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Friedhof mit Grabsteinen in der Dämmerung
Bild: Azer-Mess/Shutterstock

Fair am Friedhof: Nachhaltig bis zum Schluss

Grünes Grab: Wer im Leben Wert auf Umwelt- und Klima­schutz legt, kann dies auch vorausschauend für den Tod planen.

Es lebe der Zentralfriedhof, sang schon Wolfgang Ambros. Der rund 2,5 km² große Friedhof in Wien, Österreichs größte und Europas zweitgrößte Totenstätte, ist zugleich eine riesige Grünanlage. Und tatsächlich ist hier nicht nur der Tod allgegenwärtig, sondern auch das pure Leben: Der Zentralfriedhof beherbergt einen 40.000 m² großen Naturgarten mit Biotop und Schmetterlings­wiesen; Hasen, Rehe, Feldhamster, Fasane, Falken und zahlreiche Singvögel haben hier ein Zuhause gefunden. Naturbelassene Wiesen dienen als Lebensraum für Bienen, aber auch für Raupen und Insekten.

Mülltrennung und sparsamer Wassergebrauch

Nicht nur am Zentralfriedhof ist Umweltschutz ein Thema. So kommen in der ­Bundeshauptstadt statt Plastikkerzen nur noch wiederverwendbare Gedenkkerzen aus Glas zum Einsatz – zumindest bei jenen Gräbern, die von der Friedhöfe Wien GmbH betreut werden. Besucher werden zu Mülltrennung und sparsamem Wassergebrauch aufgerufen. „Das Verwenden von Unkrautbekämpfungsmitteln und Pflanzenschutzmitteln ist verboten“, sagt Julia Stering von der Friedhöfe Wien GmbH.

Ruhe in Frieden

Was ein Friedhofsbetreiber im Großen, kann jede und jeder auch im Kleinen beherzigen. Der Umweltgedanke beginnt jedenfalls beim Thema Bestattung. Erlaubt sind in Österreich die Erdbestattung und die Feuerbestattung. Särge gibt es aus verschiedensten Materialien wie Holz, Pappe oder Korb, aber auch Bambus, Bananenblättern oder Weide. Wenn möglich, sollte man sich beim Sarg für ein weitgehend ­unbehandeltes, zertifiziertes Produkt aus der Region entscheiden. Für Holz ist etwa FSC ein mögliches Gütesiegel.

Fairtrade-zertifizierte Särge

Manche ­Bestattungsunternehmen bieten bereits Fairtrade-zertifizierte Särge und Urnen an. Nicht so günstig für die Umwelt: Im Körper gespeicherte Schadstoffe, wie etwa Quecksilber aus Amalgam-Plomben, Herzschrittmacher oder Antibiotika, gelangen bei der Erd­bestattung in den Boden.

Bei einer Feuerbestattung wird der Leichnam zusammen mit dem Sarg im Krematorium verbrannt, die Asche wird in eine Urne gefüllt. Neben den Rohstoffen für Produk­tion und Transport des Sarges müssen in puncto Umweltbilanz die fossilen Energien mitbedacht werden, die bei der Verbrennung in aller Regel verfeuert werden. Die im Körper befindlichen Schadstoffe ent­weichen zwar bei der Verbrennung, werden jedoch weitestgehend herausgefiltert. Aufgrund der geringeren Kosten liegt die Feuerbestattung jedenfalls im Trend.

Baumbestattung

Für Naturverbundene bietet sich eine Baumbestattung an: Hier wird die Asche der Verstorbenen in einer verrottbaren Urne an den Wurzeln eines Baumes beigesetzt. In Österreich ist dies etwa in den Klosterwäldern möglich bzw. erlaubt. „Die Grabpflege wird dabei von der Natur des Waldes übernommen und es entstehen keine Kosten für die Betreuung und Pflege eines Grabes“, heißt es auf der Homepage klosterwald.at.

Erde oder Urne?

Welche Art der Bestattung nachhaltiger ist – Erd- oder Urnenbestattung –, kann nicht eindeutig beantwortet werden, Studien dazu sind uns nicht bekannt. Für Hemma Opis-Pieber, Umweltbeauftragte der Diö­zese Graz-Seckau, beginnt die Nachhaltigkeit vor allem nach dem Begräbnis, nämlich bei der Grabpflege.

Gestaltung des Grabes

Die Gestaltung des Grabes ist vielen ­Angehörigen ein großes Anliegen, hier ist die Bepflanzung ausschlaggebend. „Die Verwendung mehrjähriger Pflanzen wie Stauden und Gehölze hat den Vorteil, dass mehrmalige Neubepflanzungen im Jahr ebenso entfallen wie eine aufwendige Pflege“, weiß Hemma Opis-Pieber. „Heimische und standortgerechte Pflanzen sind zudem an unsere klimatischen Verhältnisse angepasst und brauchen nur sehr wenig Pflegeaufwand.“ Immergrüne Boden­decker, Kleinsträucher oder Frühlings­blüher etwa bieten das ganze Jahr über Blüten und Bewuchs und damit Nahrung für Wildbienen und Schmetterlinge. Torffreie Erde belastet die Umwelt nicht, zudem sollte auf den Einsatz von Pestiziden und Unkrautbekämpfungsmitteln verzichtet werden.

