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Gewährleistung: Gutachterkosten - Mit Gutachter zum Recht

Bei der Durchsetzung von Gewährleistungsrechten sind Kunden auch allfällige Gutachterkosten zu erstatten.

Herr T. möchte sich ein Handy mit Notrufknopf zulegen. Bei Pagro wird der 70-Jährige fündig, er kauft sich ein günstiges Gerät. Doch nach etwas mehr als einem halben Jahr tritt ein Defekt am Display auf. T. reklamiert den Schaden und ersucht Pagro, ihm für die Dauer der Reparatur bzw. Schadensabklärung ein Ersatzgerät zur Verfügung zu stellen.

Ersatzhandy verweigert

Die Firma weist ihn darauf hin, dass er das Mobiltelefon einzuschicken habe, und verweigert das geforderte Ersatzgerät. T. erklärt, dass dies nicht akzeptabel sei, da er das Gerät für den Notfall ständig bei sich tragen müsse.

Austausch oder Reparatur?

Die Firma Pagro beharrt auf ihrem Standpunkt und bezieht sich auf das österreichische Gewährleistungsrecht. Gemäß diesem sei zunächst eine Abklärung über Art und mögliche Behebung des Defektes vorgesehen. Erst wenn eine Reparatur unmöglich sei und die Bedingungen für einen Garantiefall vorlägen, würde das Gerät ausgetauscht.

Käufer muss Schaden beweisen

Die Firma verweist auch darauf, dass die Beweislast beim Kunden liege: "Innerhalb des ersten halben Jahres muss der Verkäufer dem Kunden nachweisen, dass die Ware beim Kauf noch nicht defekt war. Nach einem halben Jahr dreht sich alles um. Nicht der Verkäufer, sondern der Käufer muss beweisen, dass die Ware schon zum Zeitpunkt des Kaufes defekt war."

Rechtsanspruch auf möglichst geringe Unannehmlichkeiten

"Geringe Unannehmlichkeiten"

T. will sich damit nicht abspeisen lassen und bezieht sich auf das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch. Unter § 932 Abs. 3 heißt es da zum Thema Gewährleistung: "Die Verbesserung oder der Austausch ist in angemessener Frist und mit möglichst geringen Unannehmlichkeiten für den Übernehmer zu bewirken, wobei die Art der Sache und der mit ihr verfolgte Zweck zu berücksichtigen sind."

Für Herrn T. ergibt sich daraus ein Anspruch auf ein Ersatzgerät, denn nur damit lassen sich die Unannehmlichkeiten in einem für ihn akzeptablen Rahmen halten.  

Produktmangel attestiert

Um zu beweisen, dass der Schaden nicht durch eigene Unachtsamkeit entstanden ist, gibt er zudem bei einem beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für elektronische Geräte ein Privatgutachten in Auftrag. Der Gutachter kommt zum Ergebnis, dass es sich bei dem Schaden am Display um einen Produktmangel handelt.

Ein Schaden durch mechanische Krafteinwirkung oder das Eindringen von Flüssigkeiten (Wasserschaden) ist auszuschließen, ebenfalls ein möglicher Bedienungsfehler. T. legt Pagro das Gutachten vor und fordert von der Firma erneut ein Ersatzgerät und außerdem die Erstattung der Gutachtenkosten.

Vertragszustand muss unentgeltlich hergestellt werden

Kostenübernahme verweigert

Pagro erklärt sich nun zwar bereit, ein Ersatzgerät zu stellen, weigert sich jedoch, die Kosten für das Privatgutachten zu übernehmen. Wörtlich schreibt die Firma: "Hinsichtlich der Kosten für das durch Sie in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten müssen wir Ihnen daher leider mitteilen, dass diese nicht von Pagro ersetzt werden können.

Eine Überprüfung – wie von uns vorgeschlagen – wäre bei Vorliegen eines Gewährleistungsmangels mit keinerlei Kosten – weder für Sie noch für Pagro – verbunden gewesen. Da der Beweis der Mangelhaftigkeit bei Übergabe […] durch Sie zu erbringen gewesen ist, haben Sie auch die mit der von Ihnen gewählten Vorgehensweise entstandenen Kosten zu tragen."

Klage gegen Pagro

Herr T. wendet sich an den Verein für Konsumenteninformation. Der VKI stellt eine Verletzung des Konsumentenschutzgesetzes fest. Gemäß § 8 Abs. 3 KSchG ist der Unternehmer, wenn ein Mangel vorliegt, für den er gewährleistungsrechtlich einzustehen hat, zur Verbesserung bzw. zum Austausch verpflichtet und hat auch die notwendigen Kosten der Verbesserung oder des Austausches zu tragen.

Sachverständigenkosten sind zu ersetzen

Zudem verweist der VKI auf ein Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes (siehe Kapitel "Kosten für ein Privatgutachten"), des obersten Gerichts der Bundesrepublik Deutschland, in dem festgehalten ist, dass auch Sachverständigenkosten, die dem Käufer entstehen, um die Ursache des Mangels am Kaufgegenstand herauszufinden, in den Gewährleistungsanspruch fallen und vom Verkäufer zu tragen sind.

Vertragszustand muss unentgeltlich hergestellt werden

Auch der Europäische Gerichtshof stellte in einem Urteil klar, dass der vertragsgemäße Zustand einer Ware durch den Verkäufer unentgeltlich hergestellt werden muss, samt den Kosten, die dadurch entstehen. Die Firma Pagro lenkte mittlerweile ein. Herrn T. wurden auch die Kosten für das Privatgutachten in vollem Umfang ersetzt.

Kosten für ein Privatgutachten

Im vor dem deutschen BGH verhandelten Fall ging es um Massivholzfertigparkett. Der Konsument (Kläger) kaufte das Parkett beim Hersteller (Beklagter) und ließ es von einem Schreiner verlegen.

Der Schreiner ging nach einer Verlegeanleitung vor, die vom Hersteller des Parketts stammte. Nach der Verlegung traten am Parkett Mängel (Verwölbungen) auf. Der Beklagte sah die Ursache in einer zu geringen Raumfeuchtigkeit und wies die Mängelrüge des Klägers zurück. Der Kläger holte ein Privatgutachten ein. Dieses kam zum Ergebnis, dass die Veränderungen des Parketts auf die ungeeignete Art der Verlegung zurückzuführen seien. Der Kläger forderte daraufhin die Minderung des Kaufpreises sowie die Erstattung der Privatgutachterkosten und bekam recht.

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