungen
Darüber hinaus bestehen in Zusammenhang mit Rotschimmelreis-Präparaten zur Cholesterinsenkung weitere Unsicherheiten. Fachleute geben zu bedenken, dass Patient:innen die Red-Rice-Produkte zusätzlich zu ihren ärztlich verordneten Cholesterin-Senkern einnehmen könnten. Das würde das Risiko für unerwünschte Wirkungen, insbesondere Leber- oder Muskelschäden weiter steigern. Außerdem kann die Einnahme von Lovastatin Wechselwirkungen mit bestimmten Medikamenten haben. Möglich ist etwa eine verstärkende Wirkung auf Blutgerinnungs-Hemmer. Dies erhöht das Risiko für Blutungen.
In der Schweiz verboten
Wie umstritten Rotschimmelreis-Präparate sind, zeigt sich auch daran, dass ihr Verkauf etwa in der Schweiz aufgrund erheblicher Sicherheitsbedenken seit Jahren verboten ist. In den USA dürfen sie zur Nahrungsergänzung nur dann verkauft werden, wenn sie keine nennenswerten Mengen an Monacolin K (Lovastatin) enthalten. Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte warnte bereits 2002 vor dem Verzehr solcher Produkte. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft nahm 2012 eine toxikologische Bewertung von Rotschimmelreis vor und kam zu dem Schluss, dass die Datenlage zur Sicherheit von Rotschimmelreis und seinen Inhaltstoffen ungenügend ist. Rotschimmelreis wurde als nicht sicheres Lebensmittel beziehungsweise Nahrungsergänzungsmittel eingestuft.