Im zweiten Teil unserer Serie zu Versicherungsbegriffen widmen wir uns einem Klassiker im Versicherungs-Chinesisch: dem Tätigkeitsschaden.
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Der Akku Ihres Smartphones ist leer. Um schnell etwas im Internet zu recherchieren, borgen Sie sich das Handy eines Kollegen aus. Dabei fällt Ihnen das Smartphone hinunter und der Touchscreen zerspringt. „Kein Problem“, sagen Sie unbekümmert, „das übernimmt meine private Haftpflichtbversicherung.“ Sie melden sich mit einer akkuraten Schilderung des Schadenhergangs bei Ihrer Versicherung – die Ihnen ein paar Tage später mittteilt, dass Ihre Versicherungspolizze den konkreten Sachverhalt nicht abdeckt. Sie müssen für den Schaden selbst aufkommen.
Wie kann das sein?
Ihnen ist ein sogenannter Tätigkeitsschaden zum Verhängnis geworden. Private Haftpflichtversicherungen decken nicht notwendigerweise Schäden ab, die im Zuge einer Benützung, Bearbeitung oder eines Transports von fremden Sachen an diesen Sachen entstehen. Folgeschäden allerdings sehr wohl. In anderen Worten: Im erwähnten Beispiel ist das kaputte Handy nicht versichert – gedeckt wäre aber ein Schaden am Boden, den das hinuntergefallene Handy verursacht hat. Solche Spitzfindigkeiten in Versicherungspolizzen schürten in der Vergangenheit verständlicherweise den Ärger von so manchem Konsumenten.
Juristischer Knackpunkt: Einwirkung bewusst?
Es wurden die Gerichte bemüht, bisweilen durch alle Instanzen. Entsprechend gibt es Urteile bis hinauf zum Obersten Gerichtshof (OGH). Der juristische Knackpunkt bei der Frage um einen Tätigkeitsschaden ist, ob die Einwirkung auf die Sache bewusst und gewollt erfolgte. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Die zwei mitversicherten Kinder (5 und 6 Jahre) eines Versicherungsnehmers spielten auf einem Parkplatz und kletterten in kindlichem Übermut auf einen parkenden Pkw. Sie rutschten die Windschutzscheibe hinunter und zerkratzen dabei die Lackierung des Autos. Der OGH entschied, dass die Kinder das Auto als Spielgerät zweckentfremdet haben und so eine bewusste und gewollte Einwirkung auf die Sache im Sinne der Klausel nicht vorlag. Der Versicherer musste Versicherungsschutz gewähren.
Zufälliges Einwirken: kein Tätigkeitsschaden
Bei einem bloß zufälligen Einwirken auf eine Sache handelt es sich also nicht um eine Tätigkeit im Sinne der Ausschlussklauseln: Rempelt man, zu Besuch bei Freunden, unabsichtlich den eine Suppenschüssel servierenden Hausherren an und das teure Porzellanservice geht zu Bruch, greift die Haftpflichtversicherung.
Unsere Tipps
In neueren Verträgen verzichten viele Versicherer inzwischen auf den Tätigkeitsausschluss. Aber in älteren Polizzen sind diese Klauseln oft noch enthalten. Schauen Sie sich Ihre Versicherungspolizze (zumeist gekoppelt an die Haushaltsversicherung) beim Punkt „Private Haftpflichtversicherung; Was ist nicht versichert?“ genau an oder holen Sie Erkundigungen bei Ihrem Betreuer ein. Sie können gegebenenfalls solche Risiken durch eine Erweiterung der Haftpflichtversicherung mitversichern – freilich erhöht sich dadurch die Prämie. Vielleicht ist aber auch der Zeitpunkt gekommen, sich über die eigene Risikosituation wieder einmal Gedanken zu machen, über etwaige Unter- und Überversicherungen. Hilfestellung bietet der VKI-Risiko-Check unter vki.at/risiko-check.