Der europaweite Notruf eCall gilt als Schlüssel zur Vernetzung des Automobils. Während sich dessen Einführung verzögert, feilen die Autohersteller längst an ihren eigenen Systemen, um möglichst viele Daten ihrer Kunden auszuforschen.
Die Verheiratung des Automobils mit dem Mobiltelefon schreitet munter voran. Dadurch ergeben sich bisher ungeahnte Möglichkeiten und technische Funktionen, bis hin zur völligen Neuordnung des Verkehrs und unseres Zusammenlebens. Derzeit befinden wir uns noch in der Frühzeit der Fahrzeugkommunikation. Das wird sich aber schlagartig ändern.
eCall-System ab 2018 Pflicht
Ab dem Moment nämlich, wo alle neuen Fahrzeuge in der Europäischen Union mit dem automatischen Notrufsystem eCall ausgerüstet sein müssen. Nach ursprünglichen Plänen hätte das bereits 2015 der Fall sein sollen. Nach letzten Informationen aus EU-Kreisen soll es "spätestens im April 2018" wirklich so weit sein. Über Details wird noch verhandelt.
Notruf und Datenabruf
Mit eCall ist es nicht nur möglich, dass das Auto bei einem Unfall automatisch einen Notruf absetzt, damit die Rettung schneller kommen kann. Ist die Technik einmal an Bord, kann auch eine Vielzahl anderer Daten und Funktionen abgerufen werden. Das wird auch der Fall sein. Die EU-Bürokratie verlangt nämlich von den Autoherstellern, dass eCall ohne Mehrkosten für die Autofahrer installiert wird. Das heißt, eCall darf in keiner Aufpreisliste stehen. Bezahlen werden wir es letztlich trotzdem müssen.
Nützlichkeit, Wert und Verwendungsspektrum der Daten, die der Autohersteller von uns und unserem Auto bekommt, und die Folgen daraus sind noch gar nicht abschätzbar. Die Kreativität der Autoindustrie in der kommerziellen Verwertung dieser Informationen wird kaum geringer sein als jene der Telekommunikationsriesen, sozialen Netzwerke und Kaufhausketten im Internet.
Ziel: "Null Verkehrsopfer"
Die Verschiebung des Einführungsdatums hat mehrere Gründe. Die demokratische Umsetzung von Datenschutzaspekten verläuft einfach etwas zäher als der nackte technische Fortschritt. Und in Sachen eCall ist durchaus Vorsicht angebracht. Es scheint jedenfalls, als wäre die Verzögerung der Einführung allen recht. Während manche Autohersteller dadurch Zeit gewinnen, um ihre Flotten auf eCall vorzubereiten, nützen andere schnell noch den quasi rechtsfreien Raum, um wettbewerbstechnisch vorzupreschen, um vollendete Tatsachen zu schaffen – doch darüber später.
Ein Motiv, auf das man sich bei der Einführung von eCall gerne beruft, lautet Vision Zero – ein Begriff, der vom Autohersteller Volvo kreiert wurde, um seine Rolle als Sicherheits-Pionier zu unterstreichen. Vision Zero bedeutet soviel wie "Ziel null Verkehrsopfer". Auch die EU will das, und zwar aus vielerlei Gründen. eCall soll einer der bedeutendsten Schritte in diese Richtung sein.