Zum Inhalt

Magnetfeldtherapie - Heftige Reaktionen

Das Leserecho auf unseren Beitrag in „Konsument“ 2/2002 ist enorm. Viele wollen ihr Geld zurück, manche haben uns auch positive Erfahrungsberichte übermittelt.

Viele Zuschriften

Eines vorweg: Aufgrund der vielen Zuschriften sind wir bei der Bearbeitung dieser Reaktionen etwas in Rückstand geraten. Alle Leserinnen und Leser, die auf Antwort warten, bitten wir also noch um ein wenig Geduld. Auf die wichtigsten Argumente und häufigsten Anfragen möchten wir auch in „Konsument“ eingehen:

„Mir hat es gar nichts genützt, ich möchte mein Geld zurück“

Etwa drei von vier Zuschriften sind negative Erfahrungsberichte. Der typische Fall: Das Gerät wurde als „Allheilmittel“ für ein Bündel völlig unterschiedlicher Beschwerden von einem Vertreter aufgeschwatzt. Oft schreiben uns Angehörige im Namen der kranken Betroffenen. Diese Leserinnen und Leser ziehen das Fazit: Außer Spesen nichts gewesen. Wir meinen dazu: Diese Geräte können eben vieles nicht, was die Werbung verspricht. Seit etwa 30 Jahren wird die Wirkung therapeutischer Magnetfeldgeräte erforscht. Doch sind bei vielen Studien nicht einmal die angewendeten Feldstärken und Frequenzen angegeben, und die Ergebnisse sind sehr widersprüchlich.

Viel genauere Studien nötig

Inzwischen hat sich herausgestellt, dass jeder einzelne Faktor, jede Eigenschaft des Magnetfeldes die Wirkung beeinflussen kann: Es sind also viel genauere Studien nötig, um eindeutige Aussagen zu bekommen. In allen Fällen, in denen offensichtlich eine Irreführung der Konsumenten vorliegt, fordern wir in deren Namen von den Firmen das Geld zurück. Über die Reaktionen der Firmen werden wir berichten.

„Von wem werden Sie bezahlt, um so negativ zu schreiben?“

Unter den Reaktionen sind auch empörte Schreiben von Vertretern und begeisterten Anwendern, die uns Unsachlichkeit und mangelnde Objektivität vorwerfen. Für unseren Beitrag haben wir selbstverständlich von niemandem Geld bekommen. Wir gründen unsere Aussagen auf den Stand der Forschung, Kliniker und wissenschaftliche Experten haben uns beraten. Ein Ergebnis unserer Recherchen ist: Die Hersteller von Magnetfeldgeräten berufen sich – wissentlich oder unwissentlich – auf fragwürdige Studienergebnisse. Wo sie über hundert Krankheiten angeben, bei denen ihre Produkte angeblich helfen sollen, ist aber klar, dass es sich um Irreführung der Kunden handelt: Es gibt keine Methode, mit der man erfolgreich alles und jedes behandeln könnte. So werden letztlich auch Vertreter irregeführt, die diese Geräte bewerben und verkaufen sollen.

„Wer so dumm ist, und das alles glaubt, ist selber schuld“

Manche Leser bringen kein Verständnis dafür auf, wenn jemand den überzogenen Werbeversprechen glaubt. Aber: Die Werbung verfehlt ihre Wirkung nicht. Wie sollen einem Leidenden, der Hilfe sucht, Zweifel kommen, wenn sich Prominente ins Zeug werfen und Ärzte die Anwendung propagieren? Wenn in Kliniken solche Geräte stehen und der Hausarzt dazu rät? Wenn der Masseur oder die Physiotherapeutin sich davon Unterstützung ihrer Arbeit versprechen? Für Leidende sind das Autoritäten, denen man vertraut und gerne glauben will, weil man sich nach Besserung sehnt.

„Sie differenzieren zu wenig, es gibt doch auch seriöse Anbieter“

Manche Leser meinen: Wir würden alle Anbieter in einen Topf werfen, das wäre unfair. Dass Magnetfeldtherapie in Kliniken zum Einsatz kommt und manche Anwendungen sogar von einigen Krankenkassen bezahlt werden, zeige doch, dass an der Magnetfeldtherapie etwas dran ist. Auch dazu möchten wir informieren: Vor 30 Jahren entdeckte man, dass ein Magnetfeld, um ein gebrochenes Bein gelegt, dessen Bruch mit einem Nagel eingerichtet worden war, an dem Metall einen Reizstrom erzeugte, und dass dieser die Kallusbildung an der Bruchstelle anregte.

Geräte stehen in Kliniken

Damals erhofften sich Ärzte, dass Magnetfelder auch dann die Knochenheilung beschleunigen würden, wenn kein einoperiertes Metallstück beteiligt wäre. In viele Kliniken hielten Magnetfeldgeräte Einzug, und manche Kassen waren bereit, die Kosten für beschleunigte Besserung zu bezahlen.

