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Thunfisch aus der Dose - Bewusst genießen

Soll auf die Schnelle ein Gericht mit Fisch auf den Tisch, bietet sich Dosenthunfisch als Zutat an. Woran erkennt man Produkte aus nachhaltiger Fischerei?

Passt in viele Gerichte

Aus Thunfisch aus der Dose lassen sich feine Saucen, Salate und Aufstriche zubereiten, und natürlich schmeckt er auch ganz klassisch auf der Pizza. Er lässt sich gut im Küchen­kasten lagern und bei Bedarf ist eine Konserve rasch geknackt.

Fanggebiet und Fanggerät nicht deklariert

Andererseits: Viele Fischbestände gelten als ausgebeutet. Darf man Thunfisch überhaupt noch ruhigen Gewissens essen? Bestimmte Arten, die mit bestimmten Methoden in ­bestimmten Gebieten gefangen werden, schon, meinen Umweltorganisationen. Welcher Dosenfisch diesen Kriterien entspricht, ist beim Einkauf aber nicht einfach heraus­zufinden. Denn anders als bei frischem oder tiefgekühltem Fisch müssen bei Dosenware Fanggebiet und Fanggerät nicht deklariert sein. Einige Hersteller machen diese An­gaben aber auf freiwilliger Basis.

Überfischt

Thunfische sind Wanderfische. Sie ziehen in Schwärmen durch die Meere der Tropen und Subtropen und jagen kleinere Schwarm­fische wie Makrelen oder Sardinen. Da sie am Ende der Nahrungskette stehen, sind die Bestandsgrößen limitiert, viele Bestände zudem überfischt. Einige Thunfischarten sind von der Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) bereits auf die „Rote Liste der bedrohten Tierarten“ gesetzt worden. Und der Echte Bonito (Skipjack) sowie der Gelbflossenthun zählen zu den 20 weltweit am meisten genutzten Fischarten.

Treibnetze verboten

Thunfisch wird am häufigsten mit Ring­waden­netz, Langleine oder Treibnetz gefangen. Die Verwendung von Treibnetzen ist mittlerweile wegen enormer Beifangraten weltweit verboten (in den Netzen verfangen sich auch Haie, Seevögel, Meeresschild­kröten, Pottwale, ). Trotzdem werden sie laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace mangels effizienter Kontrollen nach wie vor eingesetzt.


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Umweltverträglichste Methode: Angeln mit Rute

Ringwaden

Ringwaden sind bis zu 2 km lange und bis zu 200 m tiefe Netze, die um einen Fischschwarm ausgelegt und an der Unterkante beutelartig zugezogen werden. Thunfische halten sich gerne bei Delfinen auf. Die Fangflotten spähen daher systematisch Delfine aus und kreisen sie mit Ringwaden ein, um die darunter schwimmenden Thunfische zu fangen. Früher wurden die Delfine mitge­fangen. Mittlerweile sind die Fischer verpflichtet, Delfine durch das Absenken der Netze wieder freizulassen; der Beifang ­wurde dadurch stark reduziert.

Ringwaden werden auch in Kombination mit sogenannten Fischsammlern (FADs) eingesetzt. Das sind künstliche Plattformen, in deren Schatten Thunfische, aber auch Haie und Schildkröten gerne Schutz suchen. Mit rings um die Fischsammler ausgebrachten Ringwaden werden mit dem Thunfisch auch hohe Mengen an Beifang aus dem Meer gezogen.

Langleinen und Angeln

Eine weitere verbreitete Methode für den Thunfischfang ist die industrielle Lang­leinen­fischerei. An den bis zu 100 km langen, mit bis zu 3.000 köderbestückten Haken ver­sehenen Leinen enden neben Thunfischen auch viele andere Tiere.

Die selektivste und umweltverträglichste Methode ist das Angeln mit Rute und Leine (Pole & Line). Von einem sogenannten Futter­boot aus werden mit Ködern Fischschwärme angelockt und Thunfische ge­angelt. Als nachhaltige Methode für den Thunfischfang wird diese früher gängige Methode jetzt wieder zunehmend geschätzt.

FAO-Code zeigt Fanggebiet

Thunfischbestände sind in etlichen Fang­gebieten bereits komplett ausgebeutet, in anderen aber nicht gefährdet. Die Welternährungsorganisation FAO Food and Agriculture Oranisation of the United Nations teilt die Weltmeere in insgesamt 19 mit ­Ziffern gekennzeichnete Fanggebiete auf. Sofern auf der Dose angegeben, lässt sich anhand des FAO-Codes das Fanggebiet im Internet eruieren.

Orientierungshilfe beim Einkauf

Einige Label erleichtern die Orientierung beim Einkauf. Am bekanntesten ist das MSC-Logo (Marine Stewardship Council). Obwohl in letzter Zeit vielfach kritisiert, ist es ein wichtiges Gütesiegel für nachhaltige Fischprodukte. Mit dem Label Friend of the Sea (FOS) werden ebenfalls Produkte aus verantwortungsvoller Fischerei gekennzeichnet. Das Dolfin Safe Label tragen Produkte, die mit Fangmethoden aus dem Meer geholt wurden, die Delphine nicht verletzen oder töten. Allerdings schwimmen nur Gelflossen-Thunfische mit Delfinen, und das nur im tropischen Ostpazifik. Auf der Marke Rio ­Mare findet sich das Logo Responsible Quality. Das ist kein Gütesiegel im eigentlichen Sinn, sondern ein firmeneigenes Nachhaltigkeits­programm.

