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Gaunerzinken - Zeichen an der Wand

Rätselhafte Symbole an Wänden, Türen oder Postkästen können versteckte Botschaften von zwielichtigen Elementen sein – oder auch völlig harmlos.

Ein unscheinbares Dreieck neben dem Briefkasten, merkwürdige Symbole am Rand der Gegensprechanlage – immer wieder tauchen in den Medien Berichte auf, in denen es um die Entdeckung sogenannter Gaunerzinken geht. Dabei handelt es sich um eine geheime Zeichensprache, derer sich Einbrecherbanden bedienen. Sie kundschaften Objekte aus und hinterlassen ihren „Kollegen“ Markierungen, die auf lohnende Objekte hinweisen oder vor Gefahren (z.B. Wachhunde) warnen.

Kommunikation früherer Zeiten

Ihren Ursprung hat diese Form der Kommunikation in früheren Jahrhunderten. Damals hinterließen Bettler, Hausierer oder auch Einbrecher Nachkommenden mittels solcher Zeichen Botschaften. Diese Menschen waren meist des Schreiben und Lesens unkundig. Daher verwendeten sie einfache Symbole, die an Gartenzäunen eingeritzt oder mit Kreide an Wänden aufgemalt wurden. Auf diese Weise konnten nützliche Botschaften weitergegeben werden.

Wertvolle Hinweise für Eingeweihte

Was für Uneingeweihte lediglich eine sinnlose Kritzelei darstellt, liefert jenen, die diese Geheimsprache zu deuten wissen, wertvolle Hinweise. Bekommt man hier als Bettler eine warme Mahlzeit? Sind die Bewohner unfreundlich und rufen sie womöglich gleich die Polizei? Das waren Informationen, die für Hausierer und Bettler interessant waren.

Eine gezackte Linie etwa warnt vor einem Hund – um solche Häuser machen Personen, die nichts Gutes im Schilde führen, lieber einen großen Bogen. Ein Kreis mit einem X darin kann bedeuten, dass es in diesem Haushalt nichts zu holen gibt.

Verschiedene Arten und Formen der Gaunerzinken

Emojis: moderne Verwandte

Im Grunde genommen sind die heutigen Emojis moderne, harmlose Verwandte der Gaunerzinken. Wer kennt sie nicht, die aus Strichen, Klammern und Punkten zusammengesetzten Gesichter, die tagtäglich E-Mails und SMS-Nachrichten verzieren. Oder denken wir an das „Gefällt mir“-Symbol in Form des hochgestreckten Daumens, das via Facebook weltweite Verbreitung gefunden hat. Auch hier handelt es sich um eine Form der Kommunikation, die ohne Worte auskommt und daher über Sprachgrenzen hinaus funktioniert.

Eine andere moderne Form der Zinken aus dem Internetzeitalter sind Zeichen, mit denen Eingeweihte Informationen bezüglich Drahtlosnetzwerken hinterlassen. Zu finden sind sie auf Hauswänden oder Lichtmasten. Zwei einander entgegengesetzte Kreishälften bedeuten, dass es an dieser Stelle ein offen zugängliches, ungesichertes WLANNetz gibt, in dem man gratis surfen kann.

Zeichen und Deutungen variieren

Doch zurück zur Gaunersprache: Ein allgemein gültiges Lexikon der Gaunerzinken lässt sich nicht erstellen. Die Strichzeichnungen und ihre Deutungen variieren. Wer im Internet nach dem Stichwort „Gaunerzinken“ sucht, bekommt eine verwirrende Vielfalt von Zeichnungen und Aufstellungen geliefert. Die Auswahl, die Sie auf der gegenüberliegenden Seite finden, kann also nur exemplarisch sein.

Keine Panik bei Fund von Zeichen

Kein Grund zur Panik

Inwieweit Gaunerzinken bei Kriminellen heute überhaupt noch eine Rolle spielen, ist fraglich. Tatsache ist, dass organisierte Einbrecherbanden oft arbeitsteilig vorgehen. Manche Mitglieder kundschaften lohnende Objekte aus, andere führen dann den Beutezug durch, und wieder andere übernehmen Lagerung und Verwertung des Diebsgutes. Dass sie sich dabei der der altmodischen Zeichensprache bedienen, dürfte im Zeitalter moderner Informationstechnologie die Ausnahme von der Regel sein.

Beim Bundeskriminalamt ist das Phänomen der Gaunerzinken natürlich bekannt, doch schätzt man deren praktische Bedeutung für das Kriminalgeschehen als eher gering ein. Grund zur Hysterie ist jedenfalls nicht gegeben.

Vorsichtsmaßnahmen

Vorsichtsmaßnahmen

Was tun, wenn man bei der eigenen Wohnung oder am Haus solche Zinken entdeckt? Das Bundeskriminalamt empfiehlt, auf jeden Fall die Exekutive zu informieren. Am besten fotografieren Sie die rätselhaften Zeichen mit dem Handy und zeigen sie der Polizei. Die kann am ehesten beurteilen, ob es sich tatsächlich um Gaunerzinken handelt. Und sie kann z.B. mit einem verstärkten Streifendienst in der betroffenen Gegend auf die mögliche Bedrohung reagieren.

Außerdem sollten Sie die Zeichen natürlich möglichst schnell entfernen. Und informieren Sie Ihre Nachbarn – vielleicht entdecken diese ja weitere solche Symbole an ihren Häusern oder in der Umgebung. Manchmal gibt es für seltsame Markierungen am Postkasten auch ganz harmlose Erklärungen. Beispielsweise kennzeichnen manche Zeitungszusteller auf diese Weise jene Fächer, die sie befüllen müssen.

Gaunerzinken: so können sie aussehen

Bild: VKI

 Zeichen für ein lohnendes Objekt

 

Bild: VKI

Zeichen für ein uninteressantes Objekt
 

Bild: VKI

Informationen über das Objekt (von li nach re) | Bereit für Einbruch | Günstig für Diebstahl | Hier kann man gut einbrechen | Brechstange benutzen | Vorsicht, Gefahr bzw. bewacht!

 

Bild: VKI

Bester Zeitpunkt für Einbruch (von li nach re) | Am Morgen | Am Abend | In der Nacht | Am   Sonntag | Am Telefon zu kontrollieren

 

Bild: VKI

Informationen über die Bewohner (von li nach re) | Alleinstehende Person | Alleinstehende Frau | Alte Leute | Reiche Bewohner | Polizist | Kein Mann im Haus

 

Bild: VKI

Auskunft über Hunde oder Nachbarn (von li nach re) | Hund | Hund im Haus | Bissiger Hund | Scharfer Hund | Aufmerksame Nachbarn

Buchtipp: "Vor Einbruch schützen"

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www.konsument.at/einbruch

Aus dem Inhalt:
• Schwachstellen erkennen und beheben
• Die wichtigsten Sicherungssysteme
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Broschiert, 188 Seiten, ISBN 978-3-99013-068-1

KONSUMENT-Buch: Vor Einbruch schützen, Tipps für richtiges Verhalten (Foto: Andrej Popov/Shutterstock)

Leserreaktionen

Es geht auch anders

Wenn das mit den Gaunerzinken wirklich funktionieren würde, dann wäre es ganz einfach, einem (geplanten) Einbruch vorzubeugen – ich mache mir die Gaunerzinken selber, und zwar: ein Zeichen für ein uninteressantes Objekt (nach dem Motto: Hier ist nichts zu holen) oder „Vorsicht, Gefahr bzw. bewacht“ zur Abschreckung.

Viel effizienter (für die Einbrecher) ist das Einklemmen von kleinen unauffälligen Teilen in den Türspalt, die erkennen lassen, ob hier jemand schon länger abwesend (Urlaub) ist oder regelmäßig ein- und ausgeht. Da ist es besser, den Türspalt zu kontrollieren, aber nicht den Bereich um das Schloss.

Gerhard Hengl
E-Mail
(aus KONSUMENT 9/2017)

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