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Datenschutz: PayPal - Mit Sicherheit indiskret

Wörtlich übersetzt heißt PayPal "Bezahlfreund". Dass der Dienst für sicheres Bezahlen im Internet allerdings ein äußerst geschwätziger Freund ist, lässt sich aus den neuen AGB herauslesen.

Bisher in unserer Datenschutz-Reihe erschienen:


Rund eine Million Österreicher nutzen den Online-Bezahldienst PayPal. Sie alle erhielten Anfang Mai eine E-Mail mit der Infor­mation, dass man demnächst nicht mehr zur Unternehmensgruppe von eBay gehören werde. In diesem Zusammenhang wurden eine Reihe von Richtlinien und Bedingungen, darunter auch die Datenschutzgrundsätze, mit Stichtag 1. Juli 2015 aktualisiert.

Datenschutzbestimmungen: Viel Information, ...

Der E-Mail beigefügt waren 17 Seiten mit den wichtigsten Änderungen sowie ein unauf­fälliger Link zu einem Konvolut von weit über 100 DIN-A4-Seiten. Die Textlänge ist einerseits begrüßenswert, denn immerhin ist PayPal – anders als viele traditionelle Banken – sichtlich bemüht, seine Nutzer umfangreich und teilweise sehr detailliert über seine Bedingungen zu informieren.

... aber wenig verständlich

Andererseits ist der User mit eben diesem Informations-Monster überfordert. Der Text ist für einen Normalverbraucher unverständlich und über weite Strecken sehr abstrakt abgefasst. Beim Lesen braucht man nicht nur jede Menge Zeit und Geduld, sondern eigentlich auch einen Juristen und einen Finanzexperten an der Seite, um den Inhalt überhaupt zu verstehen.

Automatisches Einverständnis

Zu Beginn weist PayPal seine Kunden darauf hin, dass sie sich automatisch mit den neuen Bestimmungen einverstanden erklären, sofern sie keinen Einspruch erheben. Eine zweischneidige Vorgangsweise. In Ordnung ist, dass der Kunde bei Änderungen der Nutzungsbedingungen zwei Monate vor Inkrafttreten per Mail informiert wird. Denn dann hat er immer noch die Möglichkeit, durch Schließung des Kontos zeitgerecht vom Vertrag zurückzutreten.

Aus datenschutzrecht­licher Sicht nicht akzeptabel ist hingegen, dass der User nicht zwingend über Änderungen in den Datenschutzgrundsätzen informiert wird – laut PayPal nämlich nur dann, wenn es sich um "wesentliche Änderungen" handelt. Damit bleibt die Einschätzung, ob so eine Änderung wesentlich ist oder nicht, einfach PayPal überlassen.


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Recht auf alle Inhalte

Recht auf alle Inhalte ...

Im Absatz "Geistiges Eigentum" lässt sich PayPal die Rechte auf alle bereitgestellten Inhalte "weltweit, unbefristet, unwider­ruflich, gebührenfrei und unterlizensierbar in allen bekannten Medien, jetzt und in ­Zukunft, einschließlich derzeit noch nicht ­bekannter Medien" gewähren. Man wolle sichergehen, dass von den Händlern zur Verfügung gestellte Fotos und Texte auch ver­öffentlicht werden dürfen, heißt es dazu von PayPal auf Anfrage.

... aus Konsumentensicht sittenwidrig

Ob diese Klausel sittenwidrig und damit eigentlich nichtig ist, darüber sind sich Anwälte uneinig. Aus konsumentenschutzrechtlicher Sicht ist sie es ­sicherlich, wie sich unter Berufung auf § 879 Abs. 3 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches argumentieren lässt. Demnach darf ein Nutzer von Diensten durch derartige Bestimmungen nicht "gröblich benachteiligt" werden.

Klausel zu Verlust elektronischer Geräte

Weiters werden wohl die wenigsten Nutzer weiter hinten im Text lesen, dass sie bei Verlust ihres persönlichen elektronischen Gerätes (Smartphone, Tablet, PC) verpflichtet sind, PayPal darüber unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Auf eine solch ungewöhnliche und wichtige Klausel muss extra hingewiesen werden – etwa, indem sie fett hervor­gehoben wird. Sonst ist sie vor dem Obersten Gerichtshof ungültig, weiß der auf Datenschutz spezialisierte Jurist Rainer Knyrim.

Datenweitergabe an 399 Parteien

Struktur von Paypal ...

Offene Fragen bleiben auch, was die Struktur der Firma betrifft: "PayPal Gruppe bezeichnet die PayPal Holdings und ihre Tochtergesellschaften und verbundene Unternehmen. Dies schließt PayPal ein, ist aber nicht beschränkt darauf." Dabei handelt es sich um eine instransparente Formulierung, die vor Gericht nicht gültig wäre.

... und seinen Diensten ist intransparent

Und auch die Definition der PayPal-Dienste ist zu vage: "Mit PayPal-Diensten werden sämtliche Zahlungsdienste und zugehörigen Produkte bezeichnet, die unter den Produkten, Diensten, Inhalten, Merkmalen, Technologien und Funktionen auf der Website zur Auswahl stehen, welche von PayPal und allen zugehö­rigen Sites, Anwendungen und Diensten angeboten werden." Niemand – auch kein ­Anwalt oder Finanzexperte – versteht, was es mit dieser Passage konkret auf sich hat ­ (außer, dass es der Versuch einer rechtlichen Absicherung in alle Richtungen ist).