Hoffnung hat sich kaum bestätigt

„Kann ich durch Magnetfeldtherapie Krebs bekommen?“

Manche Anwender sind aufgrund unseres Beitrages beunruhigt und möchten wissen, ob sie die Behandlung einstellen sollen. Unsere Stellungnahme dazu: Wir können diese Entscheidung leider niemandem abnehmen. Faktum ist: Auch in jedem gesunden Körper entstehen täglich einige Tumorzellen. Fast immer werden sie vom Immunsystem erkannt und vernichtet. In seltenen Fällen können sie sich aber unerkannt vermehren.

Mit dem Alter steigt das Risiko, dass sich aus einzelnen Krebszellen irgendwann eine Krebskrankheit entwickelt. Niemand kann das vorhersagen. Experten sind sich nicht sicher, ob nicht Magnetfelder in verschiedenen Stärken einzelne Tumorzellen zum Wachstum anregen.

Die Hoffnung der Ärzte hat sich jedoch kaum bestätigt, viele Kliniken haben diese Behandlungen wieder aufgegeben. Um es klarzustellen: Sicherlich beschränken manche Gerätehersteller ihre Versprechungen auf Wahrscheinliches. Doch die meisten propagieren ihre Produkte als wahre Wundermittel. Und genau mit jenen, die am aggressivsten werben, haben die Konsumenten die meisten Probleme.

„Wer heilt, hat Recht – ich bin endlich beschwerdefrei“

Wir haben auch Berichte von sehr zufriedenen Anwendern bekommen, die für sich den Schluss ziehen: Hauptsache, das Gerät hat mir geholfen, egal, was es gekostet hat und egal, ob und welche Erklärung es für eine Wirkung gibt. Dazu ist zu sagen: Pulsierende Magnetfelder haben – je nach Stärke, Frequenz, Amplitude etc. – unterschiedliche Wirkungen auf die Zellen des Organismus. Das haben verschiedene Laborexperimente an organischen Zellen gezeigt. Umso wichtiger ist es, die Wirkung solcher Magnetfelder – je nach ihren Eigenschaften – auf gebrochene Knochen, schmerzende Weichteile, entzündete Gebiete und anderes mehr zu überprüfen. Und die Behandlungen auch mit Nicht-Behandlung zu vergleichen:

Placebo kann sehr wirksam sein

Die Forschung hat in den letzten Jahrzehnten überrascht festgestellt, wie hochwirksam eine Scheinbehandlung, ein „Placebo“, sein kann. Dieser Begriff umschreibt, dass allein die Erwartung des Leidenden, die Aussicht auf Hilfe, die Zuwendung eines Arztes und die Versprechungen eines Behandlers – oder des Mattenverkäufers – durchaus kurzfristig lindernde Wirkung haben können. Diese suggestive Kraft wirkt umso stärker, je bedeutender der Behandler ist und je größer der mit der Heilmethode verbundene Stress. Ein hoher Preis ist ein solcher „Stressfaktor“:

Hoher Preis lässt an Wirkung glauben

Besonders Teures lässt viele Kunden an eine Wirkung glauben. Wenn Leidende eine Wirkung verspüren, kann dies auf die Entspannung und Ruhe während der Behandlung zurückzuführen sein. Schließlich kann auch im natürlichen Verlauf der Erkrankung eine Besserung der Beschwerden eintreten.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Schmerzensgeld nach Verletzung der Sorgfaltspflicht

Schmerzensgeld nach Verletzung der Sorgfaltspflicht

Verletzt ein Arzt die Sorgfaltspflicht und entsteht ein Schaden beim Patienten, liegt ein Behandlungsfehler vor. Dies kann durch eine falsche Diagnose, fehlerhafte Behandlung oder mangelhafte Aufklärung geschehen.

Umgang mit Fehlern im Spital

Umgang mit Fehlern im Spital

Wenn im Krankenhaus Fehler passieren, kann das für Patientinnen und Patienten ernsthafte Folgen haben. Eine positive Fehlerkultur und offene Kommunikation sind daher sehr wichtig.

Ungenügende Schmerztherapie: Ausweitung gefordert

Ungenügende Schmerztherapie: Ausweitung gefordert

Etwa jeder fünfte Mensch in Österreich leidet an einer chronischen Schmerzerkrankung. Das bedeutet großes Leid und existenzielle Sorgen. Die Patientenanwaltschaften fordern einen Ausbau der Schmerzversorgung.

Sauerstoff für bessere Gesundheit?

Sauerstoff für bessere Gesundheit?

Verbessert die Intervall-Hypoxie-Hyperoxie-Therapie die geistige Leistungsfähigkeit bei älteren Menschen, die Herzgesundheit oder hilft sie bei chronischen Krankheiten?

AUA: wegen Greenwashing verurteilt

AUA: wegen Greenwashing verurteilt

Ein „CO2-neutraler Flug“ nach Venedig mit 100 % nachhaltigem Treibstoff: Ein Gericht verurteilte die AUA wegen Irreführung.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang