Zum Inhalt

Friedhof - Grabstein als Risiko

Auch für die ewige Ruhe gibt es Vorschriften: Wenn der Grabstein zu wackeln beginnt, muss der Grabbesitzer das umgehend in Ordnung bringen. Er haftet für etwaige Schäden.

Der Friedhof ist ein Ort der Einkehr und ­Trauer. Aber auch ein Ort mit bestimmten Regeln. Daran wird erinnert, wer z.B. den Wiener Zentralfriedhof betritt. Gleich am Eingang steht eine Informationstafel. Darauf zu sehen ist ein Foto mit einem umgestürzten Grabstein. Darunter steht: „Als GrabbesitzerIn sind Sie für die Standsicherheit Ihrer Grab­anlage haftbar.“

Benützungsrecht auf bestimmte Zeit

Der Grabbesitzer hat nicht nur Rechte, er hat auch Pflichten. Wobei die korrekte Bezeichnung statt Grabbesitzer eigentlich Grab­benützungsberechtigter ist. Ein wahres ­Wortungetüm, doch es verweist auf einen wesentlichen Punkt: Man kann auf einem Friedhof eine Grabstelle nicht erwerben, sondern nur das Benützungsrecht, und auch das nur auf bestimmte Zeit.

Miete statt Eigentum

Zu vergleichen ist dieses Vertragsverhältnis mit der Miete einer Wohnung. Jeder Wohnungsmieter weiß, dass er um Mitternacht nicht mehr anfangen kann, mit dem Schlagbohrer Löcher in die Wand zu bohren. Die Hausordnung erlaubt solche Arbeiten, die großen Lärm machen, nur zu bestimmten Zeiten. Auf dem Friedhof ist es die Bestattungsanlagenordnung, die einzuhalten ist. Jene der Friedhöfe Wien GmbH schreibt ­beispielsweise vor, dass auf den Gräbern kein Kunstrasen verlegt werden darf. Denn die Anlagen sollen, so der erklärte Wille ihres Betreibers, als „grüne Lunge“ der Stadt erhalten bleiben.

Unterschiedliche Traditionen bei der Bestattung

Wer bereits durch Frankreich gereist ist, weiß, dass dort die Friedhöfe wahre Steinlandschaften sind. Jedes Land hat seine eigene Sterbe- und Bestattungskultur. Selbst in Österreich können einzelne Traditionen und Bestimmungen von Bundesland zu Bundesland von­einander abweichen – das Bestattungs­wesen obliegt nicht dem Bund, sondern den Ländern. Dazu kommt, dass jeder Friedhofs­betreiber seine eigene (privatrechtliche) Hausordnung erlassen kann.

Was erlaubt ist

Der Friedhof als "grüne Lunge“: Dies ist allerdings noch lange kein Freibrief, Blumen, Sträucher und Bäume ganz nach Belieben anzupflanzen. Mag der Verstorbene auch Birken über alles geliebt haben, auf der Grabstelle ist dieser Baum tabu, jedenfalls auf den Wiener Friedhöfen. Erlaubt sind da nur maximal 70 cm hoch wachsende Laub- und Nadelgehölze. Der Grund für diese Einschränkung ist einfach: Die Wurzeln größerer Bäume sind mächtig genug, um umliegende Gräber zu beschädigen. Und das soll schließlich nicht geschehen.


Lesen Sie mehr zum Thema: Kurztest: Grabkerzen,  Feuerbestattung im Krematorium, Friedhofsgebühren, Grabsteine aus Indien, Sterbegeldversicherung, Bestattungskosten: Nepp am Grab sowie unser KONSUMENT-Buch: Was tun, wenn jemand stirbt?

Mieter haftet für Schäden

Verantwortung des Grabbesitzers

Der aktuell Benützungsberechtigte eines Grabes ist verantwortlich für den Zustand der Grabstelle, auch für alle Sünden, die ­unter Umständen Vorfahren schon vor Ewigkeiten begangen haben. Möglich, dass die einst auf dem Familiengrab einen Baum ­gepflanzt haben, der sich jetzt, Jahrzehnte später, zu voller Pracht entfaltet. Zunächst wird sich der nun Verantwortliche damit behelfen können, die Äste zurückzuschneiden oder den Wipfel zu kappen. Doch irgendwann steht die Entfernung des Baums an. Und das kann teuer kommen; erstens, weil Entsorgungskosten anfallen und zweitens, weil ein Baum nicht ohne Weiteres gefällt werden kann. Wird dies gemacht, so muss an anderer Stelle eine Ersatzpflanzung vorgenommen werden – Näheres regelt das Wiener Baumschutzgesetz.

Ordentlich statt unordentlich

Zu den Pflichten des Benützungsberechtigten gehört auch, das Grab in einem ordent­lichen Zustand zu halten. Nun kann man ­darüber streiten, was "ordentlich" ist. Die Grenze ist aber sicherlich dann überschritten, wenn Unkraut in die Höhe schießt und sich anschickt, auch das Nachbargrab in ­Beschlag zu nehmen. Spätestens dann sind Konflikte vorprogrammiert. Und spätestens dann bekommt der Benützungsberechtigte eine Aufforderung von der Friedhofsverwaltung, seinen Pflichten nachzukommen.

Kontrolle des baulichen Zustands

Die Friedhöfe Wien GmbH beschäftigt eigens Mitarbeiter zu dem Zweck, die Gräber ihrer Anlagen regelmäßig zu inspizieren – bei ­immerhin 600.000 ist da einiges zu tun. Das Augenmerk der Kontrolleure gilt insbeson­dere dem baulichen Zustand der Gräber. Sitzt der Grabstein auch noch fest auf dem Sockel? Oder beginnt er bereits zu wackeln? Ist die Grabeinfassung noch in Ordnung? Zeigt die Grabplatte schon Zeichen des Verfalls?

Diese Inspektionen dienen in erster Linie der Sicherheit, der Verkehrssicherheit. Nie wieder soll passieren, was sich 2008 auf dem Hernalser Friedhof ereignete: Eine Pensio­nistin wollte die Blumen pflegen, und ein umstürzender Grabstein begrub sie im ­wahrsten Sinne unter sich. Der Unfall auf dem Friedhof endete tödlich.

Eigene ÖNORM

Heute gilt für die Errichtung von Grabanlagen die ÖNORM 27214. Sie regelt, welche Baumaßnahmen bei welchen Grabtypen erforderlich sind. Diese Regelung bestand allerdings nicht immer. Früher wurden Sockel und Stein oftmals nur verklebt, nicht verzapft. Oder es wurde Eisen eingesetzt, das nicht rostfrei ist.

Solche Versäumnisse vergangener Zeiten stellen heute eine potenzielle Gefahrenquelle dar. Über der Erde setzt dem Grabdenkmal die Witterung zu, unter der Erde sind es ­allfällige Erdbewegungen. Ist der Boden feucht, kann das Fundament leicht auf einer Seite ein­sinken. Weiße Spuren in Kunststein ­weisen, so Helmut Moser, Steinmetzmeister in Seekirchen am Wallersee, auf drohende Bruchstellen hin. Der Fachmann spricht von gefährlichen Kalkausfilterungen.

Gewaltige Preisunterschiede

Mieter haftet

Was den Kontrolleuren auf ihren Rundgängen auffällt, meldet die Friedhofsverwaltung den Grabmietern. Für etwaige Schäden ­haftet der Mieter. Doch auch der Betreiber des Friedhofs ist in die Pflicht genommen, obliegen ihm doch, im Juristendeutsch ausgedrückt, allgemeine Verkehrssicherungspflichten. Wo „Gefahr in Verzug“, also Leben und Gesundheit von Friedhofsbesuchern ­bedroht ist, hat er sofort zu handeln: z.B. die Grabstelle mit einem Warnsicherheitsband zu sichern und, falls erforderlich, den Grabstein umzulegen. Der Benützungsberech­tigte wird dann aufgefordert, den Schaden zu beheben, und zwar meist innerhalb der nächsten vier bis acht Wochen.

Längere Frist möglich

"Wenn Winter ist und Reparaturarbeiten nicht durchgeführt werden können, räumen wir auch gerne eine längere Frist ein. Uns ist wichtig, dass der Kunde mit uns in Kontakt tritt und einsieht, dass etwas gemacht werden muss. Oft ist es für uns schon schwierig, den Grabbenützungsberechtigten zu erreichen, etwa dann, wenn er umgezogen ist und uns seine neue Adresse nicht mitgeteilt hat. Was viele nicht wissen: Wir haben ­keinen Zugriff auf das Melderegister“, sagt Dr. Florian Keusch von Friedhöfe Wien.

Gewaltige Preisunterschiede

Unser Leser, Herr K., war einsichtig. Er sollte und wollte, schreibt er uns, das Fundament seines Familiengrabes in Ordnung bringen ­lassen. Dazu holte er Kostenvoranschläge von mehreren Steinmetzen ein. Und welche Überraschung! Der eine Betrieb wollte den Schaden für 187 Euro reparieren, der andere verlangte 720 Euro, also fast das Vierfache! Wir haben schon öfter auf die gewaltigen Preisunter­schiede in dieser Branche hingewiesen. Und können hier nur den Tipp wiederholen, unbedingt mehrere Angebote einzuholen.

 

Zusammenfassung

  • Pflichten. Als Grabbenützungsberechtigter müssen Sie für den ordentlichen Erhalt des Grabes sorgen.
  • Potenzielle Gefahrenquelle. Eingesunkenes Fundament, wackelnder Grabstein, brüchige Umrandung – für Schäden dieser Art sind Sie als Grabmieter verantwortlich.
  • Preisvergleich. Holen Sie unbedingt mehrere Kostenvoranschläge ein. Die Preisdifferenz ist gerade unter Stein­metzen erfahrungsgemäß sehr hoch.

Was in Ordnung zu bringen ist

Grab: Hier ist Gefahr in Verzug; Bild: Wenzel Müller  Vorsicht! Die Absperrung mit einem rot-weißen
Warnsicherheitsband signalisiert, dass hier Gefahr in Verzug ist.
Ein von Unkraut überwuchertes Grab; Bild: Wenzel Müller  Zugewachsen: Ein von Unkraut überwuchertes Grab, das dringend saniert werden muss.
Grab mit eingebrochener Grabplatte; Bild: Wenzel Müller  Verfallen: Die eingebrochene Grabplatte zeigt das Ausmaß des Verfalls.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Bestattung - Der letzte Weg

Kaum eine Branche ist so diskret wie jene der Bestatter. Konkrete Auskünfte darüber, was ein Begräbnis kostet, sind nach wie vor Mangelware.

Begräbnis planen - Vorsorgebuch


Für die Hinterbliebenen ist es eine unschätzbare Hilfe, wenn die verstorbene Person noch zu Lebzeiten ihre Wünsche festgehalten hat. Ist das nicht der Fall, greifen einerseits gesetzliche Regelungen oder die Hinterbliebenen müssen die Entscheidungen treffen. Woran ist zu denken?

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang