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Lebkuchen im Test - Alarmsignal für Österrreich

, aktualisiert am

  • Lebkuchen aus dem Supermarkt auf Schadstoffe untersucht
  • Hohe Acrylamidwerte bei Manner und Kastner
  • In Deutschland gibt es dafür einen Signalwert

Hochsaison für Lebkuchen

In den Geschäften werden Lebkuchen zurzeit in allen möglichen Varianten prominent platziert angeboten, und bei Adventjausen gelten die würzigsüßen Köstlichkeiten als Fixstarter neben Stollen, Kipferln & Co. Lebkuchen sind eine der vielen verführerischen Kalorienfallen, die sich von Adventbeginn bis zum Neujahrstag – quasi zwischen Punschstand und Neujahrsbrunch – auftun.

Schadstoff Acrylamid

Allzu hemmungslos sollten Sie allerdings nicht zulangen, da Lebkuchen zu jenen Lebensmitteln zählen, die stärker mit gesundheitsschädlichem Acrylamid belastet sein können. Acrylamid ist an sich eine Substanz zur Erzeugung von Kunststoffen. Es entsteht aber auch bei starker Erhitzung kohlenhydratreicher Lebensmittel wie Getreide oder Kartoffeln als Nebenprodukt der Bräunung.

Acrylamid hat sich im Tierversuch als krebserregend und das Erbgut verändernd erwiesen. Darüber hinaus steht es unter Verdacht, Nervenzellen zu schädigen. Ein Grenzwert für Acrylamid in Nahrungsmitteln konnte bislang nicht festgelegt werden, weil es derzeit noch zu wenige einschlägige Daten gibt. Bis es so weit ist, gilt: Wie von allen anderen gesundheitsschädlichen Stoffen sollte auch von Acrylamid so wenig wie möglich aufgenommen werden.

Warnsystem Signalwert

In Deutschland wurde 2002 mit dem Ziel, den Acrylamidgehalt in Lebensmitteln zu minimieren, ein Signalwertsystem eingeführt. Die Signalwerte sind je nach Nahrungsmittelgruppe unterschiedlich und zudem variabel. 1000 Mikrogramm (μg) Acrylamid pro Kilogramm Lebensmittel gelten aber generell als höchster Signalwert. Überschreitet ein Nahrungsmittel den aktuellen Signalwert seiner Gruppe, suchen die Lebensmittelüberwachungsbehörden gemeinsam mit den Herstellern nach Lösungen zur Senkung des Acrylamidgehalts (Änderung der Rezeptur wie z.B. Verzicht auf Hirschhornsalz bei Lebkuchen, Änderung des Herstellungsverfahrens).

Dieses Konzept hat sich bewährt. Während der letzten Jahre konnte der Acrylamidgehalt und in weiterer Konsequenz auch der Signalwert einiger Produktgruppen deutlich gesenkt werden. Lebkuchen zählt nicht dazu: Für ihn liegt der Signalwert nach wie vor bei 1000 μg/kg.

Problematischer Zimt

Lebkuchen wird traditionell mit Zimt gewürzt. Die in der Lebensmittelindustrie am häufigsten verwendete Zimtart (Cassia-Zimt) enthält üblicherweise hohe Konzentrationen des potenziell leberschädigenden Aromastoffes Cumarin. Es gibt aber auch den cumarinärmeren Ceylon-Zimt. Ob Lebkuchen Zimt enthält und welchen, muss in der Zutatenliste nicht angegeben sein. Ist Zimt in der Zutatenliste nicht angeführt, darf der Cumaringehalt maximal 15 mg je Kilogramm Lebkuchen betragen. Ist Zimt als Zutat gekennzeichnet, darf der Cumaringehalt höher sein (maximal 50 mg/kg). So ist es in der neuen EU-Aromen-Verordnung festgelegt, die demnächst in Kraft treten wird.

Das deutsche Bundesinstitut für Risikoforschung geht in seinen Empfehlungen auch auf Kleinkinder (15 kg Körpergewicht) ein. Denn so mancher Knirps kann schließlich in Relation zum Körpergewicht größere Mengen Süßes wie nichts verdrücken. Nach dem Institut für Risikoforschung sollte Bäckerei maximal 10 mg Cumarin/kg enthalten. Cumarin findet man übrigens nicht nur in verschiedensten Lebensmitteln, sondern auch als Aromastoff in Kosmetika.

Wenig belastet 

Wir wollten wissen, ob (und wenn ja, wie stark) bei uns angebotene Lebkuchen mit Acrylamid bzw. mit Cumarin belastet sind und kauften für unseren Test in Supermärkten und bei Diskontern Oblaten-Lebkuchen, Schoko-Lebkuchen, Früchte-Lebkuchen, Herzen, Brezeln, Sterne, Knöpfe ... großer Anbieter ein. Die Untersuchung auf Acrylamid brachte großteils sehr erfreuliche Ergebnisse: Elf Proben konnten wir aufgrund des vergleichsweise niedrigen Gehalts an Acrylamid mit „sehr gut“ beurteilen.

Am wenigsten Acrylamid (30 bzw. 40 μg/kg) fanden wir in den gefüllten Herzen und den für Diabetiker gedachten Diätlinie Oblaten Lebkuchen von Weiss. Um Verwechslungen hintanzuhalten: Die Bezeichnung „Diätlinie“ sagt nichts über den Kaloriengehalt eines Produktes aus. Weiss Diätlinie Lebkuchen liefern sogar mehr Kalorien als herkömmliche Weiss Lebkuchen. Wer auf sein Gewicht achten will oder muss, liest die Packungsaufschriften daher besser ganz genau.

Ausreißer aus Österreich

Am anderen Ende der Skala finden sich drei Produkte, deren Acrylamidgehalt jenseits des Signalwerts von 1000 μg/kg liegt: Aufgrund dieser starken Belastung wurden Kastner Honig Lebkuchen (1100 μg), Kastner Früchte Lebkuchen (1200 μg) und Manner Knöpfe (1300 μg) – allesamt österreichische Produkte – mit „nicht zufriedenstellend“ beurteilt. Manner Knöpfe enthalten, verglichen mit dem am wenigsten belasteten Produkt, die 43-fache(!) Menge Acrylamid. Da besteht hierzulande wohl gehöriger Nachjustierungsbedarf. In Deutschland scheint das Signalwertsystem hingegen bereits sehr gut gegriffen zu haben.
Der Cumaringehalt ist bei fast allen Lebkuchen im Test sehr niedrig und bietet daher keinen Anlass zu Kritik. Einzig in Kastner Knöpfle steckt mit über 12 mg/kg Lebkuchen mehr Cumarin, als es das deutsche Institut für Risikoforschung empfiehlt.


Wir haben schlussendlich noch eine Laienverkostung durchgeführt. Von all den Lebkuchen im Test schmeckten die Oblaten- Lebkuchen von Wolff, Weiss Meisterklasse und Weiss Diätlinie am besten. Mit 0,50 beziehungsweise 0,49 Euro/100 g sind die Oblaten-Lebkuchen von Wolff und Weiss Meisterklasse preisliches Mittelfeld. Die für Diabetiker geeignet Oblaten-Lebkuchen von Weiss Diätlinie kosten mit 1,15 Euro/100 g mehr als doppelt so viel.

Auch preiswerte schmecken gut

Die preiswertesten Lebkuchen im Test (Burg Schokolade-Lebkuchen, Stieffenhofer Schoko Lebkuchen, Weiss Herzen Brezeln Sterne, Favorina Lebkuchen- Allerlei) kosten zwischen 0,30 und 0,35 Euro/100 g. Weiss Herzen Brezeln Sterne und Favorina Lebkuchen heimsten bei der Verkostung ein „gut“, die Lebkuchen von Stieffenhofer und Burg ein „durchschnittlich“ ein. Insgesamt hielten sich bei den Verkostungsnoten „gut“ und „durchschnittlich“ in etwa die Waage. Einzig die Brezerl von Manner schnitten „weniger zufriedenstellend“ ab.

Wer übrigens Lebkuchen mit „Honig-gesüßt“ assoziiert, wird beim Lesen der Zutatenlisten industriell erzeugter Lebkuchen so manche Überraschung erleben: Wir haben Honig lediglich in den Zutatenlisten der Weinbeißer und Honig Lebkuchen von Kastner entdeckt. Im großen Rest steckt nicht Honig, sondern der wesentlich billigere Glukose-Fruktose-Sirup.

Test Lebkuchen: Geschmacksfrage

Schmecken traditionell gefertigte Lebkuchen, die es in Konditoreien, Feinkostläden und Edelgreißlereien zu kaufen gibt, besser als industriell erzeugte? Wir sind dieser Frage nachgegangen und haben zusätzlich zu den Produkten aus dem Supermarkt fünf Proben traditionell erzeugter Lebkuchen (Einfacher Lebkuchen von Ernst Metzger, Bio Lebkuchen Kekse sowie Lebkuchen Hausmischung von Seckauer Lebkuchen, Altmeister von Pirker, Elisen- Mix von Franz Tausch) in unsere Laienverkostung einbezogen.

Am besten von allen Lebkuchen – traditionell wie industriell erzeugten – hat unseren Verkostern der Elisen-Mix von Franz Tausch geschmeckt. Bei den übrigen vier Lebkuchenproben aus traditioneller Herstellung sind die Verkostungsergebnisse – ähnlich wie bei den industriell erzeugten – halbe-halbe „gut“ (Lebkuchen Hausmischung und Bio Lebkuchen Kekse von Seckauer) bzw. „durchschnittlich“ (Altmeister Lebkuchen von Pirker, Einfacher Lebkuchen von Metzger).

Test Lebkuchen: Acrylamid und Signalwert

Um den Signalwert zu ermitteln, werden zunächst die am höchsten belasteten 10 Prozent einer Warengruppe identifiziert. Von diesen wird der niedrigste Acrylamidwert als Signalwert festgelegt. Das bedeutet für Lebkuchen: Von allen in Deutschland untersuchten Produkten weisen 10 Prozent einen Wert von über 1000 μg/kg auf. Bei denjenigen Produkten, die den Signalwert überschreiten, wird versucht, den Acrylamidgehalt zu senken. Erzielte geringere Acrylamidkonzentrationen schlagen sich in den Ergebnissen der nächsten Signalwert-Berechnungen nieder, der Wert wird kleiner. Bei Produkten, die den neuen Signalwert überschreiten, wird wiederum versucht, den Acrylamidgehalt zu senken.

Test Lebkuchen: Kompetent mit "Konsument"

  • Schwankungsbreite. Lebkuchen kann sehr hohe Mengen gesundheitsschädliches Acrylamid enthalten. Das am stärksten belastete Produkt im Test (Manner Knöpfe) enthält 43 Mal so viel Acrylamid wie das am geringsten belastete (Weiss Gefüllte Herzen).
  • Geschmackssache. Der Elisen-Mix von Franz Tausch, ein traditionell erzeugter Lebkuchen, hat bei der Verkostung gesiegt. Doch ob traditionell oder industriell erzeugter Lebkuchen grundsätzlich besser schmeckt, lässt sich aus den Verkostungsergebnissen nicht ableiten.
  • Große Preisunterschiede. 100 g industriell erzeugte Lebkuchen kosten zwischen 0,30 (Burg Schokolade-Lebkuchen) und 1,03 (Milka Lebkuchen Sterne) bzw. 1,15 Euro (Weiss Diätlinie Oblaten-Lebkuchen).
    Für 100 g traditionell erzeugten Lebkuchen ist mit 1,69 (Seckauer Lebkuchen, Hausmischung) bis 3,07 Euro (Verkostungs-Sieger Franz Tausch, Elisen-Mix) zu rechnen.

Test Lebkuchen: Testkriterien

Eingekauft wurden insgesamt 20 Lebkuchen. Die Proben wurden auf Acrylamid mittels GC/MS und auf Cumarin mittels HPLC untersucht.

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