Nahrungsergänzungsmittel sind fast immer überflüssig. Warum lassen sich mit ihnen trotzdem fette Geschäfte machen? Im Test: Wer verkauft diese Produkte und was bekommen die Kunden von Amway, FitLine, Herbalife und Juice Plus eigentlich für ihr Geld?
Sie fühlen sich in letzter Zeit oft schlapp. Selbst wenn Sie in der Nacht gut geschlafen haben, kommen Sie am Morgen kaum aus dem Bett. Und schon am frühen Nachmittag überfällt Sie eine bleierne Müdigkeit. Sie suchen nach etwas, irgendeinem geeigneten Mittel, das Sie wieder auf Vordermann bringt. Eine Freundin erzählt Ihnen begeistert von einem Produkt, das ihr phänomenal gegen Alltagsunpässlichkeiten wie die Ihren hilft. Sie gehen im Internet auf die empfohlene Homepage und landen auf einer Seite, die Sie anspricht. Sie beschließen, die dort angebotene Beratung in Anspruch zu nehmen, und rufen an.
Amway, Herbalife, FitLine, Juice Plus: keine Arzneimittel
Wer am anderen Ende der Telefonleitung abhebt, ist ein Mitarbeiter einer Firma, die mit ausgeklügelten Marketing- und Verkaufsstrategien sogenannte Nahrungsergänzungsmittel (NEM) verkauft - etwa Amway, Herbalife, FitLine, Juice Plus. Unter einem Nahrungsergänzungsmittel versteht man Vitamine, Mineralstoffe bzw. Spurenenlemente in konzentrierter Form oder Kräuter- und Pflanzenextrakte, die als Kapseln, Pillen oder Säfte angeboten werden. NEM sind grundsätzlich Lebensmittel. Sie können eine breite Palette von Nährstoffen und anderen Zutaten enthalten. Sie sind keine Arzneimittel, auch wenn die Abgrenzung oft schwierig ist.
Wer braucht solche Präparate?
Die Antwort ist einfach: niemand, der sich halbwegs ausgewogen ernährt. Nur bei Personen in besonderen Lebenssituationen wie z.B. Schwangeren, chronisch Kranken oder Hochleistungssportlern kann die Einnahme von einzelnen konzentrierten Nährstoffen Sinn machen. Aber auch das nur unter fachlicher Aufsicht.
Pillen gegen schlechtes Gewissen
Doch obwohl der Großteil der Menschen hierzulande sehr gut ohne Nahrungsergänzungsmittel auskommt, sind sie alles andere als Ladenhüter. Die meisten wissen über eine gesunde Ernährung inzwischen Bescheid. Und dass Bewegung und Sport gegen viele Beschwerden hilft, ist auch längst kein Geheimnis mehr. Aber bei vielen ist zwar der Wille stark, doch das Fleisch schwach. Was bleibt, ist ein schlechtes Gewissen, gegen das schnell ein paar Nährstoffe in Pillenform eingeworfen werden. Aber auch Personen, die sich optimal ernähren, nehmen nach der Devise „man weiß ja nie“ bzw. „wenn’s nichts hilft, schadet’s auch nichts“ oft zusätzlich Nährstoffe ein.