Der VKI klagte den international tätigen Web-Trader "degiro.at" und bekam Recht. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs dazu: 48 Klauseln in den Geschäftsbedingungen sind gesetzwidrig. Das Urteil ist rechtskräftig.
DEGIRO B.V. ist ein international tätiger Web-Trader mit Sitz in den Niederlanden. Dieser bietet auf „degiro.at“ eine Online-Trading-Plattform an über die Kundinnen und Kunden Wertpapiere erwerben können.
Unzulässige Klauseln
Um welche Klauseln geht es? In seinen Geschäftsbedingungen sah DEGIRO unter anderem vor, dass die Kundenkommunikation in englischer oder niederländischer Sprache erfolgt. In einer anderen unzulässigen Klausel gab DEGIRO keine Garantie für eine ununterbrochene und fehlerfreie Funktionsweise des Webtraders. Zudem enthielten die Geschäftsbedingungen Klauseln nach denen das Risiko von Verlust, Diebstahl oder Missbrauch des Zugangscodes für Transaktionen bis zur Sperre auf den Verbraucher überwälzt wurde. Und bei einer Bestimmung konnte DEGIRO Entgelte im Preisverzeichnis „von Zeit zu Zeit“ anpassen.
Verhandlungs- und Vertragssprache Deutsch
Jener Teil in den Geschäftsbedingungen zur Kundenkommunikation legte fest, dass DEGIRO außer Englisch oder Niederländisch keine anderen Sprachen verwenden muss. Der Oberste Gerichtshof (OGH) beurteilte diese Klauseln als überraschend und nachteilig. Infolge der deutschsprachigen Website und deutschsprachiger Vertragsbestimmungen muss die Verhandlungs- und Vertragssprache Deutsch sein. Zudem sieht das Höchstgericht Deutsch im Streitfall als zwingend maßgebend an.
„Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten berechtigterweise, dass die Kommunikation mit einem Unternehmen in jener Sprache stattfindet, in der alle wesentlichen Informationen, Homepage und Geschäftsbedingungen abgefasst sind und in der auch der Vertrag abgeschlossen wird“, kommentiert Mag. Joachim Kogelmann, zuständiger Jurist im VKI, das Urteil.
Webtrader: Zugang und Funktion willkürlich einschränkbar
In einer anderen Klausel sieht DEGIRO keine Garantie für ununterbrochene, fehlerfreie Funktionsweise vor. Zudem sei der Online-Broker berechtigt, den Zugang zum Webtrader vorübergehend einzuschränken. Wie lange der Zugang beeinträchtigt ist, ließ sich von Verbrauchern nicht abschätzen, auch nicht, ob sie für eine Online-Transaktion auf eine andere kostenpflichtige Auftragsübermittlung per Telefon oder E-Mail ausweichen sollten. Die betreffende Klausel berechtigte DEGIRO das Funktionieren des Webtraders auch willkürlich zu beschränken. Das ist intransparent und gröblich benachteiligend.
Zugangscode: Verbraucher trägt sämtliche Risiken
Dass bis zur Sperre des Zugangscodes zum Webtrader das Risiko bei Verlust, Diebstahl und Missbrauch der Verbraucher trägt, ist als Benachteiligung der Kunden zu sehen. Das gilt für jene Fälle, in denen deren Karte ohne Verschulden kopiert und der Code ausgespäht wird.
Unzulässige einseitige Preisänderung
Eine "von Zeit zu Zeit"-Anpassung der Entgelte im Preisverzeichnis ist gesetzwidrig. Dabei geht es darum, dass sich DEGIRO ein einseitiges Preisänderungsrecht vorbehält.
Höchstgericht: 48 Klauseln gesetzwidrig
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte DEGIRO im Auftrag des Sozialministeriums wegen diverser Klauseln in den Geschäftsbedingungen geklagt. Das Handelsgericht Wien und das Oberlandesgericht Wien beurteilten bereits dutzende Klauseln als unzulässig. Der Oberste Gerichtshof (OGH) befand nun 48 Klauseln für gesetzwidrig. Das Urteil ist rechtskräftig.
Lesen Sie auch das Urteil im Volltext auf: Online-Broker DEGIRO: 48 Klauseln in Geschäftsbedingungen unzulässig.