Datenweitergabe an 399 Parteien

Besonders aufhorchen lässt Datenschützer die Liste von Parteien, an die PayPal seine Kundendaten weitergibt. An sage und schreibe 399 Unternehmen oder Vereine (darunter auch Gruppenunternehmen) ­liefert PayPal Informationen, darunter häufig auch personenbezogene Daten. In der Aufzählung finden sich eine Menge Marketing- und Werbeunternehmen, an Facebook und Twitter etwa werden Daten zur Anzeige von Werbung in den Netzwerken weiterge­geben.

Daten gehen in die ganze Welt

Acxiom: Daten von 700 Millionen Menschen

Noch bemerkenswerter ist, dass das der breiten Masse unbekannte Unternehmen Acxiom auf der Liste steht. Diese Datensammelfirma aus den USA hortet Informationen über 700 Millionen Menschen weltweit und ist einer der wichtigsten Player überhaupt im Big-­Data-Business. Sie hat rund 7.000 Unternehmen als Kunden, fügt Datenspuren zusammen, die der Bürger online und auch offline hinterlässt, analysiert und kategorisiert sie.

Jeder, der einmal von Acxiom erfasst wurde, erhält eine 13-stellige Nummer, der sämt­liche Informationen zugeordnet werden, darunter Geschlecht, Alter, Wohnsitz, Familienstand, Ausbildung, Vorlieben, politische Einstellung, das Kaufverhalten, Urlaubsträume, Tiere, aber auch die finanzielle und gesundheitliche Situation – die Liste ist ellenlang.

1.500 Daten pro Person

In den USA wirbt das Unternehmen damit, über 1.500 Daten von jeder erfassten Person zu verfügen. Wobei die Information so detailliert ist, dass Acxiom beispielsweise einem konservativen deutschsprachigen Magazin, das in den USA Fuß fassen will, genau sagen kann, an welche Haushalte es seine Werbung verschicken soll. Darüber hinaus verwaltet das Unternehmen Datenbanken von großen Firmen.

Von PayPal heißt es zwar, dass man in Deutschland und Österreich nicht mit Acxiom zusammenarbeite. Da es sich aber um eine globale Firma handelt, ist deswegen noch lange nicht auszuschließen, dass auch Daten von heimischen Usern bearbeitet ­werden.

Abmelden, ja oder nein?

Für den Nutzer stellt sich die Frage, ob er den Dienst noch weiter verwenden soll oder nicht. Ein ganz klares Nein gilt für all jene, die Wert auf hohen Datenschutz legen und einen Überblick darüber haben möchten, was mit ihren doch sehr sensiblen Daten passiert.

Denn nicht nur eine Vielzahl an Kredit­auskunfteien in allen möglichen Ländern erhalten die Infos (was zur Folge haben kann, dass man etwa von einem Händler in den USA keine Ware ohne Vorkasse erhält, nur weil man bei einer PayPal-Zahlung einmal zu spät dran war), sondern eben auch Facebook und Twitter (wenngleich nur eine verschlüsselte E-Mail-Adresse) und – noch schlimmer – Firmen wie Acxiom.

Daten gehen in die ganze Welt

Diejenigen, die auf den zugegebenermaßen praktischen und schnellen Dienst auch künftig nicht verzichten wollen, müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Datenspur, die sie bei PayPal hinterlassen, in alle Welt weitergetragen wird.

Über PayPal

PayPal ist einer der weltweit erfolgreichsten E-Payment-Anbieter. Das Verfahren funktioniert auf Basis von E-Mail-Adressen, die Zahlungsinformationen austauschen. Dabei wird die Bankverbindung für den Lastschrifteinzug oder die Kreditkartennummer für die Kreditkarten­abbuchung im PayPal-Konto hinterlegt.

Zum Bezahlen genügen die E-Mail-Adresse und ein Passwort, der Bezahlvorgang kann dann mit nur zwei Klicks abgeschlossen werden. In Österreich nutzen nach Firmenangaben rund eine Million Menschen PayPal, weltweit sind es über 230 Millionen Nutzer. 2002 kaufte die Handelsplattform eBay das Unternehmen, mit 1. Juli 2015 trennt sie sich wieder von PayPal, womit dieser Dienst erneut als eigenständige Firma operiert. Der Hauptsitz von PayPal ist in San José, Kalifornien; die europäische Tochtergesellschaft hat ihren Sitz in Luxemburg.

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Leserreaktionen

Konto geschlossen

Ihren Bericht habe ich zum Anlass genommen, mein PayPal-Konto zu schließen. So wie es aussieht, trennt sich PayPal nur sehr ungern von potentiellen Nutzern und versucht mit mehreren Meldungen „Es ist ein Problem aufgetreten. Versuchen Sie es später noch einmal.“ eine Schließung des Kontos zu verhindern. So kann ich nur aus der Fehlermeldungen beim Login bzw. bei der Passwortanforderung mutmaßen, dass mein Konto jetzt gelöscht wurde. Ob die Fehlermeldungen System haben, um das Schließen von Konten zu verhindern oder nur bei mir auftraten, kann ich natürlich nicht sagen.

Gerald M.
E-Mail
(aus KONSUMENT 8/2015)

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