Gestecke, Kränze und Blumen

Bei vielen Trauerfeiern wird bereits darauf hingewiesen, auf Kranz- und Blumenspenden zugunsten karitativer Organisationen zu verzichten. Es geht auch ohne Gestecke, Kränze und Blumen, die nach wenigen Tagen wieder entsorgt werden müssen.

Grabstein Made in India

Details wie Grabsteine oder Grabkerzen spielen ebenfalls eine Rolle. Es ist z.B. nicht einerlei, welcher Grabstein gewählt wird. Sie stehen seit längerer Zeit in der Kritik, da ein großer Teil aus Indien stammt, wo u.a. auch Kinderarbeit ein Thema ist. KONSUMENT berichtete bereits 2011 darüber, leider hat es in den vergangenen Jahren kaum Verbesserung in diesem Bereich gegeben. „Allgemein lässt sich sagen, dass gerade in Indien sowie auch im zweiten wichtigen Importland China die Abbau- Bedinungen in der Regel hochproblematisch sind“, sagt Vincent Sufiyan von der NGO Südwind.

Kinderarbeit und Unfälle

„Kinderarbeit ist vor allem in Indien weit verbreitet.“ Dazu kämen Unfälle und Verletzungen durch schwere körperliche Arbeit und mangelhafte Schutzkleidung gegen Staub und Lärm. „Die Nachverfolgbarkeit von Steinen in Österreich ist schwierig und transparente öko-faire Standards werden nach wie vor schmerzlich vermisst“, sagt Sufiyan. Südwind empfiehlt die deutsche NGO Xertifix, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, fair produzierte Steine aus Asien zu zertifizieren.

Kerzen und Nachhaltigkeit

Auch bei der Wahl der Kerzen kann auf Nachhaltigkeit geachtet werden. Die Standardprodukte sind zumeist aus Paraffin ­hergestellt, also einem Erdölprodukt. Eine Alternative sind Grablichter aus Pflanzenöl, die mit besonders hohen Brennqualitäten punkten. Sie eignen sich speziell für die Verwendung in der kalten Jahreszeit. Aber ­Achtung! Oft sind diese Kerzen aus Palmöl hergestellt. Plastik ist überdies ein Problem am Friedhof. Es geht nachhaltiger: Beispielsweise mit wiederbefüllbaren gläsernen ­Behältnissen oder durch das Aufstellen von Kerzen ohne Umhüllung in einer wind­sicheren, fix am Grab angebrachten Laterne.

Urnen-Rad, Reerdigung

In der Bundeshauptstadt ebenfalls eine Überlegung wert: „Im Sinne des Umweltgedankens gibt es über unsere Freie-Grabstellen-Suche die Möglichkeit, freie Gräber mit bereits bestehendem Grabinventar zu finden“, sagt Julia Stering. „Durch die Übernahme des Inventars und den Entfall des Transports werden Emissionen vermieden. Auch die Entsorgung des mitunter hochqualitativen Steinmaterials entfällt.“

Urnen-Rad

Unter die Kategorie „speziell“ fällt ein Service des Bestattungsunternehmens Memoria aus Wien. Es bietet ein Urnen-Rad an. Die Urne wird mit einem Elektro-Lastenrad zur Grabstätte transportiert. Inkludiert im Service ist auch eine gemeinsame Radtour vorbei an Lieblingsorten und Wirkstätten der Verstorbenen.

Reerdigung aus den USA

Noch spezieller: Eine bei uns noch nicht etablierte ökologische Form der Bestattung, genannt „Reerdigung“, bei der Leichen kompostiert werden. Ein deutsches Start-up-Unternehmen hat diese Methode aus den USA übernommen. In einem eigens temperierten Behältnis wird die Leiche auf einer Pflanzenunterlage gebettet und innerhalb von 40 Tagen zu fruchtbarem Humus zersetzt. Die Erde wird dann auf einem Friedhof beigesetzt. Laut einem ­Bericht in „Der Standard“ will das Start-up ab kommendem Jahr die Reerdigung auch in Österreich anbieten.

Umweltbeauftragte der Diözesen

Auch in der eigenen Pfarre kann man die Verantwortlichen dazu motivieren, mehr in Sachen Ökologie zu tun. Eine Anlaufstelle sind die Umweltbeauftragten der Diözesen (schoepfung.at). Sie sind für Nachhaltigkeit am Friedhof zuständig.

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