Ein Besuch im Krematorium Steyr. Seit 1927 werden hier Verstorbene eingeäschert.
Ein schöner Tag. Die Sonne scheint, die Türen stehen offen und Licht fällt hinein. Ein freundlicher, aber auch ein ganz besonderer Arbeitsraum. Hier werden Verstorbene den Flammen übergeben – oder, um es nüchterner auszudrücken: Hier werden sie verbrannt.
1.000 Verstorbene jährlich
Das Krematorium in Steyr: Es gehört zu den mittelgroßen im Lande, größer als das in St. Pölten und kleiner als das in Linz. Eines von insgesamt elf Krematorien in ganz Österreich. Etwa 1.000 Verstorbene werden hier pro Jahr eingeäschert. Vor zwanzig Jahren waren es noch fünfhundert. Die Zahl der Toten nimmt hierzulande stetig ab, die Zahl der Kremationen aber zu. Der Grund für diesen Trend dürfte sein: Die Feuerbestattung kommt im Allgemeinen viel billiger als die Erdbestattung.
In der Mitte steht der Brennofen. Eine Art grüner Kasten mit einer Öffnung auf der Vorderseite und einem kleinen Guckloch auf der Rückseite, durch das der Brennvorgang beobachtet werden kann.
Herr Fischer (Name geändert) steht am Steuerpult. Die Armaturen melden ihm, wie hoch die Temperatur im Ofen ist. Er kann, je nach Bedarf, Luft zuführen oder zurückhalten. Natürlich könnte dieser Prozess auch automatisch ablaufen. Doch händisch geht es schneller – und auch genauer.
Zwei bis vier Stunden dauert eine Einäscherung
Jeder Mensch ist einzigartig. Das zeigt sich auch bei seiner Einäscherung. Im Schnitt dauert sie zwischen zwei und vier Stunden. Länger braucht es bei dicken Menschen und auch bei solchen, die mit Medikamenten geradezu vollgestopft wurden; Krebs-Patienten etwa. Das zeige, so Herr Fischer, die Erfahrung. Er arbeitet seit 20 Jahren hier im Krematorium. Und er ist gewissermaßen familiär vorbelastet. Schon sein Vater arbeitete hier. Von ihm lernte er, so etwas wie ein natürliches Verhältnis zum Tod aufzubauen, ihn als das zu sehen, was er ist – ein Teil des Lebens, genauer: der letzte Teil des Lebens.
Keine Skrupel vor den Toten
Vor toten Menschen darf einem nicht grauen. Sie dürfen einen auch nicht bis in den Traum verfolgen. Das ist wohl die wichtigste Voraussetzung für diesen Beruf. Und doch, wenn der Verstorbene ein Kind ist oder ein guter Bekannter, dann geht ihm das jedes Mal nahe, erzählt Fischer. Da hilft alle Routine nichts. Nur gut, dass er und seine vier Kollegen auch gärtnerische Arbeit auf dem Urnenfriedhof tun müssen. Denn die Arbeit an der frischen Luft ist es vor allem, die für Fischer einen wohltuenden Ausgleich darstellt.