Fischratgeber abrufen

Sowohl von WWF wie auch von Greenpeace gibt es Orientierungshilfen für den Kauf von Fisch aus nachhaltiger Fischerei. Diese Fischratgeber sind unterWWF Österreich bzw. unter Greenpeace Fischratgeber 2014 abrufbar. Für den WWF sind Produkte mit dem MSC-Siegel die beste Wahl. Produkte ohne Siegel ­werden nach dem Ampelsystem bewertet. Greenpeace hält wenig von Gütesiegeln und stuft Thunfisch generell als nicht empfehlenswert ein. Davon ausgenommen ist nur in bestimmten Fanggebieten mit bestimmten Methoden gefischter Skipjack.

Lässt sich vom Preis auf die Qualität und Nachhaltigkeit von Dosenthunfisch schließen? Nur begrenzt, ergab eine Unter­suchung, die wir im Auftrag der Arbeiterkammer Steiermark durchführten. Wir ­nahmen dafür Dosenthunfisch (58 Produkte) unter die Lupe. In den Konserven steckten vor allem Echter Bonito (Skipjack), Gelb­flossenthun und Weißer Thun.

Thunfisch kann Schadstoffe enthalten

Was sagt der Preis aus?

Dosenthunfisch gibt es in Wasser/eigenem Saft (natur) und in Öl eingelegt. Der Preisvergleich zwischen diesen beiden Produkt­gruppen ist aber nur bedingt möglich. Bei Thunfisch in Wasser/in eigenem Saft bezieht sich die Grundpreisauszeichnung pro 100 g nämlich auf das Abtropfgewicht (das ist das Gewicht des Fisches nach dem Abgießen der Aufgussflüssigkeit), bei in Öl eingelegten Produkten hingegen auf das Gesamt­gewicht.

0,92 bis 4,61 Euro pro 100 Gramm

100 Gramm Fisch bzw. Produkt dieser ­Markterhebung kosteten zwischen 0,92 und 4,61 Euro, wobei Echter Bonito tendenziell günstiger war als Gelbflossenthun und ­Weißer Thun. Thunfisch in Wasser/im eigenen Saft war in jeder Preiskategorie vertreten, Thunfisch in Olivenöl häufig teurer als Thunfisch in Sonnenblumenöl.

Produkte mit MSC-Logo gab es in jeder Preisklasse. Von Greenpeace als noch ­empfehlens­wert eingestufte Produkte ­fanden sich eher im günstigeren bis ­mittleren Preissegment.

Wenig Omega-3-Fettsäuren

Obwohl er an sich zu den sogenannten Fettfischen zählt, enthält Dosenthunfisch relativ wenig von den für den Körper wichtigen Omega-3-Fettsäuren. Der Grund: Zu Konserven­ware werden vor allem fett­ärmere Exemplare verarbeitet. Als Lieferanten von Omega-3-Fettsäuren sind Lachs, Makrele oder Hering dem Thunfisch über­legen.

Quecksilber enthalten

Vorsicht: Langlebige Raubfische wie Thunfisch können im Lauf ihres Lebens Schad­stoffe, darunter auch Quecksilber, an­reichern. Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere, Stillende und Kinder sollten Thunfisch wegen der potenziellen Schadstoffbelastung nur hin und wieder essen.

Alles Thunfisch

Skipjack-Thunfisch oder Echter Bonito wird etwa 1 m lang, bis zu 30 kg schwer. Er wird als Thunfisch vermarket, obwohl er streng genommen keiner ist, sondern einer anderen Gattung angehört. Weltweit die am meisten befischte Thunfischart; wird vor allem als Dosenware verkauft. Die Bestände im Atlantik sind überfischt, jene im Pazifik nicht gefährdet.

Gelbflossenthun kann über 2 m lang und bis zu 200 kg schwer werden. Für die Industrie die zweitwichtigste Thunfischart; wird ebenfalls vor allem als Dosenware vermarktet. Die Bestände werden großteils als kritisch angesehen.

Weißer Thun (rund 1,2 m lang, 40 kg schwer) wird als Dosenware höchster Qualität, aber auch frisch und tiefgekühlt verkauft. Die Weltnaturschutzunion IUCN hat Weißen Thun auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten mit „ungenügender Datengrundlage“ gelistet. Es gibt aber Produkte mit MSC-Siegel.

Großaugenthun (maximal 2,5 m lang und rund 200 kg schwer) wird insbesondere für Sashimi und als Frischfisch angeboten, junger Fisch vorrangig eingedost. Großaugenthun ist von der IUCN als „gefährdet“ eingestuft.

Nördlicher Blauflossenthun, auch Roter bzw. Großer Thun genannt, ist die teuerste und größte Thunfischart (bis zu 5 m lang und 700 kg schwer). Er wird in erster Linie für Sushi gefischt. Laut Roter Liste der IUCN ist der westatlantische Bestand inkl. Mittelmeer „vom Aussterben bedroht“, der ostatlantische Bestand „stark gefährdet“.

Südlicher Blauflossenthun wird maximal 2,5 m lang, 260 kg schwer und ist ebenfalls ein sehr teurer Delikatess-Fisch. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN ist er als „vom Aussterben bedroht“ gelistet.

Zusammenfassung

Keine Preisfrage. Vom Preis lässt sich nur begrenzt auf Qualität und Nach­haltigkeit rückschließen.

Lückenhafte Kennzeichnung. Bei Dosenfisch müssen Fanggebiet und -methode bislang nicht deklariert sein.

Hilfreich. Nachhaltige Produkte erkennt man am einfachsten am MSC-Siegel. Orientierungshilfe bieten außerdem die Fischratgeber von Greenpeace und WWF.

Rasch verbrauchen. Einmal geöffnet, hält die Konserve im Kühlschrank maximal zwei Tage. Fisch immer nur mit sauberem Besteck aus der Dose nehmen!

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